Falls sich jemand wundert, warum ich – nach meiner Kritik an dem lautesten der derzeit aktiven US-Präsidentschaftskandidaten – nun scheinbar unerwartet die Worte gescheit und Trump im gleichen Satz verwende: Hier geht es nicht um das egozentrische Großmaul (zumindest nicht an erster Stelle), sondern um Dr. John G. Trump, der von 1936 bis 1973 am Massachusetts Institute of Technology auf dem Gebiet der Hochspannungs- und Strahlungsphysik geforscht hatte. John Trump hatte unter anderem in Zusammenarbeit mit dem MIT-Physiker Robert Van de Graaff an der Entwicklung jener Hochspannungs-Bandgeneratoren gearbeitet, deren “haarsträubende” Wirkung vielen von uns noch aus dem Physikunterricht bekannt sein dürfte. Doch natürlich war der Zweck dieser Forschung nicht, irgendwelche Spielereien mit statischer Elektrizität zu entwickeln, sondern es ging vor allem um die Entwicklung von Hochleistungs-Röntgenstrahlungsquellen, die dann auch sehr schnell in der Krebstherapie Anwendung fanden und vermutlich zahlreiche Menschenleben wenn schon nicht gerettet, dann doch wenigstens um viele Jahre verlängert haben. Daneben hatte Trump eine führende Rolle im so genannten Radiation Laboratory des MIT, wo mit großem transatlantischem Engagement (gemeinsam mit den Briten) an der Entwicklung der Radartechnologie gearbeitet wurde. Das ist für mich persönlich insofern bemerkenswert, als aus dem RadLab das heutige Research Laboratory for Electronics, kurz rle hervorging – in dessen Klassenzimmern ich, wie es der Zufall will, in diesem Semester relativ viel Zeit mit meinen Studenten verbringe. (Wer mehr über Dr. John Trump erfahren will, sollte diesen Nachruf der New York Times aus dem Jahr 1985 lesen.)

Doch ich gebe zu, dass ich, trotz der sicher beachtlichen Leistungen des Professors Trump und der Zufälligkeiten, mit der meine heutigen Wege seine (ehemaligen) Spuren kreuzen, kaum auf die Idee gekommen wäre, über ihn hier zu schreiben. Das ist tatsächlich wiederum dem Neffen geschuldet – genau, jener mehrfache Immobilienpleitier und selbsternannte Business-Star, der sich nicht scheut, mit faschistischen Ideen zu kokettieren, so lange es ihm reichlich Zulauf der US-Version von Wutbürgern beschert, ist der Neffe des ehrenvollen MIT-Professors. John Trump war der jüngere Bruder des New Yorker Immobilienunternehmers Fred Trump (der ihm übrigens auch das Studium finanziert hatte), und jener wiederum ist der Vater von Donald John Trump (und ja, der Onkel war der Taufpate und spendierte ihm den gemeinhin hinter einem “J.” verborgenen zweiten Vornamen). Der Vater der Trump-Brüder John und Fred, Frederick Trump, war übrigens als Friedrich Drumpf* in Kallstadt aufgewachsen und hatte seinen Namen 1885 als 16-Jähriger bei der Einwanderung in die USA zu Frederick Trump amerikanisiert. Aber auch das wäre nur eine nicht weiter erwähnenswerte Fußnote…

… Wenn nicht der Enkel Donald, im Bemühen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, ständig mit seinem – nachweislich – gescheiten Onkel angeben würde. Und zwar nicht (nur), weil er auf diesen stolz wäre: Vermutlich hat er gar nicht kapiert, woran der Onkel geforscht hatte, wie man aus diesem mit Trump-Zitaten gespickten Artikel des US-Magazins New Yorker ersehen kann. Nein, er verweist auf diesen Onkel, um damit zu belegen, dass er selbst, Donald John Trump, ja dann auch nachweislich gescheit sein müsse – auch wenn’s ganz und gar nicht so klingt, wenn er das (von sich) behauptet:

An der Analyse dieses Bandwurmsatzes beißen sich US-Sprachexperten noch immer die Zähne aus:

Look, having nuclear — my uncle was a great professor and scientist and engineer, Dr. John Trump at MIT; good genes, very good genes, OK, very smart, the Wharton School of Finance, very good, very smart — you know, if you’re a conservative Republican, if I were a liberal, if, like, OK, if I ran as a liberal Democrat, they would say I’m one of the smartest people anywhere in the world — it’s true! — but when you’re a conservative Republican they try — oh, do they do a number — that’s why I always start off: Went to Wharton, was a good student, went there, went there, did this, built a fortune — you know I have to give my like credentials all the time, because we’re a little disadvantaged — but you look at the nuclear deal, the thing that really bothers me — it would have been so easy, and it’s not as important as these lives are (nuclear is powerful; my uncle explained that to me many, many years ago, the power and that was 35 years ago; he would explain the power of what’s going to happen and he was right — who would have thought?), but when you look at what’s going on with the four prisoners — now it used to be three, now it’s four — but when it was three and even now, I would have said it’s all in the messenger; fellas, and it is fellas because, you know, they don’t, they haven’t figured that the women are smarter right now than the men, so, you know, it’s gonna take them about another 150 years — but the Persians are great negotiators, the Iranians are great negotiators, so, and they, they just killed, they just killed us.

