„Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.“ soll Albert Einstein gesagt haben, nachdem Hermann Minkowski 1907 seine spezielle Relativitätstheorie in einen mathematischen Rahmen zu setzen gelungen war – als Anwendung der von Bernhard Riemann in seinem Habilitationsvortrag 1858 vorgeschlagenen durch ein punktweises Skalarprodukt auf einer Mannigfaltigkeit („Riemannsche Metrik“) gegebenen Geometrie.
Minkowskis Metrik war auf der Raumzeit R3+1 durch dx2+dy2+dz2-c2dt2 gegeben, also positiv definit in Raumrichtung und negativ definit in Zeitrichtung. (Strenggenommen kein punktweises Skalarprodukt, sondern nur eine semi-Riemannsche Metrik. Die Theorie semi-Riemannscher Mannigfaltigkeiten funktioniert aber weitgehend genauso wie die Riemannsche Geometrie.)
Die Isometrien von Minkowskis Metrik bilden die Poincaré-Gruppe, eine 10-dimensionale Lie-Gruppe, die als semidirektes Produkt beschrieben werden kann. Poincaré hatte die Elemente der Untergruppe O(3,1) als die Transformationen der Maxwell-Gleichungen des Elektromagnetismus identifiziert, die Lorentz-Gruppe. Nach Minkowski bildete die größere Poincaré-Gruppe jetzt also die Transformationen der speziellen Relativitätstheorie. Damit war diese Geometrie im Sinne von Felix Kleins Erlanger Programm die richtige Geometrie zur Beschreibung der physikalischen Theorie. Vor allem aber entsprach diese Geometrie Einsteins erstem Postulat, der Invarianz gegen den Wechsel des Inertialsystems.
Minkowskis Metrik paßte auch zu Einsteins zweitem Postulat, der Invarianz (und Maximalität) der Lichtgeschwindigkeit: damit die Länge einer Kurve in der Metrik nicht negativ ist, muss sie im Inneren des “Lichtkegels” liegen, die Geschwindigkeit des sich bewegenden Objekts also geringer sein als die Lichtgeschwindigkeit. Minkowskis Ansatz erklärte die äußerst phantastische Hypothese der Längenverkürzung in Richtung der Bewegung und andere Phänomene der Relativitätstheorie.
Die Riemannsche (und die für die Relativitätstheorie benötigte semi-Riemannsche) Geometrie waren noch nicht wirklich zu Leben erwacht, auch wenn der Tensorkalkül und die Krümmungsbegriffe schon von italienischen Mathematikern bearbeitet worden waren. Obwohl Minkowski seine Rede auf der Naturforscherversammlung in Köln mit den Worten “Von Stund an sollen Raum für sich und Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken und nur noch eine Art Union der beiden soll Selbständigkeit bewahren.” begann, interessierte sich Einstein für das Konzept der Raum-Zeit erst nach Minkowskis Tod, als er an der allgemeinen Relativitätstheorie, dem Verständnis der Gravitation, zu arbeiten begann.
Mehrere Jahre lang versuchte Einstein, die richtigen Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie zu formulieren. Sein Züricher ETH-Kollege Marcel Grossmann schlug ihm die semi-Riemannsche Geometrie als den richtigen Rahmen vor und führte ihn in den absoluten Differentialkalkül Ricci-Curbastros ein. Entsprechend Grossmanns Vorschlag versuchte Einstein, die Feldgleichungen mit den zehn Koordinatenkomponenten eines gewissen aus der Krümmung der Raumzeit hergeleiteten Tensors zu formulieren, wofür er lange nicht die korrekte Definition fand. Die Theorie sollte Kovarianzeigenschaften haben und natürlich im Grenzfall mit der klassischen Physik übereinstimmen.
Als die richtige Form der Feldgleichungen stellte sich letztlich die (koordinatenfreie) Gleichung heraus, wobei g den metrischen Tensor (d.h. die semi-Riemannsche Metrik), Ric den Ricci-Tensor (das ist die Spur des Riemannschen Krümmungstensors) und Scal die Skalarkrümmungkosmologische Konstante.) Auf der rechten Seite steht der Energie-Impuls-Tensor T, der im Vakuum Null ist. Metriken, die die Einstein-Gleichungen mit T=0 erfüllen, für die also die Ricci-Krümmung ein konstantes Vielfaches der Metrik ist, nennt man heute Einstein-Metriken.
Parallel zu Einstein versuchte auch Hilbert, die Gravitationsgleichungen geometrisch zu interpretieren. Anders als später manchmal behauptet gab es dabei keinen Prioritätsstreit, "Jeder Göttinger Straßenjunge versteht mehr von vierdimensionaler Geometrie als er. Trotzdem hat er die Arbeit gemacht und nicht die Mathematiker." sagte er über Einstein und die von ihm entwickelte allgemeine Relativitätstheorie.
Seit Lagrange verfolgen Physiker den Ansatz, die Dynamik eines Systems durch ein Variationsprinzip zu beschreiben, also durch ein Wirkungsfunktional, welches minimiert werden soll. Die Euler-Lagrange-Gleichung dieses Wirkungsfunktionals soll dann die die Entwicklung des Systems beschreibende Differentialgleichung sein.
In diesem Sinne wollte Hilbert, der an eine axiomatische Grundlegung der Physik glaubte und diese sogar zu einem seiner 23 Jahrhundert-Probleme gemacht hatte, ein Wirkungsfunktional auf dem Raum der semi-Riemannschen Metriken einer Mannigfaltigkeit postulieren, aus dessen Stationarität sich die korrekten Bewegungsgleichungen ergeben sollten. Im Vakuum (T=0) war die offensichtlichste solche Funktion mit den richtigen Symmetrieeigenschaften das Integral über die Skalarkrümmung multipliziert mit der Volumenform der gegebenen Metrik: . Im allgemeinen Fall (T≠0) addierte er zum Integranden noch einen Ausdruck
, aus dem sich der Energie-Impuls-Tensor mittels
ergibt.
Hilbert berechnete die Variationsableitung δS und zeigte, dass man aus δS=0 Einsteins (fast gleichzeitig in ihrer endgültigen, letztlich korrekten Fassung gefundenen) Feldgleichungen herleiten kann.
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