Flächen in Dreiecke zerlegen und der Satz von Schönflies.

Ein wichtiges Hilfsmittel bei der Klassifikation von Flächen sind ‘Triangulierungen’, d.h. Zerlegungen der Fläche in Dreiecke (TvF 161):

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cis.jhu.edu/education/introPatternTheory/additional/curvature/curvature25.html

Flächen sind ja eigentlich (TvF 159) dadurch definiert, daß man sie mit ‘Karten’ überdecken kann, also mit offenen Mengen, die sich homöomorph (d.h. eineindeutig und in beide Richtungen stetig) auf eine Teilmenge der Ebene abbilden lassen.

Wenn man die Triangulierbarkeit von Flächen beweisen will, dann liegt es nahe, zunächst die einzelnen Karten (bzw. ihre Bilder in der Ebene) in Dreiecke zu zerlegen:

de.wikipedia.org/wiki/Triangulation_(Geodäsie)

Das kann man aber nicht einfach irgendwie machen, denn die verschiedenen Karten überlappen sich ja und die Triangulierungen verschiedener Karten müssen auf diesen sich überlappenden Gebieten übereinstimmen.

Wenn man also die Fläche triangulieren will, trianguliert man also zunächst irgendwie die erste Karte, und überlegt sich dann für die nächste Karte, ob man die auf dem Überlappungsgebiet gegebene Triangulierung auf die ganze Karte fortsetzen kann. (Und das setzt man dann induktiv fort, bis man die gesamte Fläche trianguliert hat.)

Wenn zum Beispiel das noch nicht triangulierte Gebiet in der zweiten Karte eine Kreisscheibe (bzw. homöomorph zu einer Kreisscheibe) ist, dann ist eine solche Fortsetzung der Triangulierung offensichtlich möglich:

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www.geoconcept-systeme.de/geosurf/gs-triangulierung.htm

Damit ist man dann bei der Frage, ob jede geschlossene Kurve in der Ebene ein Gebiet berandet, welches homöomorph zur Kreisscheibe ist.
Die Antwort auf diese Frage ist der Satz von Schönflies (TvF 163):

Wenn K eine geschlossene Kurve (ohne Selbstschnitte) in der Ebene R2 ist, dann gibt es eine stetige (und stetig umkehrbare) Abbildung f:R2–>R2, die K auf den Einheitskreis abbildet.

Ein formaler Beweis, daß aus dem Satz von Schönflies die Triangulierbarkeit von Flächen folgt, geht im Prinzip so wie oben angedeutet, ist aber natürlich im Detail schon etwas technischer. Man findet die Details im Buch von Moise in Kapitel 8.

Der Satz von Schönflies scheint zunächst ziemlich offensichtlich, wenn man sich etwa dieses Bild aus TvF 163 anschaut:

===>

aber schon dieses Bild zeigt, daß man den Satz wohl doch erst beweisen muß:
plus.maths.org/content/winding-numbers-topography-and-topology-ii

Wir hatten in TvF 171 Homologietheorie benutzt, um zunächst den Jordanschen Kurvensatz zu beweisen: wir hatten gezeigt, daß für jede solche Kurve K gilt: H0(R2-K)=Z2 und das bedeutet (TvF 169), daß K die Ebene in zwei Gebiete D1 und D2 zerlegt – ein ‘Inneres’ und ein ‘Äußeres’.

Der Satz von Schönflies geht nun noch etwas weiter, er behauptet insbesondere, daß das Gebiet D1 homöomorph zur Kreisscheibe ist. Im Prinzip kann man auch diesen Satz mit Homologietheorie beweisen: man kann nämlich beweisen, daß H1(D1)=0 ist – und weil die Kreisscheibe die einzige Fläche mit H1=0 ist, folgt daraus der Homöomorphismus zwischen D1 und der Kreisscheibe.
Dieser Beweis ist natürlich insofern Betrug, daß man dabei bereits die Klassifikation der Flächen benutzt – und wenn man diese mit elementaren Mitteln beweisen will, dann braucht man die Triangulierbarkeit von Flächen, die ja aber eben mit dem Satz von Schönflies bewiesen wird. Natürlich gibt es andere Beweise der Klassifikation von Flächen, etwa über Morse-Theorie (worauf wir in dieser Reihe auch írgendwann noch mal kommen werden), aber jedenfalls für einen elementaren Beweis der Klassifikation der Flächen braucht man dann eigentlich auch einen elementaren Beweis des Satzes von Schönflies, und diesen findet man zum Beispiel in Kapitel 9 von Moise’s Buch (in dessen Vorwort das Schönflies-Theorem übrigens als “first classic result” der geometrischen Topologie bezeichnet wird).

Der Beweis des Schönflies- Theorems mittels Homologiegruppen erklärt aber jedenfalls, warum sich das Schönflies-Theorem nicht in höheren Dimensionen verallgemeinern läßt (Beispiele dafür hatten wir in TvF 163 schon mal gezeigt): zwar gilt auch in höheren Dimensionen der Jordansche Trennungssatz, also jede eingebettete n-1-Sphäre zerlegt den Rn in zwei Gebiete D1 und D2, und man kann ebenfalls wieder beweisen, daß H1(D1)=0 ist, aber daraus folgt nicht unbedingt, daß D1 einfach zusammenhängend und erst recht nicht, daß D1 homöoomorph zu einer abgeschlossenen Vollkugel ist. Ein Beispiel ist das Komplement der Alexander horned sphere im R3.
Die Frage, ob 3-dimensionale Mannigfaltigkeiten M mit H1(M)=0 einfach zusammenhängend sein müssen, hatte schon Poincaré beschäftigt, jedenfalls für geschlossene Mannigfaltigkeiten. Poincaré hatte ursprünglich vermutet, daß dies der Fall sei, dann aber selbst ein Gegenbeispiel gefunden, eine Mannigfaltigkeit, deren Fundamentalgruppe 120 Elemente hat (also nicht trivial ist), aber mit H1=0. (Der Zusammenhang zwischen Fundamentalgruppe π1 und erster Homologie H1 ist, daß H11/[π11] ist, also die Abelianisierung von π1. In Poincarés Beispiel ist die Fundamentalgruppe perfekt, also [π11]=π1, weshalb H1=0 ist.
Dasselbe gilt auch für das Komplement der Alexander horned sphere.)
In Dimension 2 gibt es solche Beispiele aber nicht.
Poincarés Gegenbeispiel führte ihn dann zu der schwächeren (aber korrekten und inzwischen von Perelman bewiesenen) Version der Poincaré-Vermutung: jede einfach zusammenhängende geschlossene 3-Mannigfaltigkeit ist homöomorph zur Sphäre.

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