Ich will’s mal mit einer Übersetzung versuchen:

Also das mit dem nuklearen – mein Onkel war ein großartiger Professor und Wissenschaftler und Ingenieur, Dr. John Trump am MIT; gute Gene, sehr gute Gene, OK, sehr gescheit, war an der Wharton School of Finance, sehr gut, sehr gescheit – wisst Ihr, wenn man ein konservativer Republikaner ist, wenn ich ein Liberaler wäre, also, okay, wenn ich als liberaler Demokrat kandidieren würde, würde man sagen, ich wäre einer der gescheitesten Menschen überall auf der Welt – das ist wahr! – aber wenn du ein konservativer Republikaner bist, dann versuchen sie – oh, die ziehen da wirklich eine Nummer ab – und drum beginne ich immer damit: habe Wharton besucht, war ein guter Student, war dort, war dort, habe dieses gemacht, ein Vermögen aufgebaut – wisst ihr, ich muss immer meine Qualifikationen aufzählen, weil wir ein wenig benachteiligt sind – also das mit dem nuklearen Deal (mit dem Iran, Hinweis von mir), das Ding macht mir wirklich Sorgen – es wäre so leicht gewesen, und es ist nicht so wichtig wie diese Leben sind – nuklear ist mächtig; mein Onkel hat mir das vor vielen, vielen Jahren erklärt, diese Kraft und das war vor 35 Jahren, er hat mir die Kraft von dem, was passieren wird erklärt und er hatte recht – wer hatte das gedacht? – aber wenn man sich anschaut was da mit den vier Gefangenen passiert – na, das waren mal drei, jetzt sind’s vier – aber als es drei waren und selbst jetzt, hätte ich gesagt es kommt immer auf den Boten an; Jungs, und ich sage Jungs denn, wisst ihr, sie haben nicht, sie haben nicht mitgekriegt dass die Frauen heute gescheiter sind als die Männer, wisst ihr, die werden da nochmal 150 Jahre brauchen – aber die Perser sind gut im Verhandeln, die Iraner sind gut im Verhandeln, so, und die, die haben uns gerade platt gemacht, sie haben uns gerade platt gemacht.

(***Schweiß von der Stirne wisch***)

Jeder mag selbst beurteilen, ob hier ein gescheiter Herr Trump spricht – oder ob die Bezeichnung, die ich hier verwendet hatte, auch weiterhin bestehen kann.

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Kommentare (7)

  1. #1 Joseph Kuhn
    https://scienceblogs.de/gesundheits-check/
    10. April 2016

    Eindeutig die Stoiber-Gene. Sensation! Textanalyse enthüllt Verwandtschaftsbeziehungen!

    Hoffentlich kann man eines Tages sagen, der Onkel war gescheit, der Neffe gescheitert.

  2. #2 bruno
    10. April 2016

    Ich denke, Trump lässt seine Reden in Nord-Korea schreiben und übersetzt via Google-Translate…

  3. #3 znEp
    10. April 2016

    #makedonalddrumpfagain
    https://donaldjdrumpf.com/

  4. #4 werner
    10. April 2016

    Dazu fällt mir nur Mark Twain ein, der einmal über die “Schrecken der Deutschen Sprache” referierte. Diese Ausführungen scheint Herr T. sehr verinnerlicht und ins Amerikanische transferiert zu haben.

  5. #5 Anderer Michael
    10. April 2016

    Edmund Stoiber hatte (oder) hat vermutlich eine Störung des Redeflusses, bei ihm häufig mit Einschuben wie ääh und Pausen. Ich habe ihn selber über eineinhalb Stunden nahezu flüssig sprechen hören, einmal trat klonisches Stottern auf . Ich maße mir kein Urteil an , ob bei Edmund Stoiber die Diagnose Stottern gestellt werden kann. Sofern aber doch, so hat er eine bewundernswerte Leistung vollbracht. Ich hatte an der Uni einen sehr netten Professor als Dozent, der gelegentlich ins Stottern fiel. Es tut mir heute immer noch weh, wenn ich die Panik in seinen Augen, das Grinsen einiger Zuhörer und die blöden Kommentare mir ins Gedächtnis rufe.

  6. #6 Wilhelm Leonhard.Schuster
    13. April 2016

    In Sachen Trump sollte man es,besonders hierzulande, nicht soweit treiben,
    daß, in Amerika, die deutschen Abkömmlinge,
    wieder einmal, gedrängt und gezwungen werden ,
    ihre Ahnen total zu verleugnen .
    Schließlich, hat sich der 1. Trump in Amerika, sofort dem dortigem Anglismen Zwang gebeugt, hat diesem Rechnung getragen und ist allsogleich:
    “Vollblut-Amerikaner” geworden.