Ein eher ungewöhnlicher Abstrakt findet sich heute über einem neuen Artikel auf dem ArXiv:

A 4-manifold is constructed with some curious metric properties; or maybe it is many 4-manifolds masquerading as one, which would explain why it looks curious. Anyway, knots in the 3-sphere with complete finite volume hyperbolic metrics on their complements play a role in this story.

Die flapsige Einleitung täuscht ein wenig: der Abstrakt gehört zu einer 150 Seiten langen ziemlich technischen neuen Arbeit. (Some 4-manifold geometry from hyperbolic knots in S3 von Clifford Taubes)

Es geht um Differentialstrukturen auf 4-dimensionalen Mannigfaltigkeiten, genauer um (potentiell) unterschiedliche Differentialstrukturen auf einer bestimmten 4-Mannigfaltigkeit.

Differentialstrukturen auf Mannigfaltigkeiten

Wir hatten hier nach dem Beweis der Kervaire-Vermutung und auch nach der Abelpreisverleihung an John Milnor mal über die Probleme mit der Differentialrechnung auf Sphären (und allgemeineren Mannigfaltigkeiten) geschrieben. Um das wichtigste noch mal kurz zu wiederholen:

Im ersten Semester oder schon in der Schule lernt man, daß es stetige Funktionen gibt, die nicht differenzierbar sind, z.B. die Betragsfuntion f(x)=IxI.
Andererseits läßt sich aber jede stetige Funktion durch eine beliebig kleine Änderung in eine differenzierbare Funktion “deformieren”, d.h. jede stetige Funktion ist homotop zu einer differenzierbaren. (Das ist allgemein bekannt, aber in der Literatur habe ich es nur an einer Stelle gefunden, nämlich als Hausaufgabe in Milnor’s bekanntem Buch “Topology from the differentiable viewpoint”.)

Eine Sphäre kann man bekanntlich durch Landkarten überdecken, so daß die “Koordinatenwechsel” zwischen den Karten stetig (und sogar differenzierbar) sind, vgl. TvF 10.

Das Bild zeigt eine Karte für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Nordpols).
Die Abbildung (die sogenannte stereographische Projektion) ist gegeben durch
φ1(x,y,z) = (x/(1-z),y/(1-z)).

Eine zweite Landkarte bekommt man für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Südpols) durch die Formel φ2(x,y,z) = (x/(1+z),y/(1+z)), d.h. man projiziert vom Südpol aus auf eine am Nordpol angebrachte Ebene.
(Diese beiden Landkarten überdecken die gesamte Sphäre.)

Wenn man jetzt auf der Sphäre Differentialrechnung betreiben (d.h. Funktionen f ableiten) will, wird man dies natürlich in den durch die Karten gegebenen Koordinaten tun (d.h. man leitet 1-1 bzw. 2-1 ab). Das ganze soll natürlich koordinaten-unabhängig sein: in denjenigen Punkten, die zu beiden Landkarten gehören, soll die Differenzierbarkeit einer Funktion nicht davon abhängen, welche der beiden Landkarten man als
Koordinatensystem verwendet. Mathematisch formuliert: die Differenzierbarkeit von 1-1 soll äquivalent zur Differenzierbarkeit von 2-1 sein.

Diese Bedingung ist aber genau dann erfüllt, wenn alle Koordinatenwechsel (hier: φ2φ1-1 und φ1φ2-1) differenzierbar sind, denn es ist ja 1-1=(fφ2-1)(φ2φ1-1), also wenn φ2φ1-1 differenzierbar ist, dann folgt Differenzierbarkeit von fφ1-1 aus Differenzierbarkeit von fφ2-1.

Langer Rede kurzer Sinn: damit man auf der Sphäre sinvoll Differentialrechnung betreiben kann, müssen die Koordinatenwechsel differenzierbar sein.

Für die beiden Karten oben ist das der Fall: sowohl φ2φ1-1 als φ1φ2-1 sind die Inversion am Einheitskreis und diese ist differenzierbar.

Eine Differentialstruktur auf der Sphäre ist, per Definition: eine Menge von Karten (die die gesamte Sphäre überdecken), so dass die Koordinatenwechsel differenzierbar sind.

