Also forschen alle an irgendwelchen Projekten, die in kommerziellen Produkten enden werden?

Das kann man sowieso nie im Voraus sagen. Aber ich kann Ihnen verraten, dass Einiges, woran meine Firma arbeitet, nie für den Privatkonsum gedacht ist. Schon kurz nachdem ich meine Firma vor nun etwa 40 Jahren gestartet hatte, nahm ich Aufträge der Regierung an, um meine Forschungsabteilung finanzieren zu können. Und das habe ich bis heute beibehalten, auch wenn wir inzwischen längst nicht mehr so auf die staatlichen Mittel angewiesen sind.

Wie viel Geld stecken Sie denn so in die Forschung?

Das veröffentliche ich nicht, und da wir keine Aktiengesellschaft sind, muss ich das auch nicht. Aber so viel kann ich Ihnen verraten: Alle Gewinne fließen vollständig wieder in die Firma zurück.

Und doch haben Sie Rüstungsaufträge nötig?

Wir arbeiten nicht an Waffenprogrammen, falls Sie das meinen. Aber wir haben beispielsweise in den 70-er Jahren Im Auftrag des Admirals Hyman Rickover ein Steuersystem für nukleare Brennstäbe entwickelt, das heute in allen Atom-U-Booten eingesetzt wird. Es wäre auch für zivile Anwendungen denkbar, doch das ist, soweit ich weiß, nie geschehen. Aber mein erster Regierungsauftrag, den ich kurz nach der Gründung meiner Firma angenommen hatte, war die Entwicklung eines Systems, das den aus Flugzeugtriebwerken gewonnenen Strom konstant auf 50 beziehungsweise 60 Hertz hält – und dieses System ist heute in allen Verkehrsmaschinen zu finden.

Mit Akustik hat das alles aber nichts zu tun …

Nein. Rund ein Zehntel der Bose-Forscher arbeitet an Entwicklungen, die nichts mit Akustik zu tun haben. Noch in diesem Jahr werden wir beispielsweise ein neues Produkt vorstellen, an dem unsere Forscher 24 Jahre lang gearbeitet haben – und auch das hat absolut nicht mit Akustik zu tun.

Womit denn dann?

Das verrate ich erst, wenn es so weit ist. Mehr sage ich jetzt nicht.

Könnte das heißen, dass Sie nach jahrzehntelanger Miniaturisierung und Perfektionierung von Lautsprechern und Sound-Anlagen am Ende der Fahnenstange angekommen sind?

Nein, bestimmt nicht. Wir sind zwar schon sehr weit gekommen, aber da gibt es noch genug zu tun.

Wenn man die Miniaturisierung konsequent zu Ende denkt, könnte man vielleicht eines Tages ganz auf Lautsprecher verzichten?

Und die Signale direkt ins Gehirn schicken? So etwas gibt es ja schon, bei Cochlea-Implantaten für Gehörlose. Aber das wird auch in absehbarer Zukunft keine praktikable Audio-Technologie sein, denn Lautsprecher sind einfacher und besser. Natürlich lässt sich auch da noch viel tun, denn ein herkömmlicher Lautsprecher setzt heute im besten Fall ein Prozent der Verstärkerleistung wirklich in Schall um – der Rest geht als Wärme verloren. Unsere Lautsprecher sind zwar um ein Vielfaches besser – aber Klang ist sowieso nicht nur eine Frage von Leistung.

Dem werden HiFi-Fans so sicher nicht zustimmen. Dort gilt doch die Regel, je größer, je besser.

Das ist allenfalls Folklore unter HiFi-Freaks. Zum Glück sterben diese “Audiophilen” langsam aus. Lassen Sie mich eine Anekdote aus den Anfängen von HiFi erzählen. Damals hatte der Konzern RCA einen Test gemacht, in dem zufällig ausgewählte normale Menschen vor einen Lautsprecher gestellt wurden, der mit einem Bass- und einem Höhenregler ausgerüstet war. Sie sollten den Klang so einstellen, dass sie ihn als optimal empfinden. Das Resultat war so enttäuschend, dass RCA völlig die Finger von HiFi ließ – die Mehrheit der Testpersonen hatten die Regler nämlich so eingestellt, dass das Klangprofil dem eines Küchenradios aus den 40-er Jahren entsprach. RCA glaubte, dass dies auch den Wünschen der Leute entspräche – in Wahrheit zeigt es, dass man auch das Hören lernen muss, denn die Leute hatten nur nachempfunden, was sie gewohnt waren.

Würden Sie also alle HiFi-Käufer erst in eine Hörschule schicken?

Nein, aber ich schicke meine Techniker regelmäßig zu Konzerten der Bostoner Symphoniker, damit sie lernen, wie Musik wirklich klingen muss. Diese Konzertbesuche sind eine absolute Pflicht.

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Kommentare (4)

  1. #1 rolak
    25. Juli 2013

    Wegen Hitze-Faulheit keine Recherche: Was war denn das erwähnte nichtakustische Produkt mit 24 Jährchen Forschungsaufstand, das 2004 den Markt erblickte?

  2. #2 Erik
    25. Juli 2013

    @rolak
    Die elektromagnetische Radaufhängung, siehe erster Absatz.

    Grueße
    Erik

  3. #3 rolak
    25. Juli 2013

    weia, das hoffe ich ebenfalls den sauna-artigen Zuständen anrechnen zu können, auf jeden Fall schönen Dank für den Wink mit dem angemessenen Zaun, Erik.

  4. #4 Matthias
    Hamburg
    22. August 2013

    Also wenn es hier um die Firma geht, auf deren Radios “Bose” steht – herzlichen Dank auch.
    Deren Klang ist kaum zu ertragen, so baßbetont sind die, selbst nach vollständiger mechanischer Trennung vom Untergrund (zur Resonanzvermeidung). Ich habe so ein sauteures Radio neuester Bauart geschenkt bekommen (!) – nach zwei Tagen war mir klar, warum.
    Die fehlende Klangregelung für den Digitalempfang ist bei dem Gerät echte Arroganz der Hersteller.
    Daumen runter.

    Matthias