Der “Gott der Geometrie” ist gestern Im Alter von 65 Jahren an Hautkrebs verstorben.
Thurston ist vor allem bekannt für seinen damals völlig neuen Zugang zur 3-dimensionalen Topologie Während die 2-dimensionale hyperbolische Geometrie schon seit dem 19.Jahrhundert ein aktives Forschungsfeld mit vielen Verzweigungen in andere mathematische Gebiete war (das ist ja auch ein zentrales Thema unserer “Topologie von Flächen”-Reihe, u.a. mit Thurstons Klassifikation der Selbstabbildungen von Flächen mittels hyperbolischer Geometrie), hatte bis in die 70er Jahre absolut niemand damit gerechnet, dass auch in der 3-dimensionalen Topologie die hyperbolische Geometrie eine wesentliche Rolle spielen könnte. Thurstons Geometrisierungsvermutung (die er Ende der 70er in wesentlichen Spezialfällen bewies, den allgemeinen Beweis gab bekanntlich Perelman 25 Jahre später) zeigte, dass die “meisten” 3-dimensionalen Mannigfaltigkeiten hyperbolisch sind, verknüpfte dadurch die 3-dimensionale Topologie mit dem “mathematischen Mainstream” und der Forschung zahlreicher anderer Gebiete, und lieferte nebenbei noch einen (letztlich erfolgreichen) Ansatz zur Poincaré-Vermutung.
Natürlich hat Thurston auch wesentliche Beiträge zu vielen anderen Gebieten wie Blätterungen und Kontaktstrukturen oder komplexer Dynamik geleistet, aber seine zeitweise fast gottgleiche Verehrung unter niedrigdimensionalen Topologen verdankte er zweifellos seiner (im Kuhnschen Sinne revolutionären) Sichtweise auf die niedrigdimensionale Topologie.
Thurston war bis vor ca. 1 Jahr noch auf Math Overflow aktiv mit oft sehr ausführlichen Antworten auf Fragen jüngerer Mathematiker. Einen gewissen Eindruck seiner geometrischen Denkweise vermittelt vielleicht dieses 2 Jahre alte Vortragsvideo:
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