Die beiden Karten oben definieren eine Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre. Jede andere Menge von Karten, die mit diesen beiden Karten kompatibel ist (d.h. die jeweiligen Koordinatenwechsel seien wieder differenzierbar) definiert dieselbe Differentialstruktur. (Und zwei Differentialstrukturen gelten als äquivalent, wenn sie sich durch einen Homöomorphimsus ineinander überführen lassen.)

Man kann sich nun fragen, ob diese Differentialstruktur auf der Sphäre die einzig mögliche ist. Also, ob es eine andere Überdeckung mit Karten gibt, die sich nicht durch einen Homöomorphismus in diese abbilden läßt, so daß die Koordinatenwechsel (zwischen Karten der einen Differentialstruktur und Karten der anderen Differentialstruktur) nicht differenzierbar sind. (Damit würde dann die Differenzierbarkeit einer Funktion davon abhängen, welche Koordinaten man verwendet.)

Eine solche andere Differentialstruktur gibt es auf der 2-dimensionalen Sphäre nicht. In höheren Dimensionen kann es aber unterschiedliche Differentialstrukturen geben, das historisch erste Beispiel waren die von John Milnor gefundenen 28 Differentialstrukturen auf der 7-dimensionalen Sphäre.

Dimension vier

Besonders kompliziert ist die Differentialrechnung in Dimension 4. Während höherdimensionale Sphären zwar unterschiedliche Differentialstrukturen haben können, aber stets nur endlich viele, wird in Dimension 4 vermutet, dass jede 4-dimensionale Mannigfaltigkeit unendlich viele Differentialstrukturen besitzt. Bewiesen ist das aber nur für kompliziertere 4-Mannigfaltigkeiten, für die 4-dimensionale Sphäre kennt man keine einzige exotische Differentialstrukturen. Auch für die komplexe Projektive Ebene CP2 kennt man noch keine exotischen Differentialstrukturen, wohl aber für ihre zusammenhängende Summe mit hinreichend vielen umgekehrt orientierten Kopien der komplexen projektiven Ebene.

K3-Flächen und hyperbolische Knoten

image
Taubes betrachtet nun folgende Konstruktion: in einer (4-dimensionalen) K3-Fläche schneidet er die Umgebung eines 2-dimensionalen Torus aus und klebt stattdessen eine Kopie von (S3-N(K))xS1 ein, wobei N(K) die Umgebung eines hyperbolischen Knotens in der 3-Sphäre ist.
Blue_Figure-Eight_Knot
Das kann man für jeden hyperbolischen Knoten machen und erstaunlicherweise sind die so konstruierten 4-Mannigfaltigkeiten alle homöomorph (topologisch gleich), nämlich zur zusammenhängenden Summe aus 3 positiv orientierten und 19 negativ orientierten Kopien der komplexen projektiven Ebene.

Unterscheiden hyperbolische Knoten die Differentialstrukturen?

Der Hauptteil von Taubes’ Arbeit besteht dann darin, zu zeigen, dass man aus den so konstruierten differenzierbaren 4-Manigfaltigkeiten die hyperbolischen Knoten zurückgewinnen kann. Nämlich, es gibt auf den 4-Mannigfaltigkeiten Folgen von Metriken mit bestimmten Eigenschaften (der Weylsche Krümmungstensor soll anti-selbstdual, d.h. schiefsyymetrisch, sein, außerdem haben alle Metriken das selbe Volumen und gleichmäßig in L2 beschränkten Riemannschen Krümmunstensor), deren Gromov-Hausdorff-Grenzwert gerade das Produkt des hyperbolischen Knotenkomplements mit der flachen S1 ist.

Das legt dann nahe, dass die unterschiedlichen Differentialstrukturen (auf dieser speziellen 4-Mannigfaltigkeit) durch die Menge der hyperbolischen Knoten parametrisiert werden könnte. Bisher ist allerdings noch nicht klar, ob die konstruierten Differentialstrukturen überhaupt alle unterschiedlich sind. Die Seiberg-Witten-Invarianten (sonst oft die einfachsten Invariante, mit der man Differentialstrukturen auf einer 4-Mannigfaltigkeit unterscheiden kann) ist jedenfalls in allen Fällen 0.

