Faserungen und Katastrophen
In TvF 113 hatten wir mal darüber geschrieben, daß man das Komplement der Kleeblattschlinge in Kreise zerlegen (“durch Kreise fasern”) kann:
Andererseits kann man das Komplement der Kleeblattschlinge auch in Flächen zerlegen (“durch Flächen fasern”).
Das Bild unten zeigt eine Seifert-Fläche der Kleeblattschlinge (TvF 118):
www.josleys.com/show_gallery.php?galid=303
Man kann sich vielleicht vorstellen, daß man die Seifertfläche einmal um den Knoten drehen kann, so daß der gesamte Raum (ich meine: das Komplement der Kleeblattschlinge) durch diese Flächen ausgefüllt wird.
Topologisch formuliert: Das Komplement der Kleeblattschlinge ist ein Faserbündel über dem Kreis mit den Seifertflächen als Fasern.
Eine Veranschaulichung bietet der Clip von Jos Leys (auf das Bild klicken, um die Animation zu starten):
www.josleys.com/show_gallery.php?galid=303
Mit solchen Vorstellungen muß man natürlich vorsichtig sein – es gibt viele Seifertflächen von Knoten, für die das nicht funktioniert, wo das Knotenkomplement kein Faserbündel über dem Kreis ist.
Im Fall der Kleeblattschlinge funktioniert es aber und man kann explizite Formeln für die Seifertflächen angeben. (Dahinter steckt ein allgemeines Prinzip aus der Singularitätentheorie.)
In TvF 110 hatten wir gesagt, daß man die 3-Sphäre durch die Gleichung IzI2+IwI2=1 (mit komplexen Zahlen w,z) beschreibt. Die Kleeblattschlinge erhält man in dieser Beschreibung zum Beispiel durch die Formel z2+w3=0. (In TvF 110 hatten wir eine andere Formel, die aber denselben Knoten beschreibt.)
Im Komplement hat man dann also die Ungleichung z2+w3
0.
Die sogenannte Milnor-Abbildung
φ(z,w) = (z2 + w3) / |z2+w3|
ist auf dem Komplement der Kleeblattschlinge definiert (der Nenner ist nicht Null).
φ(z,w) ist offensichtlich ein Einheitsvektor, die Milnorabbildung ist also eine Abbildung vom Komplement der Kleeblattschlinge auf den Einheitskreis.
Man kann zeigen, daß die Milnor-Abbildung ein Faserbündel ist und daß die “Fasern” (die Urbilder der einzelnen Punkte auf dem Einheitskreis) gerade Seifertflächen der Kleeblattschlinge sind.
Die Fasern sind “gepunktete Tori”, d.i. ein Torus, aus dem eine Kreisscheibe ausgeschnitten wurde wie im Bild rechts. (Im Bild der Seifertfläche oben erkennt man das vielleicht nicht auf Anhieb.) |
Der allgemeinere Hintergrund hinter diesem expliziten Beispiel eines gefaserten Knotenkomplements sind Milnors Arbeiten zur Singularitätentheorie (von komplexen Funktionen).
Singularitätentheorie (eigentlich die von reellen Funktionen) wurde in den 70er Jahren unter dem Namen “Katastrophentheorie” populär, u.a. durch Arbeiten von Whitney, Thom und dem letzte Woche verstorbenen V.I.Arnold. Dazu noch nächste Woche.
Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7 , Teil 8, Teil 9 , Teil 10 ,Teil 11, Teil 12, Teil 13, Teil 14, Teil 15, Teil 16, Teil 17, Teil 18, Teil 19, Teil 20, Teil 21, Teil 22, Teil 23, Teil 24, Teil 25, Teil 26, Teil 27, Teil 28, Teil 29, Teil 30, Teil 31, Teil 32, Teil 33, Teil 34, Teil 35, Teil 36, Teil 37, Teil 38, Teil 39, Teil 40, Teil 41, Teil 42, Teil 43, Teil 44, Teil 45, Teil 46, Teil 47, Teil 48, Teil 49, Teil 50, Teil 51, Teil 52, Teil 53, Teil 54, Teil 55, Teil 56, Teil 57, Teil 58, Teil 59, Teil 60, Teil 61, Teil 62, Teil 63, Teil 64, Teil 65, Teil 66, Teil 67, Teil 68, Teil 69, Teil 70, Teil 71, Teil 72, Teil 73, Teil 74, Teil 75, Teil 76, Teil 77, Teil 78, Teil 79, Teil 80, Teil 81, Teil 82, Teil 83, Teil 84, Teil 85, Teil 86, Teil 87, Teil 88, Teil 89, Teil 90, Teil 91, Teil 92, Teil 93, Teil 94, Teil 95, Teil 96, Teil 97, Teil 98, Teil 99, Teil 100, Teil 101, Teil 102, Teil 103, Teil 104, Teil 105, Teil 106, Teil 107, Teil 108, Teil 109, Teil 110, Teil 111, Teil 112, Teil 113, Teil 114, Teil 115, Teil 116, Teil 117, Teil 118, Teil 119
Letzte Kommentare