In Krakow in Polen findet diese Woche (sicherlich rein zufällig direkt nach dem Ende der Fußball-EM) der 6th European Congress of Mathematics statt.
Hauptereignis des ersten Tag war die Bekanntgabe (und Auszeichnung) der Preisträger des EMS-Preises. Anders als die Fields-Medaille, die an maximal 40-jährige Mathematiker verliehen wird, liegt die Altersgrenze beim EMS-Preis schon bei 35 Jahren. Trotzdem liefert die Liste der 10 Preisträger sicher einen interessanten Überblick über aktuelle Entwicklungen in der Mathematik:
Adrian Ioana hat bewiesen, daß Gruppen G überabzählbar viele nicht orbit-äquivalente Wirkungen zulassen, wenn G eine nichtabelsche freie Gruppe enthält.
Alessio Figalli hat (mit Y.H.Kim und McCann) die Regularität des optimalen Transports auf Produkten runder Sphären bewiesen und (mit de Philippis) die W2,1-Regularität für Lösungen der Monge-Ampere-Gleichung.
Ciprian Manolescu hat (mit Ozsvath und Sarkar) eine kombinatorische Beschreibung der Floer-Homologie für Knoten gegeben. Damit kann man im Prinzip algorithmisch zum Beispiel das Geschlecht der Seifertfläche eines Knotens bestimmen oder entscheiden, ob das Knotenkomplement gefasert ist.
Corinna Ulcigrai hat bewiesen, daß gewisse Hamiltonsche Flüsse auf Flächen nicht mischend sind.
Emannuel Breuillard hat für Untergruppen von SL(n,A) (mit A dem algebraischen Abschluß der rationalen Zahlen) ein Analogon zum Margulis-Lemma bewiesen, d.h. er definiert eine ‘Höhe’ h(F) für endliche Teilmengen F von SL(n,A) und beweist dann für ein passendes ε, dass jede Teilmenge mit h(F)<ε eine fast-auflösbare Gruppe erzeugt. Außerdem hat er (mit Gelander) ein Analogon zur Tits-Alternative für Untergruppen von GL(n,k) (für lokale Körper k) bewiesen. Gregory Miermont hat über Skalierungslimiten von Triangulierungen (oder Quadrangulierungen) von Flächen gearbeitet und insbesondere eine asymptotische Formel für die Anzahl der bipartiten Quadrangulierungen einer Fläche vom Geschlecht g mit n Vierecken bewiesen.
Mathieu Lewin hat (mit Lenzmann) die Existenz von Minimierenden für das relativistische Hartree-Fock-Bogoliubov-Funktional (für Mehrkörperquantensysteme, die dominiert werden von asymptotisch Newtonschen 2-Körper-Wechselwirkungen) bewiesen und auch über die Numerik dieses Funktionals gearbeitet.
Simon Brendle hat (mit Schoen) den Differenzierbaren Sphärensatz bewiesen und (mit Marques und Neves) ein sphärisches Analogon zum Positive-Masse-Theorem, außerdem verschiedene Konvergenzsätze für Krümmungsflüsse.
Sophie Morel hat eine Formel für die Spur des Frobenius-Operators auf der Schnitthomologie bestimmter Shimura-Varietäten bewiesen.
Tom Sanders hat (mit Green) eine Charakterisierung idempotenter Maße auf lokal-kompakten abelschen Gruppen bewiesen.
In den nächsten Tagen gibt es beim ECM noch eine Reihe interessanter Vorträge, Mini-Symposia und Satelliten-Konferenzen, von denen dann manche sicher auch im Netz verfügbar sein werden.
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