Clifford Henry Taubes (2016). Some 4-manifold geometry from hyperbolic knots in S^3 ArXiv arXiv: 1602.01687v1

Kommentare (16)

  1. #1 werner67
    6. Februar 2016

    Ich weiss schon, warum ich Chemie studiert habe… 😉

  2. #2 Frank Wappler
    https://Sin160.is.2Sin80Cos80.is.4Sin40.Cos40Cos80.is.8Sin20Cos20Cos40Cos80.is.Sin20
    6. Februar 2016

    Thilo schrieb (5. Februar 2016):
    > Eine Sphäre kann man bekanntlich durch Landkarten überdecken, so daß die “Koordinatenwechsel” zwischen den Karten stetig (und sogar differenzierbar) sind
    > Das Bild zeigt eine Karte für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Nordpols).
    Die Abbildung (die sogenannte stereographische Projektion) ist gegeben durch

    > \phi_1[~x, y, z~] = \{~x/(1 – z), y/(1 – z)~\}

    Wobei offenbar eine bestimmte Zuordnung der Koordinaten-Tupel „\{~x, y, z~\}“ zu den Elemente der Einheits-Sphäre vorausgesetzt wurde; insbesondere mit Koordinaten-Zuordnung „z[~\text{Nordpol}~] = 1“.

    > Eine zweite Landkarte bekommt man für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Südpols) durch die Formel
    > \phi_2[~x, y, z~] = \{~x/(1 + z), y/(1 + z)~\}

    > Eine Differentialstruktur auf der Sphäre ist, per Definition: eine Menge von Karten (die die gesamte Sphäre überdecken), so dass die Koordinatenwechsel differenzierbar sind.

    > Die beiden Karten oben definieren eine Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre. Jede andere Menge von Karten, die mit diesen beiden Karten kompatibel ist (d.h. die jeweiligen Koordinatenwechsel seien wieder differenzierbar) definiert dieselbe Differentialstruktur.

    > Man kann sich nun fragen, ob diese Differentialstruktur auf der Sphäre die einzig mögliche ist. Also, ob es eine andere Überdeckung mit Karten gibt, so daß die Koordinatenwechsel (zwischen Karten der einen Differentialstruktur und Karten der anderen Differentialstruktur) nicht differenzierbar sind. […] Eine solche andere Differentialstruktur gibt es auf der 2-dimensionalen Sphäre nicht.

    Aber sicherlich gibt es doch Karten („ für die Einheits-Sphäre“, hinsichtlich der selben Zuordnung von Koordinaten-Tupeln „\{~x, y, z~\}“ zu deren Elementen), die nicht zu den beiden oben beschriebenen Karten „kompatibel“ sind;
    vermutlich z.B. (um einen „noch ziemlich milden“ Fall zu skizzieren):
    \phi_m[~x, y, z~] = \{~x/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~})~\},
    wobei \text{sgn} die https://de.wikipedia.org/wiki/Vorzeichenfunktion sein soll.

    Und sicherlich gibt wiederum etliche Karten, die zur genannten \phi_mkompatibel“ sind;
    vermutlich z.B.
    \phi_p[~x, y, z~] = \{~x/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~})~\}.

    Falls so:
    Warum definieren diese Karten \phi_m, \phi_p, … nicht ihrerseits eine „ Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre, die anders als jene wäre, die durch \phi_1, \phi_2, … definiert ist?

  3. #3 Frank Wappler
    https://comment.preview.paradise
    6. Februar 2016

    Thilo schrieb (5. Februar 2016):
    > Eine Sphäre kann man bekanntlich durch Landkarten überdecken, so daß die “Koordinatenwechsel” zwischen den Karten stetig (und sogar differenzierbar) sind
    > Das Bild zeigt eine Karte für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Nordpols).
    Die Abbildung (die sogenannte stereographische Projektion) ist gegeben durch

    > \phi_1[~x, y, z~] = \{~x/(1 - z), y/(1 - z)~\}

    Wobei offenbar eine bestimmte Zuordnung der Koordinaten-Tupel „\{~x, y, z~\}“ zu den Elemente der Einheits-Sphäre vorausgesetzt wurde; insbesondere mit Koordinaten-Zuordnung „z[~\text{Nordpol}~] = 1“.

    > Eine zweite Landkarte bekommt man für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Südpols) durch die Formel
    > \phi_2[~x, y, z~] = \{~x/(1 + z), y/(1 + z)~\}

    > Eine Differentialstruktur auf der Sphäre ist, per Definition: eine Menge von Karten (die die gesamte Sphäre überdecken), so dass die Koordinatenwechsel differenzierbar sind.

