Wahrscheinlich ist die Tatsache, dass meine Familie und ich mal von einer angeblich doch so spirituellen Yogalehrerin und ihrem ebenso erleuchteten Tai-Chi-Lehrergatten nach acht Mietjahren auf die Straße gesetzt wurden, einer der Gründe, warum ich sehr schnell Pusteln kriege, wenn ich die Worte “Yoga” und “Spiritualität” zu nahe bei einander sehe. Also ist es wohl auch meine eigene Voreingenommenheit, die mir diese Skepsis gegenüber einem neuen Programm am New Yorker Beth-Israel-Krankenhaus einflößt, das die Urban Zen Foundation der Modedesignerin Donna Karan initiiert hat und mit dem ein Jahr lang die “Kombination östlicher und westlicher Heilmethoden” erprobt werden soll, wie die New York Times schrieb.

Streng genomen geht mich die Sache ja nichts an: Die Mittel dazu – 850.000 Dollar – hat Frau Karan aus ihrem eigenen Portemonnaie gespendet, und das Beth-Israel-Krankenhaus ist Teil eines kommerziellen Kliniksystems und darf folglich, als Privatunternehmen, anbieten was es will. Und bestimmt kann es niemandem schaden, wenn er meditierend versucht, sich zu entspannen.

Letztlich klingen die Motive des Beth-Israel-Direktors Dr. David Shulkin, wie er sie der NY Times beschrieb, auch ganz plausibel: Ein Drittel aller Amerikaner suche nach alternativen Heilmethoden, erklärte er. “Um diesem Drittel der Amerikaner die Krankenversorgung zugänglich zu machen, versuchen wir eine Krankenversorgung einzubeziehen, die ihnen angenehm ist.” Anders ausgedrückt: Wenn dies ein Weg ist, Leute in die Klinik zu holen, die sonst ärztliche Hilfe ablehen würden, dann soll’s mir recht sein.

Was mich daran kratzt ist wohl, dass diese Initiative nicht aus der medizinischen Ecke kommt, sondern aus der esoterisch-kommerziellen Ecke. Über Homöopathie und alternative Heilmethoden wird im Scienceblog-Umfeld ja gern und viel diskutiert, und manchmal könnte dabei der Eindruck enstehen, als ob ich ein Verfechter solcher alternativen Heilmethoden wäre. Aber was ich verfechte ist lediglich die Position, dass sich die Medizin mit diesen Heilmethoden auseinander setzen muss, um etwas über sich selbst daraus zu lernen (zum Beispiel, dass es nicht nur darauf ankommt, was man verschreibt, sondern wie man mit dem Patienten umgeht).

Aber das ist etwas anderes als das Propagieren östlicher “Heilmethoden” in einem Klinikumfeld, wo man es potenziell immer mit einem gewissen Grad der Hilflosigkeit und Verzweiflung seitens der Patienten zu tun hat. Das Urban-Zen-Angebot klingt mir zu sehr nach jenen Selbstfindungs- und -Hilfekursen, die gebeutelte Leute für teures Geld besuchen, nur um sich dann irgend eine Sülze darüber anzuhören, dass sie doch die Herrscher über ihr eigens Geschick sind. (Falls ich mich hier täusche, bitte ich natürlich alle beleidigten Esoteriker um Verzeihung – wessen sie aber dank ihrer Eso-Fähigkeiten eh’ nicht bedürften, nehme ich an.) Ich finde schon, dass sich die Ärzte fragen sollten, ob es an den so genannten “traditionellen Methoden” irgend etwas gibt, aus dem sie lernen können (vermutlich ist dies gerade nicht der “Wirkungsmechanismus”, den diese Methoden für sich beanspruchen) – aber das ist etwas anderes, als ihren Patienten gleich komplette Eso-Pakete zu verkaufen.

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Kommentare (2)

  1. #1 Marcus
    2. November 2008

    ” … sondern wie man mit dem Patienten umgeht.”

    Du hattest sicher diese Meldung gesehen?

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/402/316287/text/

  2. #2 Peter Artmann
    5. November 2008

    Grundsätzlich ist es doch immer dasselbe:
    Die Leitung überlegt sich, mit welchen Mitteln sie mehr Patienten anlocken kann.

    … und die Ärzte kotzen, ertragen zwar aus arbeitsrechtlichen Gründen den ihrer Ansicht nach offensichtlichen Humbug – ändern jedoch nichts an der Behandlung der Patienten (wie auch … die haben schließlich was ganz anderes und auch sehr effizientes gelernt).

    In jedem Krankenhaus in den USA, Deutschland oder der Schweiz sind daher solche Ankündigungen nichts als Marketinggetöse.