Spätestens seit Isaac Newton weiß man, dass jede kubische Kurve in die Form y2=x3+ax+b zu bringen ist und dass man für „elliptische Kurven“ – diejenigen, bei denen die rechte Seite keine mehrfache Nullstelle hat – ein Tangentenverfahren zur „Verdopplung“ sowie ein Sekantenverfahren zur „Addition“ von Punkten hat, mit denen aus einigen geratenen rationalen Lösungen viele weitere produziert werden können. (Zu zwei Punkten P und Q betrachtet man den dritten Schnittpunkt ihrer Verbindungsgerade mit der Kurve und spiegelt ihn an der x-Achse um “P+Q” zu erhalten.) Beispielsweise bekommt man für y2=x3+17 aus den leicht zu ratenden Lösungen (-1,4) und (2,5) als dritten Schnittpunkt mit der Geraden (-8/9,109/27) und deren Spiegelbild (-8/9,-109/27) als (weniger leicht zu ratende) rationale Lösungen.
Seit dem 19. Jahrhundert weiß man, dass elliptische Kurven durch elliptische Funktionen parametrisiert werden können und dass das Additionsgesetz elliptischer Kurven dann ein Additionstheorem elliptischer Funktionen widerspiegelt.

Klassisch benutzt man für die (Un)Lösbarkeit von Gleichungen in ganzen Zahlen oft den Fundamentalsatz der Arithmetik, also die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung, entweder in den ganzen Zahlen Z oder – soweit er dort gilt – in den Ganzheitsringen allgemeinerer Zahlkörper.
Wenn man, um ein besonders einfaches Beispiel zu betrachten, die ganzzahligen Lösungen von y2=x3+x bestimmen will, dann nutzt man die Faktorisierung x3=x(x2+1). Weil x und x2+1 teilerfremd sind, und ihr Produkt die Quadratzahl y2 ist, müssen beide Faktoren Quadrate sein. Aus z2=x2+1 folgt aber 1=(z+x)(z-x) und daraus x=0 (und y=0), weil es keine weiteren Zerlegungen der 1 gibt.
Etwas komplizierter wird es schon für y2=x3-1. Hier kann man nicht in Z faktorisieren, sondern muß in Z[i] arbeiten, was ein euklidischer Ring ist und somit ebenfalls eindeutige Primfaktorzerlegungen hat. In diesem Ring kann man dann y2+1 als Produkt zerlegen und bekommt (y+i)(y-i)=x3. Weil die beiden Faktoren teilerfremd sind, müssten sie (für y≠0) Kuben sein. Daraus kann man dann (mit dem Fundamentalsatz in Z) letztlich herleiten, dass y=0 die einzige Möglichkeit ist.
Wenn man auf ähnliche Weise y2=x3-3 lösen wollte, stieße man aber auf ein Problem. In dem durch Adjunktion der Wurzel aus -3 zu Z entstehenden Ring ist die Primfaktorzerlegung nicht eindeutig. Man muß stattdessen den größeren Ring Z[ω] mit ω=e2πi/3 verwenden, was auch der Ganzheitsring im Zahlkörper Q(ω) ist. Dessen Klassenzahl ist 1, weshalb man eindeutige Primfaktorzerlegungen im Ganzheitsring hat.
Die Klassenzahl der meisten Zahlkörper ist aber nicht 1. Man kann dann statt mit Zahlen mit Idealen arbeitet: für Ideale in Ganzheitsringen von Zahlkörpern hat man nach Dedekind eindeutige Zerlegung in Primideale. Aber auch so bleiben viele diophantische Gleichungen, deren Lösungen man nicht zu bestimmen weiß, selbst bei elliptischen Kurven.

Während die “Summe” ganzzahliger Punkte einer elliptischen Kurve E in der Regel keinen ganzzahligen Punkt ergibt, ist die Summe rationaler Punkte stets wieder rational. Poincaré schrieb 1900 eine kurze Arbeit über elliptische Kurven und die auf ihnen definierte “Addition”. Er fragte, ob es ein endliches System „fundamentaler“ rationaler Punkte gibt, aus denen sich durch endlich viele Additionen alle rationalen Punkte der Kurve ergeben. (Für Kegelschnitte hatten Hilbert und Hurwitz gut zehn Jahre zuvor bewiesen, dass sie entweder keine rationalen Punkte haben oder aber isomorph zur projektiven Geraden sind und also unendlich viele rationale Punkte haben.)
In heutiger Sprache bedeutet Poincarés Frage, dass die Gruppe E(Q) der rationalen Punkte endlich erzeugt sein soll. Diese Formulierung in der Sprache der Gruppentheorie war aber im Zusammenhang mit elliptischen Kurven damals und auch in den nächsten Jahrzehnten noch nicht gebräuchlich. Rationale Punkte auf elliptischen Kurven waren kein Thema der Algebra oder Gruppentheorie, sondern nur ein spezielles Beispiel diophantischer Gleichungen.

