Darstellungen, d.h. Homomorphismen \Gamma \to G einer gegebenen Gruppe \Gamma in eine algebraische Gruppe G wie G = SL (n, {\Bbb R}) oder G = GL (n, {\Bbb R} ) , gehören sicher zu den am meistuntersuchten Objekten in der Mathematik. Die Methoden variieren für verschiedene Klassen von Gruppen \Gamma , Darstellungen von symmetrischen Gruppen, zum Beispiel, werden durch ihre Young-Tableaux klassifiziert, während die Darstellungstheorie von kompakten abelschen Gruppen (wie S ^ 1 = \ R / \ Z ) harmonische Analyse verwendet .

Eines der ersten Ergebnisse der Darstellungstheorie war die Klassifizierung der Darstellungen von halbeinfachen Lie-Gruppen durch Élie Cartan (1913). Zum Beispiel die spezielle lineare Gruppe SL (2, {\Bbb R}) hat eine irreduzible Darstellung \rho_n \colon SL (2, {\Bbb R}) \to GL (n, {\Bbb R}) in jeder Dimension, geometrisch beschrieben durch die Eigenschaft, dass die Veronese-Einbettung

\left[x: y \right] \to \left[x^n : x^{n-1} y: \ldots : xy^{n-1}: y^n \right]

der projektiven Geraden P^1 {\Bbb R} in den projektiven Raum P^n {\Bbb R} äquivariant bezüglich \rho_n ist.

Was ist mit Darstellungen von unendlichen, aber endlich erzeugten Gruppen, sozusagen: 0-dimensionalen Lie-Gruppen? Das erste Beispiel, das in den Sinn kommt, F_g , die freie Gruppe auf g Erzeugern, hat natürlich eine sehr einfach zu beschreibende Darstellungstheorie: ihre Darstellungen sind eindeutig durch die Bilder der g Erzeuger bestimmt, man hat also eine Bijektion Hom (F_g, G) \cong G^g .

Aber das war nur ein außergewöhnlich einfacher Fall. Als ein weniger triviales Beispiel kann man die sogenannten “Flächengruppen” anschauen:

\Gamma_g = \langle a_1, b_1, \ldots, a_g, b_g \colon \left[a_1, b_1 \right] \ldots \left[a_g, b_g \right] = 1 \rangle ,

also 2g Erzeuger und eine Relation, die besagt, dass ein bestimmtes Produkt von Kommutatoren trivial sein soll.

Wenn man die Darstellungen \rho \colon \Gamma_g \to G von \Gamma_g in eine algebraische Gruppe G (sagen wir G = GL (n, {\Bbb R}) ) beschreiben will, dann sind die Darstellungen natürlich wieder durch die Bilder der 2g Erzeuger festgelegt, die jedoch nicht beliebig gewählt werden können, sondern der Bedingung \left[\rho (a_1), \rho (b_1) \right] \ldots \left[\rho (a_g), \rho (b_g) \right] = 1 genügen müssen. Dies ist eine polynomiale Gleichung und damit entsprechen Darstellungen von \Gamma_g also einer algebraischen Untervarietät von G^{2g} , der sogenannten Darstellungsvarietät.

Analog wird die Darstellungsvarietät Hom (\Gamma, G) für eine beliebige endlich erzeugte Gruppe \Gamma definiert durch die zu erfüllenden (polynomialen) Relationen zwischen den Bildern der Erzeuger. Das scheint eine einfache Beschreibung sein, aber im Allgemeinen ist es schwer, Aussagen über diese Varietät zu machen. Zum Beispiel, ist es schon schwierig, die Anzahl der Zusammenhangskomponenten zu bestimmen.

