Im alltäglichen Leben ist die Mathematik zu absolut nichts zu gebrauchen (“dans la vie quotidienne, les maths ne servent strictement à rien”) – so Luc Ferry, ehemaliger französischer Minister und Autor von Ratgeberbüchern wie Leben lernen: Eine philosophische Gebrauchsanweisung, in einem Interview am Donnerstag:
Anlaß für diese Äußerung war ein am Montag von Bildungsminister Blanquer, Cédric Villani und Generalinspektor Torossian vorgestellter Bericht über die mathematischen Defizite französischer Schüler – durch den sich Ferry (Bildungsminister 2002-04) wohl persönlich angesprochen fühlte – sowie die ebenfalls am Montag von Villani und seinen Mitstreitern vorgeschlagenen 21 Punkte, um die Mathematikausbildung und die Einstellung der Schüler zur Mathematik zu verbessern.
Die Vorschläge sind natürlich nicht besonders spektakulär: die Grundrechenarten sollen bereits in der Vorschule gelehrt werden, die Schulen sollen wieder Rechenverfahren „par des pratiques rituelles“ lehren, also Kopfrechnen, symbolisches Rechnen und auch Beweise, und in der Lehrerausbildung soll der fachliche Aspekt wieder eine größere Rolle spielen. Als Vorbild wird die Mathematikausbildung in Singapur genannt.
Bemerkenswert ist, was der Bericht zur Einstellung der Schüler konstatiert. Die Mathematik sei zur Königsdisziplin geworden, wenn es um den Zugang zu den besten Schulen ginge, und ihr „symbolisches Gewicht“ übersteige bei weitem ihr „reales Gewicht“. Diese Dominanz führe zu einem weitverbreiteten Bewußtsein von Wertlosigkeit schon bei 7-Jährigen, die sich als „nuls en maths“ bezeichnen.
Übrigens hat Villani vorgestern auch prompt auf Ferry’s Äußerungen reagiert: „Das deduktive Denken nutzt auf eine nicht greifbare, unbewußte Weise. […] Es ist nicht das mathematische Resultat, das im Alltag von Nutzen ist, sondern der Weg dorthin.“
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