Ein Leser hat mich auf zwei aktuelle Beiträge in der Süddeutschen Zeitung zum Thema “Mathematik in der Schule” aufmerksam gemacht. Der eine ist ein Interview mit Janko Latschev (Differentialgeometrie-Professor in Hamburg), der andere eine Sammlung von Anekdoten, die die Mitarbeiter der SZ über ihren Mathematik-Unterricht in der Schule erzählen. Während mir beim zweiten Beitrag nicht recht klar ist, was man daraus lernen soll (außer dass spätere Zeitungsmitarbeiter selten etwas mit Mathematik anfangen konnten, was ich so nicht unbedingt erwartet hätte), ist der erste Beitrag – das Interview – wirklich sehr lesenswert, nicht zuletzt, weil es immer sehr schnell auf den Punkt kommt und die in Interviews zur Mathematikdidaktik sonst üblichen Gemeinplätze komplett draußenbleiben.

Erläutert werden in dem Interview die Ergebnisse einer Expertenkomission zum Mathematikunterricht in Hamburg. Die Komission will mehr Fachlichkeit in der Lehrerausbildung und im Schulunterricht, mehr Unterrichtszeit, Klassenarbeiten und Lehrerfortbildungen, und eine stärkere Förderung begabter und schwächerer Schüler auch zur Vorbeugung sozialer Ungerechtigkeit. Warum und was das im Einzelnen heißen soll, erfährt man kurz und knapp im Interview.

Kommentare (17)

  1. #1 Rene Grothmann
    Eichstätt
    12. Dezember 2018

    Er fordert mehr Klausuren pro Semester und mehr Theorie, weniger Anwendung. Ist halt ein reiner Mathematiker. Das soll mehr Freude an der Mathematik bringen? Und dann noch mehr Fachwissen, weniger Didaktik. Übersetzung: Differentialgeometrie statt Geometrie. Ne.

  2. #2 Rene Grothmann
    12. Dezember 2018

    Ich vergaß: Hinsichtlich des “Abladens bei den Eltern” hat er wohl recht. Aber was bedeutet das genau für die Schule? Betreute Nachmittage? Ganztagsschule? Oder Üben in der bisherigen Unterrichtszeit? Darüber muss man doch dann auch nachdenken. Und bietet er eine Betreuung der Übungsbearbeitung seiner Vorlesung an?

  3. #3 christ
    12. Dezember 2018

    Als ex-Mathelehrer und Opa von einem Matheschüler 3. Klasse, kann ich mit ein paar Gedanken aufwarten.
    1. Zielgruppe: Eltern und Lehramtsanfänger
    Es geht jetzt nicht um mathematisch begabte Kinder, die trotz Lehrer Mathematik erlernen.
    Es geht um schwach- bis mittelmäßig Begabte. Für die ist die Anschauung und Anwendung von Mathematik notwendig. Für die Grundschule also der Umgang mit praktischem Lernmaterial.
    Kein Taschenrechner !!
    Für die Mittelstufe immer der Bezug zur Physik, warum man Gleichungen aufstellt und welchen praktischen Nutzen sie haben.
    Die Anwendung steht vor den mathematischen Einsichten (siehe Zielgruppe)
    Taschenrechner ist wünschenswert !

    2. Lehrerausbildung
    Hier ist es wichtig, dass auch Grundschullehrer/innen eine Grundausbildung bekommen. Es geht nämlich nicht nur darum, dass Schüler eine normgerechte Lösung finden, sondern dass auch die Schüler erkannt werden, und das sind die Hochbegabten, die einen anderen genialen Lösungsweg finden, den die Lehrkraft aber nicht erkennt und als falsch wertet. Das ist eine echte Tragödie.