    > Die beiden Karten oben definieren eine Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre. Jede andere Menge von Karten, die mit diesen beiden Karten kompatibel ist (d.h. die jeweiligen Koordinatenwechsel seien wieder differenzierbar) definiert dieselbe Differentialstruktur.

    > Man kann sich nun fragen, ob diese Differentialstruktur auf der Sphäre die einzig mögliche ist. Also, ob es eine andere Überdeckung mit Karten gibt, so daß die Koordinatenwechsel (zwischen Karten der einen Differentialstruktur und Karten der anderen Differentialstruktur) nicht differenzierbar sind. […] Eine solche andere Differentialstruktur gibt es auf der 2-dimensionalen Sphäre nicht.

    Aber sicherlich gibt es doch Karten („ für die Einheits-Sphäre“, hinsichtlich der selben Zuordnung von Koordinaten-Tupeln „\{~x, y, z~\}“ zu deren Elementen), die nicht zu den beiden oben beschriebenen Karten „kompatibel“ sind;
    vermutlich z.B. (um einen „noch ziemlich milden“ Fall zu skizzieren):
    \phi_m[~x, y, z~] = \{~x/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~})~\},
    wobei \text{sgn} die https://de.wikipedia.org/wiki/Vorzeichenfunktion sein soll.

    Und sicherlich gibt wiederum etliche Karten, die zu genannten \phi_mkompatibel“ sind;
    vermutlich z.B.
    \phi_p[~x, y, z~] = \{~x/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~})~\}.

    Falls so:
    Warum definieren diese Karten \phi_m, \phi_p, ... nicht ihrerseits eine „ Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre, die anders als jene wäre, die durch \phi_1, \phi_2, ... definiert ist?

  4. #4 Frank Wappler
    https://Sin160.is.2Sin80Cos80.is.4Sin40.Cos40Cos80.is.8Sin20Cos20Cos40Cos80.is.Sin20
    6. Februar 2016

    Thilo schrieb (5. Februar 2016):
    > Eine Sphäre kann man bekanntlich durch Landkarten überdecken, so daß die “Koordinatenwechsel” zwischen den Karten stetig (und sogar differenzierbar) sind
    > Das Bild zeigt eine Karte für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Nordpols).
    Die Abbildung (die sogenannte stereographische Projektion) ist gegeben durch

    > \phi_1[~x, y, z~] = \{~x/(1 - z), y/(1 - z)~\}

    Wobei offenbar eine bestimmte Zuordnung der Koordinaten-Tupel „\{~x, y, z~\}“ zu den Elemente der Einheits-Sphäre vorausgesetzt wurde; insbesondere mit Koordinaten-Zuordnung „z[~\text{Nordpol}~] = 1“.

    > Eine zweite Landkarte bekommt man für die Einheits-Sphäre (mit Ausnahme des Südpols) durch die Formel
    > \phi_2[~x, y, z~] = \{~x/(1 + z), y/(1 + z)~\}

    > Eine Differentialstruktur auf der Sphäre ist, per Definition: eine Menge von Karten (die die gesamte Sphäre überdecken), so dass die Koordinatenwechsel differenzierbar sind.

    > Die beiden Karten oben definieren eine Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre. Jede andere Menge von Karten, die mit diesen beiden Karten kompatibel ist (d.h. die jeweiligen Koordinatenwechsel seien wieder differenzierbar) definiert dieselbe Differentialstruktur.

    > Man kann sich nun fragen, ob diese Differentialstruktur auf der Sphäre die einzig mögliche ist. Also, ob es eine andere Überdeckung mit Karten gibt, so daß die Koordinatenwechsel (zwischen Karten der einen Differentialstruktur und Karten der anderen Differentialstruktur) nicht differenzierbar sind. […] Eine solche andere Differentialstruktur gibt es auf der 2-dimensionalen Sphäre nicht.

    Aber sicherlich gibt es doch Karten („ für die Einheits-Sphäre“, hinsichtlich der selben Zuordnung von Koordinaten-Tupeln „\{~x, y, z~\}“ zu deren Elementen), die nicht zu den beiden oben beschriebenen Karten „kompatibel“ sind;
    vermutlich z.B. (um einen „noch ziemlich milden“ Fall zu skizzieren):
    \phi_m[~x, y, z~] = \{~x/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 - \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z})~\},
    wobei \text{sgn} die https://de.wikipedia.org/wiki/Vorzeichenfunktion sein soll.

