“How not to prove the Poincaré conjecture”- J. Stallings 1935-2008
Letzte Woche ist John Stallings gestorben, der unter anderem dafür bekannt ist, einmal eine Arbeit veröffentlicht zu haben, wie man die Poincaré-Vermutung nicht beweist.
Stallings Arbeit “How not to prove the Poincaré Conjecture” (‘Wie man die Poincaré-Vermutung nicht beweist’) von 1965 begann mit der Einleitung:
“I have committed – the sin of falsely proving Poincaré’s conjecture. But that was in another country; and besides, until now no one has known about it.
Now, in hope of deterring others from making similar mistakes, I shall describe my mistaken proof. Who knows but that somehow a small change, a new interpretation, and this line of proof may be rectified!”
und endete dann im letzten Absatz der “Conclusion”:
“The second point is that I was unable to find flaws in my “proof” for quite a while, even though the error is very obvious. It was a psychological problem, a blindness, an excitement, an inhibition of reasoning by an underlying fear of being wrong. Techniques leading to the abandonement of such inhibitions should be cultivated by every honest mathematician.”
(BTW: Ich hoffe mal, solche Zitate gelten nicht demnächst als grundgesetzwidrig.)
Ich weiß nicht, wie weit es in den Naturwissenschaften üblich ist, auch über fehlgeschlagene Experimente Arbeiten zu schreiben. In der Mathematik ist dieser Artikel jedenfalls ein Unikum.
Stallings’ Hoffnung im 2. Absatz der Einleitung (daß andere seinen ursprünglichen Ansatz zu Ende bringen) hat sich übrigens nicht erfüllt. Bekannt ist Stallings heute vor allem dafür, daß er bereits 1960 das Analog der Poincaré-Vermutung in Dimension mindestens 7 bewies. (Und auch für eine algebraische Charakterisierung von Gruppen mit mehreren Enden, oder z.B. auch den Satz, daß eine 3-Mannigfaltigkeit über dem Kreis fasert, wenn es eine Abbildung der Fundamentalgruppe nach Z mit endlich erzeugtem Kern gibt.)
Was die 3-dimensionale Poincaré-Vermutung angeht, waren die von Stallings und vielen anderen verfolgten topologischen (bzw. bei Stallings such gruppentheoretischen) Ansätze letztlich nicht erfolgreich. Erfolgreich war am Ende der 1980 von Thurston vorgeschlagene Ansatz über Geometrisierung , den Perelman dann 2003 mit analytischen Methoden (d.h. Differentialgleichungen) zum Erfolg führen konnte. Damit konnte man dann letztlich nicht nur die Poincaré-Vermutung beweisen, sondern auch allgemeinere Aussagen über die Klassifikation 3-dimensionaler Räume.
In dieser Reihe geht es ja eigentlich um Flächen, deren Klassifikation (also das 2-dimensionale Analog zur 3-dimensionalen Poincaré- und Thurston-Vermutung)
seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist; sie besagt, daß alle geschlossenen, orientierbaren Flächen durch Ankleben von Henkeln an eine Sphäre entstehen. (Im Bild neben der Sphäre die Fläche mit einem Henkel und die Fläche mit zwei Henkeln.)
In den nächsten Wochen soll es (nach den eher anwendungs-orientierten Beispielen der letzten Folgen) wieder darum gehen, die Ansätze zur Poincaré- und Thurston-Vermutung am einfacheren Beispiel der Flächen zu erläutern.
Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7 , Teil 8, Teil 9 , Teil 10 ,Teil 11, Teil 12, Teil 13, Teil 14, Teil 15, Teil 16, Teil 17, Teil 18, Teil 19, Teil 20, Teil 21, Teil 22, Teil 23, Teil 24, Teil 25, Teil 26, Teil 27, Teil 28, Teil 29, Teil 30, Teil 31, Teil 32, Teil 33, Teil 34, Teil 35, Teil 36, Teil 37, Teil 38, Teil 39, Teil 40, Teil 41, Teil 42
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