    3. Organisation
    Grundsatz: Was nicht in der Schule gemacht ist, ist nicht gemacht. Die Eltern sind nicht die Zivis der Schule. Hausaufgaben vermeiden, sonst kommt das Drama mit den Strafen für nichtgemachte Aufgaben. Und das benötigt genausoviel Zeit wie wenn mann die aufgaben in der Schule lösen lässt.
    Nur so viel zum Anfang.

  4. #4 michael
    12. Dezember 2018

    Bei den Topposts von WordPress stats kommt dieser
    Eintrag auf Platz 2 und auf Platz 4. Wie geht das denn?

    Was macht die 1 im Nenner?
    Mathematik-Unterricht
    Algorithmus für Scherenkongruenzen
    Mathematik-Unterricht
    Zahnstocher
    1+2+3+4+5+6+… = -1/12

  5. #5 Quanteder
    12. Dezember 2018

    Hier ein Mathe-Test besonderer Art: https://halbtagsblog.de/schule/mathematik-ist-wie-dieses-bild/#comment-11144

    Der Einfluss von Zeit scheint für das eigene Mathe-Verständnis eine besondere Rolle zu spielen. Sicher kann die Physik eine Hilfestellung geben: auch Zeit soll gequantelt vorliegen.

  6. #6 rolak
    12. Dezember 2018

    Wie geht das denn?

    Ganz einfach, michael.

  7. #7 Quanteder
    12. Dezember 2018

    #5
    Interessant auch die vielen Praxismeinungen. Wer ein bisschen scrollt, der findet einen interessanten Meinungsaustausch: Noumenon sagt am 17. Juli 2012 um 22:37 Uhr …

  8. #8 rolak
    12. Dezember 2018

    #5

    ‘#5 lebt’, kenn ich, Quanteder, doch wer belebt denn sich selber als von sich selbst Angesprochenen? Erinnert an Zeltingers ‘fühle mich nie allein‘…

  9. #9 Quanteder
    13. Dezember 2018

    #8
    https://www.discretization.de/en/ => discrete Berlin Buddy Bear®
    Was sagt rolak hierzu? Hören würde ich gerne was Zeilinge3r dazu sagen könnte.

  10. #10 Laie
    14. Dezember 2018

    @christ, #3
    Punkt 2 und 3 sind wichtige persönliche Eigenschaften, die man (vielleicht) nicht in der Lehrerausbildung lernt. Grauenhaft sind ‘Lehrer’, die den Beruf nicht aus Freude am Weitergeben und Qualifizieren von Kindern und Jugendlichen ausüben, sondern lediglich, weil es ein relativ ‘sicherer Job ist’.

    Dazu ergänzend noch folgender Link, der mit Empathie zu tun hat.
    https://sz-magazin.sueddeutsche.de/grosse-pause-mit-frau-w/der-junge-der-so-unendlich-traurig-war-86460


    Noch der Witz des Tages: Mit ‘Digitalisierung’ wird alles besser…

  11. #11 christ
    14. Dezember 2018

    Laie
    der Traurige Junge ist kein Einzelfall, das ist eigentlich die Realität. Manche Kinder verarbeiten ihr Trauma, indem sie sich sperren, auf Deutsch , sie sind ekelhaft. Auf die Dauer hält das kein Mensch aus, auch nicht der Wohlmeinendste. Das muss man dem Kind klarmachen. Nur so kommt es aus dem Schneckenhaus heraus.
    Was die Digitalisierung betrifft, da hat sich schon wieder so ein Schlagwort gebildet, bei dem sich jeder etwas anderes vorstellt. Wenn man damit meint, dass man jetzt einen Taschenrechner benutzen darf, dann ist das o.k.
    Viele denken da an Apps, die das Lernen erleichtern oder sogar überflüssig machen sollen/können?
    Darin steckt die eigentliche Gefahr. Ein gut ausgerüsteter Computerraum bringt nicht automatisch gut gebildete Kinder hervor. Eher das Gegenteil.
    Was Not tut ist Medienpädagogik, weil hier mathematisches Fachwissen und Informatikwissen gleichermaßen gefordert sind. Ich meine, wir kommen da an die Grenze des Machbaren.

