Kommentare (3)

  1. #2 inge schuster
    16. Januar 2015

    Glück oder nicht Glück ist hier nicht das Problem. Der bekannte Epidemiologe Richard Peto hat ja auch bereits 1977 zur Tumorinzidenz gemeint: “Luck has an essential role in determining who gets cancer and who does not”

    Was ein Problem ist, ist die Qualität des zugrundeliegenden Science Artikels und das unreflektierte Hochstilisieren der darin enthaltenen Befunde.

    Zugegeben, der Autor B. Vogelstein ist höchst renommiert. Vielleicht haben die Reviewer sich deshalb auch blind auf eine erwartungsgemäß hohe Qualität verlassen.

    Tatsächlich enthält das paper aber viele Ungereimtheiten.

    Dass Krebs davon abhängt, dass Zellen sich teilen, ist trivial, auch dass Stammzellen etwas damit zu tun haben (zu Krebs-Stammzellen gibt es seit mehr als einem Jahrzehnt umfangreiche Liiteratur).

    Was an der Tomasetti/Vogelstein Studie stört ist, dass

    – in den Korrelationen, die zur Aussage “Krebs is luck” verleiten, 2 der 3 häufigsten Cancerarten – Brustkrebs und Prostata CA – nicht berücksichtigt sind (dass zu Stammzellen dieser Gewebe angeblich keine Daten vorlagen, hätte für einen Vogelstein kein Problem sein sollen)

    – die zugrundeliegende Abschätzung, wie viele Stammzellen ein Organ enthält und wie rasch diese sich teilen, eine sehr grobe ist und damit eine breite Variabilität der Ergebnisse (vielleicht auch in die gegenteilige Richtung hin) erwarten lässt,

    – die Interpretation der Korrelationen einen sehr starken Bias aufweist: beispielsweise ist laut Abb. 1 das Risiko an Gallenblasen-CA und AM-Leukämie zu erkranken gleich hoch, obwohl ein mehr als 1000 facher Unterschied in den ,
    Teilungsraten der entsprechenden Stammzellen besteht

    – Melanom merkwürdigerweise unter die durch Zufall entstandenen CAs gelistet wird – als ob Enviroment – UV hier nicht eine sessentielle Rolle spielten

    – die 5 CAs mit dem höchsten Risiko und Teilungsraten ihrer Stammzellen genetisch/Umwelt-bedingt sind

    – die Rolle des Immunsystems überhaupt nicht diskutiert wird

    Die Liste liesse sich noch weiter fortsetzen.

    Abgesehen von der Arbeit selbst, sind weitere Fehler passiert: erst von Seiten der Reviewer und dann von Seiten des Journalismus, der eine sexy headline lieferte.

    Was schlussendlich dabei herauskommt – Krebs ist ganz einfach “Pech gehabt”, ist bei der noch sehr dünnen Beweislage nicht zu vertreten. Welche Auswirkungen eine “da kann man halt nichts machen” Haltung auf die Menschen haben kann, ist nicht absehbar.

  2. #3 Karl Mistelberger
    16. Januar 2015

    > Worum es in dem Paper geht und wie die Kontroverse abgelaufen ist, wird hier bei Science-Based Medicine ganz gut und sachlich beschrieben.

    Schön, dass sie auch einmal auf eine meiner Lieblings-Websites veweisen. Es würde nicht schaden, dort öfter einmal rein zu schauen. Dem Niveau Ihrer Blogartikel würde es auch gut tun. 🙂