Glücklicherweise haben die Gruppen \Gamma_g  eine weitere, intuitivere Beschreibung: sie kommen in der Topologie als Fundamentalgruppe von \Sigma_g , der Brezel mit g Löchern (formal: der geschlossenen, orientierten Fläche vom Geschlecht g ) vor. Zum Beispiel \Gamma_1 = {\mathbb Z} \oplus {\mathbb Z} ist die Fundamentalgruppe des Torus.

figure_two2

Diese Beschreibung ermöglicht es, Methoden aus der Geometrie und Topologie zu verwenden, um die Darstellungen dieser Flächengruppen \Gamma_g untersuchen und diese topologische Herangehensweise an die Darstellungstheorie der Flächengruppen ist in jüngerer Zeit ein aktives Forschungsgebiet. (Man hofft, dass es als Blaupause für die Untersuchung von Darstellungen anderer geometrisch definierten Klassen von Gruppen dient, wie beispielsweise 3-Mannigfaltigkeits-Gruppen oder hyperbolische Gruppen.) Dieser Ansatz zur Darstellungstheorie der Flächengruppen war das Thema eines Workshops am KIAS im November 2014. Zur Einführung seiner Themen beschreiben wir kurz den Stand der Technik auf diesem Gebiet.

Als ersten Ansatz kann man Darstellungen von \Gamma_g als Holonomien von flachen G -Bündeln über \Sigma_g sehen und dann die Theorie der charakteristischen Klassen solcher Bündel anwenden. Für kompakte Lie-Gruppen G reichen nach Atiyah-Bott charakteristische Klassen bereits aus, um alle Zusammenhangskomponenten von Hom (\Gamma_g, G) zu unterscheiden.

Charakteristische Klassen reichen auch zur Unterscheidung der Zusammenhangskomponenten von Hom(\Gamma_g, PGL (2, {\mathbb R})) : es gibt 4g-3 Zusammenhangskomponenten, die durch die möglichen Werte der Eulerzahl unterschieden werden. (Gemäß der Milnor-Wood Ungleichung kann die Eulersche Zahl eines flachen Bündel nur ganzzahlige Werte zwischen -(2g-2) und 2g-2 annehmen. Die beiden Maximalwerte entsprechen den diskreten Darstellungen, die in der Teichmüller-Theorie und der Theorie der hyperbolischen Flächen untersucht werden.)

Aber für andere nichtkompakte Lie-Gruppen G sind charakteristische Klassen nicht ausreichend. Zum Beispiel Hom (\Gamma_g, PGL (3, {\Bbb R})) hat 3 Zusammenhangskomponenten, von denen zwei triviale charakteristischen Klassen haben. Eine der beiden (heute als Hitchin-Komponente bezeichnet) enthält die Hintereinanderausführungen

\Gamma_g \to PGL (2, {\mathbb R}) \to PGL (3, {\mathbb R})

von diskreten Darstellungen \Gamma_g \to PGL (2, {\mathbb R}) mit der einzigen irreduziblen Darstellung PGL (2, {\mathbb R}) \to PGL (3, {\mathbb R}) , während die andere die Hintereinanderausführungen der diskreten Darstellungen mit der offensichtlichen reduziblen Darstellung PGL (2, {\mathbb R}) \to PGL (3, {\mathbb R}) enthält. Ähnliche Ergebnisse gelten auch für andere nichtkompakten Gruppen, insbesondere gibt es immer eine Hitchin-Komponente.

Die Topologie der Hitchin-Komponente wird sehr erfolgreich mit Hilfe von Higgs-Bündeln untersucht. Aber dieser Ansatz zeigt nicht wirklich, was die Hitchin-Darstellungen von anderen Darstellungen unterscheidet. Dafür wurden aber verschiedene andere Ansätze und Beschreibungen in den letzten Jahren gefunden. Kombinatorisch: Ideen aus der Theorie der Cluster-Algebren liefern Koordinaten auf Darstellungsvarietäten so, dass Hitchin-Darstellungen als “positive Darstellungen” (jene mit positiven Koordinaten) beschrieben werden können. Dynamisch: Ideen aus der Theorie der geodätischen Flüsse führen zu einer Definition von “Anosov-Darstellungen” und es wurde bewiesen, dass die Hitchin-Darstellungen genau die “hyperkonvexen Anosov-Darstellungen” sind. Geometrisch beschrieben Choi und Goldman Hitchin-Darstellungen in G = PGL (3, {\mathbb R}) als diejenigen, die Holonomien konvexer projektive Strukturen sind. Es gibt weitere Ansätze für spezifische Lie-Gruppen, z.B. für einige komplexe Lie-Gruppen G werden Hitchin-Darstellungen als gewisse Invarianten maximierende “maximale Darstellungen” beschrieben.