    Und sicherlich gibt wiederum etliche Karten, die zu genannten \phi_mkompatibel“ sind;
    vermutlich z.B.
    \phi_p[~x, y, z~] = \{~x/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z}), y/(1 + \text{sgn}[~z~]~\sqrt{ \text{sgn}[~z~] ~z})~\}.

    Falls so:
    Warum definieren diese Karten \phi_m, \phi_p, ... nicht ihrerseits eine „ Differentialstruktur auf der 2-dimensionalen Sphäre, die anders als jene wäre, die durch \phi_1, \phi_2, ... definiert ist?

  5. #5 Thilo
    6. Februar 2016

    Ohne es nachgerechnet zu haben vermute ich aber, dass der neue Atlas sich durch einen Homöomorphismus in den anderen überführen läßt.

  6. #6 Kurt Behnke
    Viersen
    7. Februar 2016

    Wenn durch die angegebenen Karten ein differenzierterer Atlas auf S^2 gegeben wird, ist er äquivalent zu den Standard-Karten. Das ist in Dimension 2 so. Auch wenn es nicht immer direkt nachgerechnet werden kann (Karten-Abbildungen, die nur C^1 oder maximal C^\infty sind, können beliebig häßlich aussehen). Die Strukturaufspaltung in Dimension 2 erfolgt erst bei Betrachten von harmonischen oder analytische Strukturen (Modulräume).

  7. #7 Kurt Behnke
    Viersen
    7. Februar 2016

    Nachbemerkung: Clifford Taubes ist durchaus ein absolutes Schwergewicht in der Differential-Topologie und – Geometrie.

    Die schöne Idee des Verklebens von Rändern von eingebetteten Knoten ist übrigens nicht wirklich neu – schon in den Arbeiten von Reidemeister und anderen in den 20er Jahren lieferten sie den Schlüssel zur Konstruktion exotischer Mannigfaltigkeiten. Und letztlich ist die sog. Chirurgie, also das Hauptinstrument der Differentialtopologen, im Wesentlichen nichts Anderes.

  8. #8 Frank Wappler
    7. Februar 2016

    Thilo schrieb (#5, 6. Februar 2016):
    > Ohne es nachgerechnet zu haben vermute ich aber, dass der neue Atlas sich durch einen Homöomorphismus in den anderen überführen läßt.

    Tja, sicherlich …
    Ach so:

    Thilo schrieb (5. Februar 2016):
    > (Und zwei Differentialstrukturen gelten als äquivalent, wenn sie sich durch einen Homöomorphimsus ineinander überführen lassen.)

    Wenn also die oben skizzierten beiden Atlanten bzw. Differentialstrukturen \{ \phi_1, \phi_2 \} und \{ \phi_m, \phi_p \} als “äquivalent” gelten (weil sich der eine in den anderen bijektiv und stetig und umkehrbar überführen lässt),

    ist es dennoch richtig verstanden, dass (z.B.) die Karten \phi_1 und \phi_m nichtkompatibel” sind, d.h. dass die entsprechenden “Koordinatenwechsel nicht differenzierbar” sind
    ?

    Insbesondere existiert ja die Ableitung

    \frac{\text{d}}{\text{d}z}\left[~\text{sgn}[~z~]~\sqrt{\text{sgn}[~z~]~z}~\right]

    offenbar nicht an der Stelle z = 0.

  9. #9 Thilo
    7. Februar 2016

    @Frank Wappler

    Man kann zum Beispiel auf R^1 einen Atlas definieren durch eine Karte f(x)=x^3. Diese Karte ist nicht kompatibel zum ursprünglichen Atlas, die Atlanten sind aber äquivalent: durch den Homöomorphismus f.

    Ich habe jetzt nicht die Muße, Ihre Beispieel nachzurechnen, aber wahrscheinlich ist es da auch so.

  10. #10 MisterX
    8. Februar 2016

    Es ist nicht mal klar das es ein Objekt wie ein einen Atlas überhaupt gibt. Objekte die die größe des Kontinuums haben oder größer sind sind philosophisch eher fragwürdig weil so eine große Menge unentscheidbare Frage aufwirft. Literatur: Paul Cohen “Set Theory and the Continuum Hypothesis” Bei der er zu dem Schluß kommt das Mengen die die größe des Kontinuums haben, keine wirklich fest definierten Eigenschaften wie z.B. die ganzen Zahlen haben.

