Das kann nun natürlich auch daran liegen, dass meine Wahrnehmung der studentischen Leistungen subjektiv bereits im Lauf des Semesters vorgeformt waren und sich dann in meiner Bewertung entsprechend niederschlugen. Doch um dem abzuhelfen, bedienen wir uns zumeist einer Liste von Leistungskategorien – einer so genannten Rubric auf die wir uns im Kommunikationsteam entweder intern schon vorab geeinigt hatten, oder die für den Kurs insgesamt bereits festgelegt und im Kursprogramm veröffentlicht wurde. Manchmal ist da nur eine Liste, die dann entsprechend abgehakt wird (gegebenenfalls mit + oder – hinterm Häkchen), aber es kann auch schon ziemlich komplex sein, wie diese “Rubric” zeigt, die ich für die Bewertung von Referaten in einer Optik-Klasse adaptiert hatte:
Rubric
(Beim Draufklicken sollte eine etwas größere pdf-Version aufgehen)

Dieses System hat zumindest den Vorteil, dass es die Note begründbarer und damit eventuell sogar pädagogisch sinnvoller macht: Anstatt sich in eine Kategorie eingestuft zu fühlen, erhalten die StudentInnen somit wenigstens eine halbwegs umsetzbare Einschätzung ihrer tatsächlichen Fähigkeiten. Trotzdem bleibt da nun ein nagender Frust: Ist es gerecht, den Aufwand und die Mühe, den Lern- und Lehrerfolg (denn sehr wahrscheinlich liegt’s ja auch an mir, wenn ein Student oder eine Studentin wenig Fortschritte macht) in eine einzige Kennziffer zu akkumulieren? Mit anderen Worten: Sind Noten, abgesehen von ihrer Filterfunktion, zu irgend etwas wirklich nütze?

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Kommentare (5)

  1. #1 rolak
    23. Mai 2015

    zu irgend etwas wirklich nütze?

    Zumindest für die EigenEinschätzung sind sie ziemlich hilfreich – auch wenn die BenotungsMechanismen mancher Lehrer auf dem Gymnasium als weit von diesem EinsatzZiel entfernt erinnert werden.
    Und letztlich bleibt zumindest die Benotung ‘bestanden ja/nein’ übrig, was sich sicherlich auch wieder irgendwelche Menschen im Nachhinein als relevanten Maßstab für die VorabBewertung ‘tauglich für <Aufgabe>’ ansehen und mißbrauchen werden, andere im Vorhinein für einen Schwanzvergleich.

    Der Bogen¹ erinnert mich an die BewertungsmusterVorgaben bei solch schwer objektiv erfassbaren Vergleichen wie zB von Nahrung und Genußmitteln.

    _____
    ¹ RubricSheet statt RubicsCube 😉

  2. #2 Lutz Donnerhacke
    23. Mai 2015

    Mit Kindern in der Grundschule ist einem die Notendiskussion insbesondere in Jena. dem Hochort der Reformpädagogik, sehr bekannt.

    Generell werden hier ausführliche Wortzeugnisse (in einigen Schulen wöchtentlich) jeder Notengebung vorgezogen. Eine Schule bietet erst ab Klasse 9 erstmals eine Notenbewertung an (weil man die dann für die Bewerbungen braucht), die anderen Schulen fangen zwischen Klasse 4 und 7 mit den Noten an.

    Einer meiner Söhne hatte während eines Notenprojektes (es gab mal für zwei Monate Noten kurz vor Ende der Grundschulzeit, weil die Kinder dann auf andere Schulen wechseln) die erstaunliche Erfahrung gemacht, was Noten bedeuten.

    Erstmals war es ihm möglich sich mit seinen Kameraden zu vergleichen. Wichtig war ihm dabei nicht die Note an sich, sondern ob andere ähnliche Noten bekommen haben. Auch interessant war die Kindesreaktion, wenn die Note von der Selbsteinschätzung abwich.

    Ich glaube der Verzicht auf Notengebung in der Reformpädagogik ist nur für einen kleinen Teil der Kinder hilfreich. Die, die nicht voll selbstmotiviert die Schule lieben, bleiben auf der Strecke. Noten als externes Stimulus sind offenbar wichtiger als angenommen.

  3. #3 Hobbes
    23. Mai 2015

    Ich hatte neulich einen Vortrag von einem ehemaligen Hochschulleiter in dem er meinte das der Notenschnitt aus dem Abitur sehr stark mit der Endnote und vor allem mit der Abbrecherqoute korreliert. Natürlich muss das deshalb lange nicht heißen wie “gut” jemand wirklich in dem Fach ist. Aber immerhin kann man daran ein Maß an Fleiß und Anpassungsfähigkeit sehen.

  4. #4 s.s.t.
    23. Mai 2015

    Ein Arbeitszeugnis wird in Berichtsform ausgestellt und darf ausdrücklich nichts Negatives enthalten. Trotzdem kann es jeder in Schulnoten übersetzen und ggf. finden sich negative Bewertungen.

  5. […] Doppeldeutigkeit des Wortes “vergeben” hier – Notengeben ist mit Sicherheit die lästigste aller Aufgaben, die mit meiner Dozentenrolle verbunden sind). Auch die Studentinnen und Studenten hatten eine Gelegenheit, ihre Lehrkräfte zu bewerten (mit […]