Vom 10. bis 14. November fand am KIAS ein Workshop über “Geometrische Strukturen und Darstellungsvarietäten” statt, organisiert von Sungwoon Kim (Center of Mathematical Challenges) und Gyeseon Lee (Universität Heidelberg). Das Programm umfasste drei Minikurse: über Higgs Bündel (Ana Péon Nieto, Heidelberg), konvex projektive Strukturen (Sam Ballas, Santa Barbara) und maximale Darstellungen (Beatrice Pozzetti, ETH Zürich), und darüber hinaus eine Reihe von Einzelvorträgen. Wie zu erwarten, war der Workshop ein großer Erfolg mit interessanten Vorträgen, zum Nachdenken anregenden Diskussionen und erstaunlichen Einsichten. Dank an die Organisatoren und Teilnehmer!

5465b7cc684d9

Dieser Artikel ist eine Zweitverwertung (leicht redigierte Googleübersetzung) eines für unseren Instituts-Newsletters geschriebenen Reports.

Kommentare (11)

  1. #1 strahlenbiologe
    19. November 2014

    Nach “Darstellungen, d.h.” hab ich nichts mehr verstanden 🙂
    Wovon handelt der Artikel jetzt?

  2. #2 ulfi
    19. November 2014

    hab ein ähnliches problem. Ich kann zwar mit Homomorphismus und den meisten Grundvokabeln etwas anfangen, aber der Artikl wird zu schnell so spezifisch, dass man ihm leider nicht mehr folgen kann.

    Schade, und dabei hab ich eigentlich ein interesse daran, sowas zu verstehen..

  3. #3 naraesk
    19. November 2014

    +1, ohne jedes zweite Wort zu googlen kommt man leider nicht allzuweit. 🙁 Mag ja für einen Instituts-Newsletter ein super Text sein, aber für einen populärwissenschaftlichen Blog würden weniger Formeln und, wichtiger, mehr Erklärungen sehr gut tun.

  4. #4 rolak
    19. November 2014

    für einen populärwissenschaftlichen Blog

    Weil es PopularScienceBlogs heißt, naraesk, oder weil das eher Deiner Vorstellung entspricht?

    mehr Erklärungen

    Wie wäre es denn zB mit jener kleinen Reihe (Index am Artikel-Ende)?

  5. #5 ulfi
    19. November 2014

    @rolak
    Der Artikel handelt von Gruppentheorie und erst am Ende kommt Topologie am Rande vor. Lie-gruppen sind auch meines Wissens mehr in Differentialgeometrie anzutreffen (differenzierbare mannigfaltigkeiten etc), als in Topologie.

    Ich weiß nicht, was das angestrebte Niveau des Blogs ist, aber unterhalb eines Vorwissens von Diplom/Master-Mathe würde ich behaupten, dass es komplett unverständlich ist. Mit meinen lächerlichen 1,5 Jahren mathematik kann ich nichtmal abschätzen, ob nicht eventuell sogar noch mehr über das Studium hinausgehendes Vorwissen gebraucht wird.

    Und das ist in der Tat weit mehr als in anderen Blogs verlangt wird, die sich mehr als ein Tor in die Welt der Wissenschaft verstehen(aka Wissenschaftskommunikation)

  6. #6 naraesk
    20. November 2014

    @rolak: Ich kann leider nicht nachvollziehen, warum du dich offenbar so angegriffen fühlst. Ja, ich halte das für eine populärwissenschafltiche Plattform. Die Absätze in “Über ScienceBlog.de” betonen, dass das Ziel ist, Erkenntnisse aus der Wissenschaft der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Und wie nun schon mehrere geschrieben haben, wurde hier zwar ein wissenschaftlicher Text zugänglich gemacht, aber kaum Wissen/Erkenntnisse.

    Es verurteilt ja auch keiner den mathlog an sich. Ich habe viele der bisherigen Artikel gelesen und ich denke auch verstanden. Das waren auch entsprechend aufbereitete Artikel und keine Zweitverwertung eines fachinternen Textes. Letztere Form scheint mir für so einen Blog eben ungeeignet.

  7. #7 rolak
    20. November 2014

    kann leider nicht nachvollziehen, warum du dich offenbar so angegriffen fühlst.