  11. #11 Kurt Behnke
    Viersen
    8. Februar 2016

    @Mr. X: das ist denn doch etwas über das Ziel hinausgeschossen. Dann dürften wir uns ja auch nicht mit realen und komplexen Zahlen beschäftigen. Die Unentscheidbarkeit der Kontinuumshypothese nach Cohen betrifft ja lediglich die Vergleichbarkeit von Kardinalzahlen und nicht die Wohldefiniertheit von Mengen.

    Ansonsten noch mal zu obigem Disput: Die Isomorphie von differenzierbaren Atlanten mittels direktem Nachrechnen der Differenzierbarkeit von “gemischten” Koordinatentransformationen nachzurechnen, ist ein mehr oder weniger sinnloses Unterfangen. Wenn es gelingt, sind die beiden Atlanten einfach identisch. Ohnehin muss nicht nur eine einzelne Karte oder eine Überdeckung durch Karten betrachtet werden, sondern alle damit in der entsprechenden $C^k$ Klasse kompatiblen Karten. Es gilt also einen topologischen Isomorphismus (= Homöomorphismus) zu stiften, der durch Komposition in beiden Richtungen Karten des einen Atlas in Karten des anderen Atlas überführt. Bei dem insoweit richtigen Einwurf, es handle sich bei Atlanten um überabzählbare “Gebilde” ein offensichtliches Problem.

    Der Nachweis geschieht weit subtiler über geeignete Invarianten und zum Teil harte Analysis, sprengt aber hier natürlich den Rahmen.

  12. #12 Frank Wappler
    https://find.a.way--or.make.one
    10. Februar 2016

    Thilo schrieb (#9, 7. Februar 2016):
    > Man kann zum Beispiel auf R^1 einen Atlas definieren durch eine Karte f(x)=x^3. Diese Karte ist nicht kompatibel zum ursprünglichen Atlas, die Atlanten sind aber äquivalent: durch den Homöomorphismus f.

    Wobei es sich wohl versteht, dass der „ursprüngliche Atlas“ aus der „Karte x“ (oder meinetwegen
    „g[ x ] = x“) bestanden haben soll. (Man könnte diesen „ursprünglichen Atlas“ demnach wohl auch als „Identitätsatlas“ bezeichnen.)

    So weit, so gut: Es ist eben Konvention/Jargon bzw. Gewöhnungssache, dass die Worte „kompatibel“ und „equivalent“ in diesem Zusammenhang genau in diesem Sinne benutzt werden.

    (Ich tendiere gewohnheitsmäßig eher dazu, diese Worte in umgekehrten Sinne einzusetzen; also z.B. zu sagen: „der eingewechselte Spieler ist zwar nicht äquivalent zum ausgewechselten, sondern z.B. erfahrener und durchsetzungsstärker, aber (dennoch immerhin) kompatibel hinsichtlich der Position, auf der beide spielen, bzw. kompatibel hinsichtlich ihrer sportlichen Aufgabe (in der Mannschaft).)

    Aber mir geht es natürlich nicht darum, die oben dargelegte begriffliche Konvention zu kritisieren oder gar ändern zu wollen. Unter dieser ausdrücklichen Maßgabe habe ich mir die Sache nun nochmals gründlicher überlegt; und ich glaube, dass ich das, was mich vorher eher intuitiv beunruhigte, nun deutlicher erkenne und
    (ausdrücklich unter Beachtung und Anwendung der genannten begrifflichen Konvention) formulieren kann:

    Die Begriffe „Atlas“ und insbesondere „Karte“ beruhen doch auf Homöomorphismen zwischen offenen Mengen der gegebenen Mannigfaltigkeit und offenen Mengen des R^n; vgl.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Atlas_(Mathematik)#Definition

    Und: Laut dem obigen ScienceBlog-Beitrag (Milnor) gibt es zu bestimmten gegebenen Mannigfaltigkeiten jeweils mehrere verschiedene Atlanten, die zueinander nicht äquivalent sind, die also nicht paarweise durch einen Homöomorphismus (zumindest „insgesamt“, „im Großen und Ganzen“) aufeinander abzubilden sind.

