In der FAZ gab es vor einigen Tagen Bilder 3-dimensionaler Fraktale
unter dem Namen “Mandelbulb”.
(Bulb ist das englische Wort für Blumenzwiebel.)
Die Bilder stammen von Daniel White und Paul Nylander und sollen ein 3-dimensionales Analog der klassischen Mandelbrotmenge darstellen.
Die Originalbilder sind auf Daniel White’s Webseite.
Eine ausführliche Erklärung des mathematischen Hintergrunds hat Marianne Freiberger auf plus geschrieben.
Kurz zusammengefaßt:
die klassische Mandelbrotmenge ist ja die Menge aller komplexen Zahlen c, für die der “Orbit” von 0 bei iterierter Anwendung der Funktion f(z)=z2+c beschränkt bleibt. (D.h. die Folge 0, c, c2+c, (c2+c)2+c,… ist beschränkt.)
Um etwas analoges im 3-dimensionalen zu haben, braucht man eine Multiplikation von 3-dimensionalen Vektoren (analog zur komplexen Multipikation von 2-dimensionalen Vektoren=komplexen Zahlen).
3-dimensionale Vektoren kann man darstellen als (x1,x2,x3)=(rcosθcosφ,rsinθcosφ,rsinφ), also in sphärischen Koordinaten (r,θ,φ).
Die Multiplikation definiert man dann durch (r1,θ1,φ1)(r2,θ2,φ2)=(r1r2,θ1+θ2,φ1+φ2).
(Diese Multiplikation ist nicht assoziativ. Für φ=0 bekommt man die Multiplikation komplexer Zahlen in Polarkoordinaten.)
Man könnte dann, mit der so definierten Multiplikation, die 3-dimensionale Mandelbrotmenge zur Funktion f(z)=z2+c betrachten, aber anscheinend gibt das nicht so ein schönes Fraktal.
Nylander und White haben mit verschiedenen Funktionen herumexperimentiert und schließlich herausgefunden, daß man mit f(z)=z8+c die obigen Bilder bekommt.
Aus dem Artikel in plus
The resulting three-dimensional Mandelbulb seems to exhibit fractal detail that would impress even the most stringent of fractal hunters.
It’s now a task for mathematicians to investigate the exact fractal nature of the beast, and to see whether it is of genuine mathematical interest, rather than just a stunning visual oddity. The pretty pictures that arise in this area of mathematics conceal a variety of mathematical concepts that mathematicians are eager to explore further. Many will argue that there is no single 3D version of the Mandelbrot set. It all depends on what you want to generalise to higher dimensions — particular fractal structures, or other aspects underlying the mathematics of these dynamical systems.
Meanwhile, White’s quest continues. Having to move all the way up to the eighth power to get the required intricacy is slightly unsatisfactory, and it suggests that one could do better by modifying the technique. What’s more, White’s Mandelbulb still contains some “smeared-out” areas that aren’t quite as intricate as one might wish for. “As exquisite as the detail is in our discovery, there’s good reason to believe that it isn’t the real McCoy,” he says. “That means the biggest secret is still under wraps, open to anyone who has the inclination, and appreciation for how cool this thing would look. For sure I’ll still keep looking.”
Man sollte noch erwähnen, daß es natürlich auch viele 2-dimensionale Analoga der Mandelbrot-Menge gibt, in denen man statt z2+c andere (von einem Parameter c abhängende) holomorphe Funktionen verwendet.
Die Mengen zu f(z)=zd+c (mit einer festen ganzen Zahl d) nennt man Multibrot-Mengen.
Die klassische Mandelbrot-Menge für f(z)=z2+c ist aus mathematischer Sicht vor allem deshalb interessant, weil ihre geometrischen Eigenschaften die dynamischen Eigenschaften komplexer dynamischer Systeme kodieren.
Konkret: als das vielleicht wichtigste offene Problem in komplexer Dynamik gilt die “density of hyperbolicity”, es geht dort um die Frage, für welche Werte von c es attraktive periodische Zykel (bzgl. der Iteration von f(z)=z2+c) gibt. Douady und Hubbard haben bewiesen, daß sich diese Frage darauf zurückführen läßt, ob die Mandelbrot-Menge lokal zusammenhängend ist. Yoccoz hat den lokalen Zusammenhang an vielen Punkten der Mandelbrot-Menge bewiesen, aber allgemein ist diese Frage noch offen. (Siehe “The Real Fatou Conjecture” von Graczyk & Swiatek.)
Ob die 3-dimensionalen Verallgemeinerungen der Mandelbrot-Menge ähnliche mathematische Anwendungen haben werden, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal dürften sie eher für Computergrafiker von Interesse sein.
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