Bekanntlich kann man auch aus dem dümmsten Buch oder der dümmsten Geschichte noch etwas lernen, und sei es nur indirekt, dass man sich eine Frage stellt, auf die man bisher nicht kam.
Im “Fall Naidoo” war eines der besonders abgedrehten Zitate das mit den Zeitzonen:
Ich glaube nicht, daß die Greenwich-Zeit die richtige Zeit ist, daß die Zeitzonen rechtens sind. Warum steht nirgendwo in der Bibel, daß der Mond auch tagsüber geschienen hat.
Gut, vielleicht schien der Mond deshalb nicht tagsüber, weil definitionsgemäß “tagsüber” war wenn die Sonne schien. Andererseits: Uhren gibt es schon sehr lange, es ist doch aber sicher ausgeschlossen, dass es von einer internationalen Behörde festgelegte Zeitzonen schon im Mittelalter oder gar Altertum gegeben haben kann. Seit wann also gibt es die Zeitzonen?
Heutzutage kann man sowas ja bei Wikipedia nachschlagen. Die Zeitzonen enstanden erst mit dem Bau des Eisenbahnnetzes, der einheitlichen Fahrpläne wegen. Vorher war 12 Uhr dann, wenn die Sonne am höchsten stand – im jeweiligen Ort, was den Leuten vermutlich erst nach der Erfindung der Telegraphie wirklich bewußt wurde. München zum Beispiel war Berlin immer 7 Minuten hinterher.
Immerhin hat bisher noch kein katalanischer oder bayrischer Separatist die Wiedereinführung der eigenen Sonnenuhrzeit gefordert, wenn auch gelegentlich Spaniens Austritt aus der MEZ diskutiert wurde. Man fragt sich unwillkürlich, ob die gemeinsame europäische Uhrzeit damals im 19. Jahrhundert ähnliche Animositäten auslöste wie heute das gemeinsame Geld.
Mindestens auf Länderebene gab es solche Diskussionen tatsächlich auch im 20. Jahrhundert immer wieder. Die Niederlande kehrten 1909 zu ihrer eigenen Zeit zurück (GMT+0h 19m 32.13s, die Zeit der Westerkerk) und machten das erst in Folge des zweiten Weltkriegs wieder rückgängig. Südkorea führte 1954 seine eigene Zeit wieder ein und machte das 1961 rückgängig. Und Nordkorea hat seit dem August diesen Jahres wieder seine eigene Zeitzone.
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