Die Addition rationaler Punkte führt zu rationalen Punkten, bei deren Koordinaten empirisch “oft” zumindest eine der beiden ganzen Zahlen im Zähler oder Nenner deutlich größer wird. Louis Mordell definierte die “Höhe” eines rationalen Punktes als h(\frac{p}{q},\frac{r}{s})=max(\vert p\vert,\vert q\vert) (sowie h=1 für den Punkt im Unendlichen) und bewies für diese Höhe die Abschätzung h(2P)=4h(P)+O(1), was die erwähnte empirische Erfahrung zumindest für die Verdopplung von Punkten in einen mathematischen Satz übersetzt. Mit dieser Abschätzung konnte er beweisen, dass aus Endlichkeit von E(Q)/2E(Q) folgt, dass E(Q) endlich erzeugt ist. Die Endlichkeit von E(Q)/2E(Q) bewies er mit klassischen zahlentheoretischen Methoden, insbesondere dem von Fermat (und bereits Euklid) bekannten Verfahren des unendlichen Abstiegs. Damit erhielt er also einen Beweis für Poincarés Vermutung, veröffentlicht 1922 in “On the rational solutions of the indeterminate equation of the 3rd and 4th degrees.” in Proc. Camb. Phil. Soc.

Elliptische Kurven sind Kurven vom Geschlecht 1. Für Kurven vom Geschlecht größer 1 hatte Mordell in seiner Arbeit eine noch stärkere Vermutung aufgestellt: sie sollten nur endlich viele rationale Punkte haben. Das war eine mutige Behauptung, denn es gab nur wenige Beispiele, deren rationale Punkte man bestimmen konnte. Es gab die Kurven (im projektiven Raum) xn+yn+zn=0, wo man für eine Reihe der Werte von n bewiesen hatte, dass es keine rationalen Punkte gab. Es gab auch beispielsweise die von Felix Klein untersuchte Kurve x3y+y3z+z3x=0. (Sie ist unter den Kurven vom Geschlecht 3 die mit maximaler Symmetriegruppe, nämlich PSL(2,Z/7Z) mit 168 Elementen.) Hurwitz hatte für diese Kurve bewiesen, dass sie keine rationalen Punkte hat: er hatte eine Abbildung von der Kurve x7+y7+z7=0 auf diese Kurve konstruiert und bewiesen, dass sie auf rationalen Punkten surjektiv ist. Von dieser Fermat-Kurve wußte man aber bereits, dass sie keine rationalen Punkte hat.

André Weil, damals Student an der École Normale, stieß während eines längeren Rom-Aufenthalts zufällig auf Mordells Arbeit und es gelang ihm, sie auf höherdimensionale abelsche Varietäten (algebraische Varietäten mit einer kommutativen Gruppenstruktur) zu verallgemeinern. Er zeigte in seiner Dissertation, dass die Gruppe A(Q) der rationalen Punkte einer abelschen Varietät A endlich erzeugt ist, veröffentlicht 1929 als L’arithmétique sur les courbes algébriques in Acta Mathematica. Dieses Resultat wurde dann als Satz von Mordell-Weil bekannt. Der Ansatz ist auch hier, zunächst die Endlichkeit von A(Q)/2A(Q) zu beweisen (das folgt letztendlich aus einem Satz von Hermite, demzufolge es nur endlich viele Zahlkörper mit gegebenem Grad und Diskriminante gibt) und dann mit einem Höhen benutzenden Abstiegsargument die endliche Erzeugtheit zu folgern.

Abelsche Varietäten kamen in den Arbeiten der italienischen Schule vor, ein wichtiges Beispiel waren die Jacobi-Varietäten Riemannscher Flächen. Für eine Fläche X vom Geschlecht g betrachtet man g linear unabhängige, holomorphe Differentialformen ω1,…,ωg. Deren Perioden spannen ein Gitter Λ in Cg auf. Der Quotient Cg/Λ wird als Jacobi-Varietät Jac(X) bezeichnet. Wählt man einen festen Basispunkt x0, kann man jedem anderen Punkt x das g-Tupel (\int_{x_0}^x \omega_1,\ldots,\int_{x_0}^x \omega_g) zuordnen, das natürlich nur modulo Λ wohldefiniert ist. Man bekommt so eine Einbettung X—->Jac(X).
Wählt man geeignete Differentialformen (und für x0 einen rationalen Punkt), dann werden rationale Punkte von X auf rationale Punkte in Jac(X) abgebildet. Mit Weils Resultat weiß man, dass die rationalen Punkte von Jac(X) eine endlich erzeugte Gruppe bilden. Weil hatte gehofft, dass nur endlich viele Punkte dieser endlich erzeugten Varietät im Bild von X liegen sollten - daraus würde die Mordell-Vermutung für die komplexe Kurve X folgen. Diese Vermutung blieb aber noch mehr als ein halbes Jahrhundert offen.

