“The fundamental group of the torus is abelian” – ein Video-Beweis

Wir hatten uns in den letzten Wochen mit der Fundamentalgruppe beschäftigt (langfristig mit dem Ziel, die Aussage der Poincare-Vermutung zu erklären).

Die Fundamentalgruppe eines Raumes mißt, im Prinzip, wieviele geschlossene Kurven es in diesem Raum gibt, die sich nicht auf stetige Weise ineinander deformieren lassen.

D.h. man nimmt einen Raum, und einen ‘Basispunkt’ p im Raum, und betrachtet alle geschlossenen Kurven an diesem Punkt — Wege, die an diesem Punkt starten, eine Zeitlang irgendwie herumwandern und schließlich zum Startpunkt zurückkehren. Zwei Kurven werden als gleich betrachtet, wenn die eine in die andere stetig (‘ohne Sprünge’) deformiert werden kann.
(Wege können auf die offensichtliche Weise zusammengesetzt werden: laufe entlang dem ersten Weg, dann entlang dem zweiten. Diese Methode des Zusammensetzens definiert eine Verknüpfung, die “Addition” in dieser Gruppe.)

Letzte Woche hatten wir für die punktierte Ebene angesehen (d.h. eine Ebene, aus der der Nullpunkt herausgenommen wurde) festgestellt, daß die Elemente der Fundamentalgruppe der punktierten Ebene auf eindeutige Weise ganzen Zahlen entsprechen: Eine Kurve, die n-mal um den Nullpunkt herumläuft, entspricht gerade der Zahl n.
(Diese Umlaufzahl n kann man als 1/2πi mal das Integral von 1/z über die Kurve berechnen)
Wenn dann zwei Kurven, die ganzen Zahlen n und m entsprechen, verknüpft (also nacheinander durchlaufen) werden, erhält man offensichtlich eine Kurve, die der Zahl n+m entspricht. Die Verknüpfung ist also kompatibel mit der Addition ganzer Zahlen. Man sagt: Die Fundamentalgruppe der punktierten Ebene ist isomorph (strukturgleich) zur Gruppe Z der ganzen Zahlen mit der Addition als Verknüpfung.

Heute betrachten wir den Torus:

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Zwei geschlossene Kurven sind im Bild eingezeichnet: die horizontale “Longitude” b und der vertikale “Meridian” a.

Man kann diese Kurven natürlich zusammensetzen zu weiteren Kurven. Also 2a+3b wäre dann z.B. die Kurve, die 2-mal vertikal und anschließend 3-mal horizontal herumläuft.

Nun ist es nicht sehr schwer zu beweisen, daß sich jede geschlossene Kurve stetig deformieren läßt in eine Kurve, die aus Hintereinanderdurchlaufen von Longitude und Meridian in irgendeiner Reihenfolge besteht. Jedes Element der Fundamentalgruppe ist also von der Art a+b+2a+b+2a oder so.

Wenn es so wäre, daß die Reihenfolge keine Rolle spielt (wenn also a+b=b+a ist), dann könnte man jedes Element der Fundamentalgruppe in die Form ma+nb (für ganze Zahlen m,n) bringen. Im Beispiel also a+b+2a+b+2a=5a+2b. (Man ist es natürlich aus der Schularithmetik gewöhnt, daß man so rechnen kann. Aber Fundamentalgruppen müssen nicht immer “abelsch” sein, d.h. es muß nicht immer a+b=b+a stimmen.)

Im Fall des Torus gilt aber tatsächlich a+b=b+a, wie das folgende Video (von der Universität Hannover) beweist:

Die Fundamentalgruppe des Torus ist also “abelsch” und, wie oben gesagt, kann man dann jedes Element auf eindeutige Weise als ma+nb mit ganzen Zahlen m,n schreiben. Die Fundamentalgruppe ist isomorph zur Gruppe Z2 der Paare ganzer Zahlen. (Ausführlicher Beweis hier)

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