Differentialgeometrie und Kelvin-Schaum.

Vor zwei Wochen hatten wir in der Olympia-Reihe über die Pekinger Olympia-Schwimmhalle berichtet, deren Architektur sich an der Struktur des Weaire-Phelan-Schaums orientiert.

Dieser ist die beste bekannte Lösung des Kelvin-Problems: zerlege den Raum in Gebiete eines bestimmten Volumens mit möglichst geringer Oberfläche.
Der Weaire-Phelan-Schaum ist insbesondere um 0.3% effektiver als Kelvins ursprüngliche Lösung, der Kelvin-Schaum.

Aus mathematischer Sicht erwähnenswert ist noch, daß sich (wie ich aus einem Kommentar von Gerard Westendorp im n-category cafe gelernt habe) die Oberfläche des Kelvin-Schaums deformieren läßt

– in eine Fläche konstanter mittlerer Krümmung, die Schwarz’sche P-Fläche

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– und in eine Fläche konstanter (negativer) Krümmung:

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Die zweite Fläche widerspricht scheinbar dem Satz von Hilbert, der besagt, daß es keine (in unserem 3-dimensionalen euklidischen Raum eingebetteten) Flächen konstanter negativer Gauß-Krümmung gibt. (Übrigens einer der wenigen mathematischen Sätze, zu denen ich keinen Wikipedia-Link gefunden habe, in keiner Sprache.)

Die Auflösung dieses Widerspruchs ist, daß die Einbettung der Fläche nicht 2-mal differenzierbar ist, womit die Gauß-Krümmung nicht definiert ist.
Trotzdem ist die Krümmung der Fläche intrinsich definiert und ist konstant.

Intrinsisch definiert soll heißen: es gibt eine Definition von “Schnitt-Krümmung”, die nur von der “inneren Geometrie” der Fläche (d.h. der Riemannschen Metrik) abhängt, nicht aber von ihrer Einbettung in den 3-dimensionalen Raum. Das berühmte “Theorema Egregium” von Gauß besagt, daß die Schnitt-Krümmung mit der Gauß-Krümmung übereinstimmt, die Gauß-Krümmung also nur von der “inneren Geometrie” abhängt. (Natürlich nur, wenn die Gauß-Krümmung definiert ist, also für 2-mal differenzierbare Einbettungen.)

Teil 0, Teil 1, Teil 2

Kommentare (1)

  1. #1 Monika Armand
    31. August 2008

    Ach ja, Deutsch kann eine so schwierige Sprache sein, wenn sie so viel “Fachchinesisch” enthält. Ich kann hier nur dumpf ahnen, dass das Ganze für einen Mathematiker eine echt faszinierende Angelegenheit sein muss. Und ich werd richtig sauer auf meine Ex-Lehrer, dass sie mir so “wenig” beibringen konnten, so dass mir hier auch kein “Übersetzer”, sondern nur fundierte mathematische Kenntnisse weiter helfen könnten 😉

    Die Bilder sind äußerst faszinierend. Sollte ich mit meinem Mann zusammen im Alter tatsächlich die Möglichkeit haben aus Spass noch mal zu studieren, Thilo, dann hast Du hier was angerichtet…..denn ich denke, ich werde mich auch im Fach “Mathematik” einschreiben, so wie mein Mann das plant ;-))