Wenn man sich nicht für rationale, sondern speziell für ganzzahlige Punkte auf einer Kurve existiert, kommen auch Approximationssätze ins Spiel.
Zum Beispiel kann man x^2-2y^2=1 umformen in (\frac{x}{y}-\sqrt{2}) (\frac{x}{y}+\sqrt{2})=\frac{1}{y^2}, woraus \vert\frac{x}{y}-\sqrt{2}\vert\le\frac{1}{y^2} folgt. Man bekommt also ganzzahlige Lösungen der ursprünglichen Gleichung durch rationale Approximationen der Quadratwurzel aus 2, wovon es auch mit der Bedingung \vert\frac{x}{y}-\sqrt{2}\vert\le\frac{1}{y^2} noch unendlich viele gibt.
Dagegen bekommt man für die Lösungen von x^3-2y^3=1 dass \frac{x}{y} die Kubikwurzel aus 2 bis auf \frac{c}{y^3} approximiert und mit dieser Bedingung gibt es nur endlich viele Approximationen.
Dieses Beispiel, dass sich leicht verallgemeinern läßt, macht plausibel, dass es ab Grad 3 (also ab Geschlecht 1) nur endlich viele ganzzahlige Punkte auf einer Kurve gibt, während Kegelschnitte (Geschlecht 0) ja durchaus unendlich viele ganzzahlige Punkte haben können.

Ein Jahr nach Weils Dissertation gelang Siegel ein spektakulärer Satz: für eine über einem Zahlkörper k definierte Kurve X vom Geschlecht mindestens 1 gibt es nur endlich viele ganzzahlige Punkte. Der Beweis benutzte neben der von Siegel in seiner Dissertation bewiesenen Nicht-Approximierbarkeit algebraischer Zahlen durch rationale Zahlen auch den von Weil bewiesenen Satz über abelsche Varietäten, den Siegel auf die Gruppe der über k rationalen Punkte von der Picard-Varietät Pic(X) - der Varietät der Grad 0-Divisoren auf der Kurve X - anwandte.

Approximierbarkeit durch rationale Zahlen hat mit Transzendenz zu tun; das war schon im 19. Jahrhundert bei Liouville verwendet worden. Siegel hatte mit solchen Methoden beispielsweise Transzendenz für Werte von Bessel-Funktionen (Lösungen gewisser Differentialgleichungen zweiter Ordnung) in algebraischen Argumenten bewiesen.
Siegel war damals bereits eine Legende. Man sagte, er habe Schränke voller inspirierter Manuskripte, die er geheimhalte. Der Satz über die Endlichkeit der ganzzahligen Punkte wurde als einer der tiefliegendsten Sätze der Mathematik angesehen. Das Manuskript seiner Max Dehn gewidmeten Arbeit „Über einige Anwendungen diophantischer Approximationen“ (mit dem Beweis dieses Satzes) begann mit dem Ausruf "Ein Bourgeois, wer noch Algebra treibt! Es lebe die unbeschränkte Individualität der transzendenten Zahlen." (Der wurde vor der Drucklegung in Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften allerdings gestrichen.)

Bild: https://alchetron.com/André-Weil

Kommentare (2)

  1. #1 Beobachter
    5. Juni 2020

    Nur nebenbei:

    Vom Fachlichen dieses Beitrags verstehe ich leider nichts, mir ist nur das Bild (mit dem sympathischen Eindruck) und der Name des Mathematikers André Weil aufgefallen.

    Deshalb habe ich mal nachgesehen, ob er vielleicht auch mit der Philosophin Simone Weil etwas zu tun hat und wo/wie er die Nazi-Zeit überlebt hat.
    Simone Weil ist seine Schwester, und als Jude musste er in die USA fliehen – wie so viele.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Weil

    https://de.wikipedia.org/wiki/Simone_Weil

  2. […] von Peter-Weyl Das Artinsche Reziprozitätsgesetz Der Spektralsatz für unbeschränkte Operatoren Der Satz von Mordell-Weil Existenz unendlich vieler Geodätischer Der Ergodensatz Der Satz von Brauer-Hasse-Noether Das […]