Qvidam posuit unum par cuniculorum in quodam loco, qui erat undique pariete circundatus, ut sciret, quot ex eo paria germinarentur in uno anno: cum natura eorum sit per singulum mensem aliud par germinare; et in secundo mense ab eorum natiuitate germinant. Quia suprascriptum par in primo mense germinat, duplicabis ipsum, erunt paria duo in uno mense. Ex quibus unum, scilicet primum, in secundo mense geminat; et sic sunt in secundo mense paria 3 ; ex quibus in uno mense duo pregnantur; et geminantur in tercio mense paria 2 coniculorum ; et sic sunt paria 5 in ipso mense; ex quibus in ipso pregnantur paria 3; et sunt in quarto mense paria 8; ex quibus paria 5 geminant alia paria 5: quibus additis cum parijs 8, faciunt paria 13 in quinto mense; ex quibus paria 5, que geminata fuerunt in ipso mense, non concipiunt in ipso mense, sed alia 8 paria pregnantur; et sic sunt in sexto mense paria 21; cum quibus additis parijs 13, que geminantur in septimo , erunt in ipso paria 34 ; cum quibus additis parijs 21, que geminantur in octauo mense, erunt in ipso paria 55; cum quibus additis parjis [sic] 34, que geminantur in nono mense, erunt in ipso paria 89; cum quibus additis rursum parijs 55, que geminantur in decimo mense 144; cum quibus additis rursum parijs 89, que geminantur in undecimo mense, erunt in ipso paria 233. Cum quibus etiam additis parijs 144 , que geminantur in ultimo mense, erunt paria 377; et tot paria peperit suprascriptum par in prefato loco in capite unius anni. Potes enim uidere in hac margine, qualiter hoc operati fuimus, scilicet quod iunximus primum numerum cum secundo, uidelicet 1 cum 2; et secundum cum tercio; et tercium cum quarto; et quartum cum quinto, et sic deinceps, donec iunximus decimum cum undecimo, uidelicet 144 cum 233; et habuimus suprascriptorum cuniculorum summam, uidelicet 377 ; et sic posses facere per ordinem de infinitis numeris mensibus.

Leonardo di Pisa, Liber Abaci, Kapitel 12

Fibonacci im Tatort

Vier Jahre nach dem 65537-Eck vom November 2015 hatte der Münster-Tatort am 4. November dieses Jahres wieder mal eine mathematische Anspielung, die “Fibonacci-Mischung”.

Die Lakritzmischung, die Börne dort bei Minute 20:40 überreicht wird, stellt aber überhaupt keine Fibonacci-Folge dar: die lautet bekanntlich 1,1,2,3,5,8,13,21 (jede Zahl ist die Summe der beiden vorhergehenden). Wenn man nachzählt, dann liegen auf dem Lakritzteller jedoch nur vier hellgrüne und nur 19 rosafarbene Stücke.

Noch irritierender: sieben Sekunden später bei Minute 20:47 stimmt die Anzahlen dann wieder, es sind jetzt fünf hellgrüne und 21 rosafarbene Stücke, obwohl nichts hinzugefügt wurde.

Fibonacci bei Arte

Eine 2015 von Arte unter dem Titel “Das Geheimnis der Mathematik” produzierte Doku hatte zum Aufhänger die Frage: “Wohnt der Realität eine mathematische Natur inne oder existiert die Mathematik nur in unseren Köpfen?”

Als Argument für die erste These wurden Fibonacci-Zahlen in der Biologie aufgeführt.

In der Mathematik sind Zahlen allgegenwärtig. Nehmen wir zum Beispiel Blumen. Es gibt viele Blumen, die drei Bl\”utenblätter haben oder fünf. Manche von ihnen haben 34 oder 55. Diese Zahlen kommen sehr häufig vor.

wurde der Astrophysiker Mario Livio zitiert, später aber eingeschränkt, dass sich Fibonacci-Zahlen in den Anzahlen von Blütenblättern “vor allem bei Gänseblümchen, aber nicht nur dort” ablesen lassen.

Weitere Belege für die erste These waren dann das Vorkommen von Pi in Problemen, die nichts mit Kreisen zu tun haben (Wahrscheinlichkeitstheorie), Galileis Fallgesetze, Newtons Bewegungsgesetze, die Maxwell-Gleichungen und schließlich das Higgs-Teilchen. Und zum Schluß ging es noch um die “reasonable uneffectiveness of mathematics” in Biologie, Wirtschaft und Neurowissenschaften.

