Wie kann man in Excel Zellen zusammenfügen?
Auch diese Frage wird hier nicht beantwortet (sondern zum Beispiel hier), dafür geht es um das Zusammenfügen von Zellen zu unebenen Flächen.
Vor 3 Wochen hatten wir darüber geschrieben, wie man Flächen in Henkel zerlegt. Die Idee war im wesentlichen, dass man sich wie im Bild oben die Sublevelmengen einer Morsefunktion anschaut und feststellt, dass sich immer beim Passieren eines kritischen Punktes die Topologie der Sublevelmenge durch Ankleben eines Henkels ändert. Das Bild unten zeigt einen Diffeomorphismus zwischen der neuen Sublevelmenge und der aus der alten Sublevelmenge durch Ankleben eines Henkels enstandenen Fläche.
Letzte Woche hatten wir dann beschrieben, was eine Zerlegung einer Fläche in Zellen (d.h. ein CW-Komplex) ist. Topologen finden Zellzerlegungen meist einfacher als Henkelzerlegungen. Es stellt sich also die Frage, ob man mit Morse-Theorie auch eine Zerlegung von Flächen (und höher-dimensionalen Mannigfaltigkeiten) als CW-Komplexe bekommen kann. Das ist tatsächlich der Fall, wie wir nachher mit ein paar Bildern andeuten werden, allerdings ist der CW-Komplex, den man erhält nicht immer wirklich homöomorph, sondern lediglich homotopie-äquivalent zur ursprünglichen Mannigfaltigkeit.
Was heißt “homotopieäquivalent”? Topologische Räume gelten ja als gleich, wenn sie “homöomorph” sind, siehe TvF 9. In der algebraischen Topologie gibt man sich oft mit einem schwächeren Äquivalenzbegriff zufrieden, eben der Homotopieäquivalenz. In TvF 40 hatten wir mal über Deformatonsretraktionen geschrieben. Das ist nur ein Spezialfall des allgemeinen Begriffs Homotopieäquivalenz, der aber hier für unsere Zwecke (die morsetheoretische Zellzerlegung) ausreichend ist. Die formale Definition von Deformationsretrakt war:
Sei A eine Teilmenge eines Raums X. A ist ein Deformationsretrakt von X, wenn es eine stetige Abbildung p:X–>A gibt, so daß
– p(a)=a für alle Punkte a in A,
– p ist homotop zur identischen Abbildung (d.h. es gibt eine stetige Abbildung H:X x [0,1] –>X mit H(x,0)=p(x), H(x,1)=x für alle x.)
Anschaulich, daß “der Raum X bei der Deformation auf A an überflüssigem Fett verliert, während sein ‘Homotopietyp’ dabei gleich bleibt”.
Einige Beispiele aus dem Buch von Hatcher, wo das dunkelschwarze jeweils ein Deformationsretrakt der größeren Menge ist::
Um nach dieser Begriffsklärung wieder zur Morsetheorie zurückzukommen: wir hatten vor 3 Wochen ja gesehen, daß das Passieren eines kritischen Punktes dem Ankleben eines Henkels entspricht – hier noch mal das Bild aus Milnors Buch:
Andererseits hatten wir letzte Woche gesagt, daß eine 1-Zelle einfach eine abgesschlossene Strecke ist, die entlang ihrer beiden Randpunkte angeklebt wird. Das sieht dann also so aus wie im linken Bild:
Und es ist sicher anschaulich einleuchtend, daß das linke Bild ein Deformationsretrakt des rechten Bildes (oder des obigen vorherigen Bildes aus dem Milnor-Buch) ist.
Wenn man also den ganz oben am Anfang des Beitrages abgebildeten Torus mittels Morsetheorie in Zellen zerlegen will, hat man zunächst eine 0-Zelle (d,h, einen
Punkt, der ja ein Deformationsretrakt einer Kreisscheibe ist), klebt dann wie im vorigen Bild eine 1-Zelle an, anschließend wie im Bild unten eine weitere 1-Zelle und abschließend dann noch eine 2-Zelle.
Der Torus ist also homotopie-äquivalent (und in diesem Fall letztlich sogar homöomorph) zu einer Vereinigung aus einer 0-Zelle, zwei 1-Zellen und einer 2-Zelle. (Daß der so erhaltene CW-Komplex wirklich homotopieäquivalent zur ursprünglichen Mannigfaltigkeit ist, wird z.B in Milnors Buch bewiesen.)
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