Die Gaußsche Korrelationsungleichung wird gerne mit einem Dartspiel erklärt: wenn man auf zwei konzentrische Formen wirft, dann ist die Wahrscheinlichkeit beide gleichzeitig zu treffen mindestens so groß wie das Produkt der beiden einzelnen Wahrscheinlichkeiten.
Ein bei der WELT erschienener Artikel Deutscher Experte löst jahrzehntealtes Mathe-Rätsel erklärt die Gaußsche Korrelationsungleichung mit dem folgenden Bild:
Bemerkenswert ist der fett gedruckte Teil der Erläuterung: Durch Überlappung der Formen steigt die Wahrscheinlichkeit (P), dass beide getroffen werden.
Das ist natürlich nicht falsch, denn wenn sich die Formen nicht überlappen würden, dann könnte man nicht beide gleichzeitig treffen – mithin wäre die Wahrscheinlichkeit Null.
Es ist aber Unsinn, denn natürlich ist diese Trivialität nicht die Aussage der Gaußsche Korrelationsungleichung. (In der mathematischen Formulierung der Ungleichung wird vorausgesetzt, dass die beiden Formen symmetrisch um den Nullpunkt und außerdem konvex sind. Insbesondere liegt der Nullpunkt in beiden, das “Überlappen” ist also Teil der Voraussetzung.)
Ebenso verwirrend ist aber das Bild selbst: der Kreis dort ist vollständig im Quadrat enthalten, damit ist die Wahrscheinlichkeit beide zu treffen genau so groß wie die Wahrscheinlichkeit nur den Kreis zu treffen und die Gaußsche Korrelationsungleichung folgt einfach aus der trivialen Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit das Quadrat zu treffen höchstens 1 ist.
Also kein gutes Bild, um die Ungleichung zu illustrieren. Man fragt sich, warum das als Quelle angegebene Quanta Magazine zu diesem Bild gegriffen haben sollte. Das hat es aber gar nicht: das Bild im Artikel A Long-Sought Proof, Found and Almost Lost sieht in Wirklichkeit so aus:
Dort überlappen sich Kreis und Rechteck also wirklich und es ist nicht das eine im anderen enthalten. Die WELT fand anscheinend die Darstellung des Quanta Magazines zu kompliziert und wollte sie durch eine einfachere ersetzen.
Ein anderes Bild wiederum verwendet der Artikel Der Wunderopa der Mathematik auf SPIEGEL Online:
Hier ist das Problem, dass ein Dreieck nicht zentralsymmetrisch bzgl. des Nullpunktes sein kann und mithin die Voraussetzungen der Gaußschen Korrelationsungleichung nicht erfüllt, also nicht für deren Illustrierung geeignet ist. (Nachtrag 11.4.: das Bild wurde inzwischen korrigiert.)
Mit Dank an Thomas Royen für den Hinweis und Günter Ziegler für die Weiterleitung.
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