Die Doku wurde im Januar 2016 erstausgestrahlt und wird seitdem gelegentlich wiederholt.

Den Versuch einer Erklärung des Vorkommens der Fibonacci-Zahlen in Blüten unternehmen S. King, F. Beck und U. Lüttge in “On the mystery of the golden angle in phyllotaxis” (Plant, Cell and Environment 27, 685–695). Zusammenfassung:

Phyllotaxis, the arrangement of leaves around a stem, shows in the vast majority of cases a regularity in the divergence angle of subsequent leaves which divide the whole circle into regular fractions. These are in most cases rational fractions of two Fibonacci numbers in an alternating series, converging towards the irrational limit of the golden section, corresponding to the golden divergence angle of 137.5 . . . degrees. This peculiarity was a long-standing mystery. Here, it is related to the evolutionary pressure of optimal light capture for maximal photosynthetic activity. A model is established which relates minimal shadowing for the lower leaves to the divergence angle. Numerical results of this model agree well with semi-empirical data on the dependence of light capture from the divergence angle. The basic shadow function of the model is also related with the demand of minimal shadowing for the angular separation of leaves and obtain, using elementary number theory, as solution the golden section. Further numerical studies show that the rational approach to the golden section (Schimper-Braun series) is related to the leaf width and the number of leaves of the plant.

Fibonacci-Tag

Der 23. November wird im englischen Sprachraum mancherorts als Fibonacci-Tag begangen, weil das Datum im mm/dd-Format als 11/23, also mit den Ziffern 1,1,2,3, geschrieben wird. Einem entsprechenden Hash-Tag FibonacciDay am 23. November auf Twitter wurde von Lilavati (https://twitter.com/lilavat62728733) widersprochen:

The west should set the record straight and call it Pingala-Virahanka day – the original inventors of the series. Fibonacci himself in his book called it the “Indian series” but the Europeans after him gave it his name. Eurocentricity during the colonial era brought this on.

Nun sind wissenschaftliche Entdeckungen bekanntlich nie nach ihrem Entdecker benannt (https://de.wikipedia.org/wiki/Stiglers_Gesetz). Laut Wikipedia findet sich die früheste Erwähnung der Fibonacci-Zahlen unter dem Namen mātrāmeru („Berg der Kadenz“) in der Chhandah-shāstra („Kunst der Prosodie“) des Sanskrit-Grammatikers Pingala (um 450 v. Chr. oder nach anderer Datierung um 200 v. Chr.), in ausführlicherer Form behandelten später Virahanka (6. Jh.) und besonders Acharya Hemachandra (1089–1172) diese Zahlenfolge, um die rechnerische Möglichkeit der Bildung von Metren durch regelmäßige Verteilung kurzer und langer Silben zu beschreiben. Andererseits wird die Folge schon kurz (in einer Auflistung neben einer Reihe weiterer Folgen) bei Nikomachos von Gerasa (im heutigen Jordanien) in der Arithmētikḗ eisagōgḗ (wahrscheinlich um das Ende des 1. Jh.) erwähnt.

Et quelle coincidence

Der von der Korean Mathematical Society herausgegebene KIAS Mathematical Calendar, den man übrigens unter kms@kms.or.kr bestellen, hatte am 11. September 2016 die Identität \frac{1}{F_{11}}=\sum_{k=1}^\infty\frac{F_k}{10^{k+1}}. Den Wert der rechten Seite man natürlich auf verschiedene Arten berechnen, trotzdem sehen ich keinen tieferen Grund dafür, dass das Ergebnis gerade das Inverse von F_{11} ist. Ist die Identität mehr als nur eine Koinzidenz?

Ohne Worte

Keine Koinzidenz ist die Identität F_0^2+F_1^2+\ldots+F_n^2=F_nF_{n+1}.
Die hat nämlich den folgenden wortlosen Beweis (Quelle: https://mathoverflow.net/questions/8846/proofs-without-words)

Fibonaccis Tauben

Fibonacci-Zahlen kommen überall in der Natur vor, angeblich auch bei der Anordnung von Tauben: dieses Foto kursierte vor etwa zehn Jahren überall im Internet.

Warum das nicht einmal eine Koinzidenz ist, erklärt David Radcliffe auf https://mathblag.wordpress.com/2011/11/14/fibonacci-pigeons/.