  12. #12 Bbr
    16. Dezember 2018

    @quanteder, #7.

    Dem Beitrag von Nouemon stimme ich zu 100 % zu.

    Und ich sehe in diesem Bild auch nichts. Und werde jetzt das einzig vernünftige tun: Aufgeben. Da haben doch laut Forum tatsächlich Leute einen Tag ihres wertvollen Lebens verschwendet, um den versprochenen Aha-Effekt zu erzielen, der dann doch nicht kam. Und entsprechend kann man auch keinem Schüler übel nehmen, dass er bei Mathe irgendwann aufgibt, wenn man ihm nicht hilft.

  13. #13 Laie
    16. Dezember 2018

    @christ
    Ja, mal sehen was denn die ‘Digitalisierung’ an lustiger Realsatire uns für unfreiwillige Lacher bringen wird.

    Meine (leichte) Aufgabenstellung für Taschenrechnerbenutzer ist: Was muss man tun, damit alle Segmente der Anzeige aufleuchten? 🙂

  14. #14 Quanteder
    16. Dezember 2018

    @Bbr #12
    Es geht um Umgang mit Zeit, den du selbst mit deiner Entscheidung bestens demonstrierst. Andere Menschen lernen Umgang mit Zeit in der Schule und zu Hause – Eltern und Kinder lernen dies gemeinsam.

    Lebenslanges Lernen für dich und mich heißt, Selbsterkenntnis in jedem Moment von Zeit zu erfahren. Eine Wertschätzung von eigenem Sein inmitten von anderen Menschen zu erfahren, zu Entscheidungen zu führen und in ein Handlungskonzept zu bringen.

    Was bestimmt den Wert von Zeit? Wie stelle ich einen Wert von Zeit fest? Betrachte ich den Wert von Zeit aus Sicht des Seins eines Universums oder aus meiner eigenen Lebenszeit heraus?
    Mathematik bleibt ein Spezialfall der Philosophie. Für mich beträgt der Wert von Zeit immer 1 🙂

  15. #15 Quanteder
    16. Dezember 2018

    @Thilo
    Darum steht die 1 im Nenner.

  16. #16 Bbr
    20. Dezember 2018

    Nachtrag zu #5.

    So, nach langer Betrachtung sehe ich jetzt was auf dem Bild. Aber weder kam der versprochene Aha-Effekt, noch war ich mir zu 100 % sicher, dass das die richtige Lösung ist (ist sie aber, ich habe sie gegoogelt).

    Und ich muss mich immer noch gerade zu zwingen, da was im Bild zu sehen.

    Wenn es den Leuten, die nicht mathebegabt sind, mit der Mathe genauso geht, dann verstehe ich sie jetzt vielleicht besser, wie es ihnen geht. Nur der Meinung der Bloggerin, dass Mathe-Nachhilfe auf Dauer Unsinn ist, kann ich jetzt erst recht nicht zustimmen.

  17. #17 Rene Grothmann
    Eichstätt
    20. Dezember 2018

    Nachdem ich wusste, was ich suchen soll, habe ich es gefunden. Mit Mathematik hat das nur die gemeinsam, dass man mit Geduld und Hartnäckigkeit bei der Sache bleiben muss. Das gilt aber auch für Tennis- oder Geigenspiel, ebenso wie das Erlernen einer Sprache. “Talent is good, but persistence is essential.”

    Im Übrigen ist Mathematik eher eine Sammlung von Tricks, mit der wir versuchen, die Welt zu beschreiben. Wir sind damit sehr erfolgreich. Neue Wege aber findet man nicht durch Meditieren, sondern durch kreatives Ausbauen und Ausnutzen des Vorhandenen, also durch Studium und Fleiß. AUf eine Formel zu stieren hilft überhaupt nichts.