“Bolivien dreht die Uhren auf links” titelt heute Spiegel Online, in Wirklichkeit ist es bisher aber erstmal nur die Uhr am Kongreßgebäude in La Paz, die jetzt gegen den Uhrzeigersinn läuft. (Bild oben)
Wie definieren Mathematiker eigentlich links und rechts? Das ist nicht so trivial wie man vielleicht denken könnte. Auf dem Möbiusband zum Beispiel gibt es kein Links und Rechts. Wenn Eschers berühmte Ameise wie in der Animation unten (Quelle: M.Eisermann) einmal um das Möbiusband herumläuft ist ihre ehemals linke Seite zur rechten geworden.
So etwas kann in der Ebene oder auf der Oberfläche einer Kugel nicht passieren. Der Grund dafür ist, dass diese Flächen im Gegensatz zum Möbiusband orientierbar sind.
Grob gesagt kann man, wenn man fest in einem Punkt einer Fläche steht, immer definieren, welche Drehungen um einen herum im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn sind. Dabei ist es völlig willkürlich, welche der beiden Möglichkeiten man als das eine und welche als das andere bezeichnet. (Mathematisch: wir haben zwei Äquivalenzklassen von Drehungen und wir bezeichnen willkürlich die eine als für und die andere als gegen den Uhrzeigersinn.) Das kann man also in jedem Punkt einer Fläche so definieren und natürlich will man dann, dass in nahebeieinanderliegenden Punkten die “selben” Drehungen als gegen bzw. für den Uhrzeigersinn definiert worden sind. Das so in allen Punkten zu definieren ist lokal kein Problem, global kann es aber zum Problem werden wie im Beispiel des Möbiusbandes gesehen.
Langer Rede kurzer Sinn: auf manchen Flächen wie dem Möbiusband lassen sich links- und rechtsdrehende Uhren ohnehin nicht unterscheiden, auf anderen wie der Oberfläche einer Kugel lassen sie sich unterscheiden, es ist aber völlig willkürlich, welche Richtung man als links und rechts definiert.
Die mathematischen Physiker haben in diesem Zusammenhang den Begriff der Jandl-Gerbe eingeführt als Referenz an den Dichter Ernst Jandl und sein Gedicht Lichtung.
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