    Das für mich Beunruhigende:
    Sind Homöomorphismen zwischen Atlanten in bestimmten Fällen also etwa
    – nicht transitiv,
    – nicht umkehrbar, und/oder
    – „qualitativ verschieden von Homöomorphismen zwischen einfachen Karten bzw. einfachen offenen Mengen“
    (oder anders ausgedrückt: „im Großen mehr als die Summe ihrer Teile“)
    ??

    (Meine damit verbundene überraschende Einsicht ist:
    gegenseitige Kompatibiliät/Differenzierbarkeit spielt bei der Argumentation offenbar gar keine Rolle; denn die ist schon für äquivalente Atlanten offensichtlich gar nicht relevant, also erst recht nicht für Atlanten, die nicht äquivalent sein sollen.)

    p.s.
    Vielleicht ist meine beschriebene Beunruhigung ja nicht mehr und nicht weniger als der Anfang meines eventuellen allmählichen Begreifens der besonderen Bedeutung der Resultate von Milnor und folgenden.
    Anlass genug für mich, um mal die Seite 2 dieses ScienceBlog-Beitrags aufzublättern:

    > (der Weylsche Krümmungstensor soll anti-selbstdual, d.h. […???…], sein, außerdem haben alle Metriken das selbe Volumen und gleichmäßig in L<sup>2</sup> beschränkten Riemannschen […???…])

  13. #13 Thilo
    13. Februar 2016

    Die Äquivalenz zweier Atlanten heißt nicht nur, dass die jeweiligen Karten zueinander homöomorph sind, sondern dass es einen Homöomorphismus der gesamten Mannigfaltigkeit gibt, der den einen Atlas in den anderen abbildet.

  14. #14 Frank Wappler
    https://distinctiveness.is.not.to.be.claimed.without.necessecity--nor.without.acknowledgement
    15. Februar 2016

    Thilo schrieb (#13, 13. Februar 2016):
    > […] dass es einen Homöomorphismus der gesamten Mannigfaltigkeit gibt, der den einen Atlas in den anderen abbildet.

    Das ist bei aller Kürze ganz gut erklärt;
    ich kann ja hiermit versuchen eine Rückmeldung zu geben, anhand der erkennbar wäre, ob ich das soweit verstanden habe:

    Gegeben zwei Mengen, S und T, sowie eine bijektive Funktion
    f : S \longleftrightarrow T,

    und darüberhinaus gegeben Topologien {\mathcal {S}} \subset {\text{Powerset}}[~S~] und {\mathcal {T}} \subset {\text{Powerset}}[~T~]

    dann ist die Forderung (genannt “Stetigkeit”):

    \forall F \in {\mathcal {S}} \exists J in {\mathcal {T}} ~|
    \left( (x \in F) \iff (f[~x~] \in J) \right) && \left( (y \in J) \iff (f^{-1}[~y~] \in F) \right)

    nicht das Selbe wie die Forderung:

    \forall s \in S \exists G \in {\mathcal {S}}, s \in G && \exists K \in {\mathcal {T}}, f[~s~] \in K ~|
    \left( \forall F \in {\mathcal {S}}, F \subseteq G \exists J in {\mathcal {T}}, J \subseteq K ~| (x \in F) \iff (f[~x~] \in J) \right) &&
    \left( \forall J \in {\mathcal {T}}, J \subseteq K \exists F in {\mathcal {S}}, F \subseteq G ~| (y \in J) \iff (f^{-1}[~x~] \in F) \right).

    Daraus ergeben sich (für mich) aber zwei Folge-Fragen:

    Gibt es einen Namen für die zweite Forderung (wenn sie denn ausdrücklich nicht “Stetigkeit” genannt werden soll)?

    Und:
    Gibt es einen Namen für Atlanten einer gegebenen Mannigfaltigkeit, für die ein Homöomorphismus zur gesamten Mannigfaltigkeit besteht?

  15. #15 Frank Wappler
    https://distinctiveness.is.not.to.be.claimed.without.necessecity--nor.without.acknowledgement
    15. Februar 2016

    Thilo schrieb (#13, 13. Februar 2016):
    > […] dass es einen Homöomorphismus der gesamten Mannigfaltigkeit gibt, der den einen Atlas in den anderen abbildet.

