Verknotete Strömungslinien führen zu Turbulenz und hydrodynamischer Instabilität. Eine in den “Annals of Mathematics” erscheinende Arbeit findet jetzt beliebig verknotete Strömungslinien für reibungsfreie, inkompressible Gase oder Flüssigkeiten.
Die Euler-Gleichungen beschreiben reibungsfreie Strömung.
Ganz allgemein wird die Strömung in Flüssigkeiten und Gasen durch die Navier-Stokes-Gleichungen beschreiben: sei ρ die Dichte, p der Druck und v die Geschwindigkeit eines Teilchens in der Strömung, dann ist
ρ (v’ + (v . ∇)v) = -∇ p + η Δ v + (λ + η) ∇ (∇ . v)+f
mit gewissen Viskositätskonstanten λ und η und der Volumenkraftdichte f. (Auf die Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen, d.h. den Beweis ihrer Existenz und Glattheit, ist übrigens vom Clay-Institut eine Million Dollar ausgesetzt, genauere Beschreibung des Problems hier.)
Der Spezialfall reibungsfreier Flüssigkeiten, wo also Viskosität und Wärmeleitung vernachlässigt werden, gibt die Euler-Gleichungen
ρ (v’ + (v . ∇)v) = -∇ p
Eine stationäre Lösung der Euler-Geichung ist ein Vektorfeld v, daß diese Gleichung (zu einem Druck p) erfüllt. Die Trajektorien des Vektorfelds v sind die Strömungslinien.
Schon Lord Kelvin soll sich mit der Untersuchung verknoteter Strömungslinien befaßt haben, u.a. wegen ihrer Rolle für Turbulenz und hydrodynamische Instabilität. 1965 untersuchte V.I.Arnold in “Sur la topologie des écoulements stationnaires des fluides parfaits” die Topologie der Strömungslinien und stellte die “Topologische Hydrodynamik-Vermutung” auf, daß jeder Knoten sich als Strömungslinie der Euler-Gleichung realisieren läßt. Man weiß aus numerischen Berechnungen, daß Strömungslinien stark verknotet sein können, hatte aber bisher nur wenige theoretische Resultate. (Am bemerkenswertesten vielleicht die Konstruktion von Etnyre und Ghrist, veröffentlicht 2000 in TAMS, einer Lösung der Euler-Gleichung mit periodischen Strömungslinien in den Isotopieklassen aller möglichen Knoten. Allerdings betrachteten sie dabei nicht die Euler-Gleichung bzgl. der euklidischen Metrik, sondern zu nichteuklidischen Metriken auf der S3.)
In Knots and Links in steady solutions of the Euler equation (erschienen letzten Monat auf dem ArXiv und bereits zur Veröffentlichung in den “Annals of Mathematics” angenommen) beweisen Enciso und Peralta-Salas nun Arnold’s “Topologische Hydrodynamik-Vermutung”, daß es beliebig verknotete Strömungslinien für die Euler-Gleichung (im 3-dimensionalen euklidischen Raum, zu einer Druckfunktion p) gibt:
Theorem 1.1: Let L in R3 be a possibly unbounded, locally fi nite link. Then for any real constant λ ≠ 0 one can transform L by a Coo diffeomorphism Φ of R3 arbitrarily close to the identity in any Cr norm, so that Φ(L) is a set of stream lines of a Beltrami field u, which satis fies curl u = λu in R3.
Alberto Enciso, & Daniel Peralta-Salas (2010). Knots and links in steady solutions of the Euler equation Annals of Mathematics arXiv: 1003.3122v2
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