    Das Einzige, was aktuell offenbar wird, naraesk, ist Deine Verwechslung von Annahme/Interpretation mit der Realität.
    Du machtest eine fragwürdige Aussage und bekamst eine Korrektur, Du fragtest nach Infos und bekamst einen link – und zu unhaltbaren statements wie

    betonen, dass das Ziel ist, Erkenntnisse aus der Wissenschaft der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen.

    kommt selbstverständlich ein ‘Wo denn bitte?’. Denn das dort tatsächlich stehende “Auf ScienceBlogs schreiben Forscher, was sie bewegt. Journalisten veröffentlichen unredigiert.” spricht eine ganz andere Sprache.
    Wolltest Du nur ne Runde rumtrollen?

  8. #8 Thilo
    20. November 2014

    Kein Grund, sich so aufzuregen. Es mag ja sein, dass der Artikel ohne entsprechende Vorkenntnisse nicht verständlich ist. Ich habe aber 1. nicht jede Woche Zeit, didaktisch ausgearbeitete Artikel zu verfassen und 2. spricht ja auch nichts dagegen, Artikel für unterschiedliche Leserbruppen einzustellen. Wen ein Artikel nicht interessiert, der klickt dann halt wiedér weg.

  9. #9 Kramser
    21. November 2014

    Für mich als Masterstudent der sich weder in Differentialgeometrie noch in Topologie spezialisiert hat (wobei ich in beiden Gebieten Vorlesungen besucht habe), hat der Artikel ein sehr gutes Niveau. Das gilt auch für viele andere Artikel auf diesem Blog, die mich schon einige Male dazu angeregt haben über diese Themen in Büchern nochmal genauer nachzulesen.

    An dieser Stelle also herzlichen Dank an den Blogbetreiber.

    Wie man sich darüber aufregen kann, dass ein Artikel in einem frei zugänglichen Internetportal mal für eine Zielgruppe geschrieben wird zu der man selbst nicht gehört, ist für mich auch nicht nachvollziehbar.

  10. #10 datAim
    1. Dezember 2014

    Hallo,

    1. für den Populärwissenschaftsliebhaber: Man kann mehr unter dem Thema Darstellungstheorie dazu finden (Für das was weiter unten steht, würde ich ein Mathematik-Studium empfehlen). Aber in der Mathematik gilt ja – das sollte auch jeder Leihe mal akzeptieren bevor er sich über die Unklarheit von mathematischen Texten aufregt oder wundert -: Hinter jedem Begriff der in einem mathematischen Text vorkommt, gibt es eine feste Definition und wenn in dieser Definition wieder Begriffe auftauchen, welche nicht klar sind, gibt es wieder eine zugehörige Definition. So ist es durchaus manchmal einfach notwendig, sich durch diese Definitionen zu schlängeln bis man ganz am Anfang angekommen ist. Das kann mühsam sein – gar keine Frage, aber grundsätzlich ist die Sicherheit, dass alles geklärt ist ein sehr entspannendes Gefühl (vgl. andere Wissenschaften). Die Mathematik ist über 2000 Jahre alt, viele Dinge haben sich wohlbedacht und mit viel viel viel Lebensenergie von wunderbaren Menschen dazu entwickelt wie sie sind. Die Mathematik darf es sich erlauben, Dinge nicht in einem Satz vollständig erklären zu müssen.

    Also, nimm die Begriffe her, tippe sie bei Google ein, schreibe Sie Dir auf, verstehe Beispiele überlege Dir selbst welche, dann ließt Du nicht nur moderne Mathematik, sondern betreibst und verstehst auch wie moderne Mathematik gespielt wird.

    2. Thilo, hat das oben eigentlich schon sehr schön gemacht :D.

    3. Menschen wie ich, die schon sehr viel Aufwand betrieben haben, derartige Dinge zu verstehen, sind froh auch mal einen Artikel zu lesen und nicht jedes Wort in (kaum zugänglichen) Büchern zu suchen oder Googeln zu müssen :D.

    cheers

  11. #11 WolfInSheepSkin
    2. Dezember 2014

    Also wenn man schon mal Matrixen beim rechnen benutzt hat sollte einem davon was bekannt vorkommen. Z.B. die Gruppe der Rotationen im R^3.