    Das ist bei aller Kürze ganz gut erklärt;
    ich kann ja hiermit versuchen eine Rückmeldung zu geben, anhand der erkennbar wäre, ob ich das soweit verstanden habe:

    Gegeben zwei Mengen, S und T, sowie eine bijektive Funktion
    f : S \longleftrightarrow T,

    und darüberhinaus gegeben Topologien {\mathcal {S}} \subset {\text{Powerset}}[~S~] und {\mathcal {T}} \subset {\text{Powerset}}[~T~]

    dann ist die Forderung (genannt “Stetigkeit”):

    \forall F \in {\mathcal {S}} \exists J \in {\mathcal {T}} ~|
    \left( (x \in F) \Longleftrightarrow (f[~x~] \in J) \right) \&\& \left( (y \in J) \Longleftrightarrow (f^{-1}[~y~] \in F) \right)

    nicht das Selbe wie die Forderung:

    \forall s \in S \exists G \in {\mathcal {S}}, s \in G \&\& \exists K \in {\mathcal {T}}, f[~s~] \in K ~|
    \left( \forall F \in {\mathcal {S}}, F \subseteq G \exists J in {\mathcal {T}}, J \subseteq K ~| (x \in F) \Longleftrightarrow (f[~x~] \in J) \right) \&\&
    \left( \forall J \in {\mathcal {T}}, J \subseteq K \exists F in {\mathcal {S}}, F \subseteq G ~| (y \in J) \Longleftrightarrow (f^{-1}[~x~] \in F) \right).

    Daraus ergeben sich (für mich) aber zwei Folge-Fragen:

    Gibt es einen Namen für die zweite Forderung (wenn sie denn ausdrücklich nicht “Stetigkeit” genannt werden soll)?

    Und:
    Gibt es einen Namen für Atlanten einer gegebenen Mannigfaltigkeit, für die ein Homöomorphismus zur gesamten Mannigfaltigkeit besteht?

  16. #16 Frank Wappler
    https://distinctiveness.is.not.to.be.claimed.without.necessecity--nor.without.acknowledgement
    15. Februar 2016

    Thilo schrieb (#13, 13. Februar 2016):
    > […] dass es einen Homöomorphismus der gesamten Mannigfaltigkeit gibt, der den einen Atlas in den anderen abbildet.

    Das ist bei aller Kürze ganz gut erklärt;
    ich kann ja hiermit versuchen eine Rückmeldung zu geben, anhand der erkennbar wäre, ob ich das soweit verstanden habe:

    Gegeben zwei Mengen, S und T, sowie eine bijektive Funktion
    f : S \longleftrightarrow T,

    und darüberhinaus gegeben Topologien {\mathcal {S}} \subset {\text{Powerset}}[~S~] und {\mathcal {T}} \subset {\text{Powerset}}[~T~]

    dann ist die Forderung (genannt “Stetigkeit”):

    \forall F \in {\mathcal {S}} ~~~\exists J \in {\mathcal {T}} ~|
    \left( (x \in F) \Longleftrightarrow (f[~x~] \in J) \right) ~~\&\&~~ \left( (y \in J) \Longleftrightarrow (f^{-1}[~y~] \in F) \right)

    nicht das Selbe wie die Forderung:

    \forall s \in S ~~~\exists G \in {\mathcal {S}}, s \in G ~~\&\&~~ \exists K \in {\mathcal {T}}, f[~s~] \in K ~|
    \left( \forall F \in {\mathcal {S}}, F \subseteq G ~~~\exists J \in {\mathcal {T}}, J \subseteq K ~| (x \in F) \Longleftrightarrow (f[~x~] \in J) \right) ~~\&\&
    \left( \forall J \in {\mathcal {T}}, J \subseteq K ~~~\exists F \in {\mathcal {S}}, F \subseteq G ~| (y \in J) \Longleftrightarrow (f^{-1}[~x~] \in F) \right).

    Daraus ergeben sich (für mich) aber zwei Folge-Fragen:

    Gibt es einen Namen für die zweite Forderung (wenn sie denn ausdrücklich nicht “Stetigkeit” genannt werden soll)?

    Und:
    Gibt es einen Namen für Atlanten einer gegebenen Mannigfaltigkeit, für die ein Homöomorphismus zur gesamten Mannigfaltigkeit besteht?