Hodge befaßte sich dann die gesamten 30er Jahre mit der Frage, für eine Riemannsche Mannigfaltigkeit in der Kohomologieklasse jeder geschlossenen Form modulo exakter Formen einen kanonischen Repräsentanten zu finden, nämlich ein “harmonisches Integral”, in heutiger Sprache eine harmonische Form.
Die grundlegende Idee war, dass man auf dem Raum der Differentialformen einer orientierten Riemannschen Mannigfaltigkeit eine kanonische Metrik definieren kann. Zunächst definiert die Riemannsche Metrik ein punktweises Skalarprodukt auf TM und damit auch auf dem Dualraum T*M, der dem Raum der 1-Formen entspricht. Für eine Orthonormalbasis in einem Punkt definiert man dann ihre Produkte als Orthonormalbasis des Raums der punktweisen k-Formen. Das definiert eine Metrik auf den k-Formen in jedem Punkt und durch Integration über die Mannigfaltigkeit eine Metrik auf den global definierten k-Formen.
Bereits punktweise kann man den Hodge-*-Operator dadurch definieren, dass für eine positiv orientierte Orthonormalbasis e1,…,en gelten soll . Dafür benötigt man nur die punktweise definierte Metrik. Wenn man nun bezüglich der global definierten Metrik den zu d adjungierten Operator sucht, erhält man d*=(-1)n(k-1)+1*d*. Mit den so definierten Operatoren d und d* kann man die Maxwell-Gleichungen der Elektrodynamik für den elektrischen Strom s und die Feldstärke f sehr einfach schreiben als df=0, d*f=s, was für Hodge neben der algebraischen Geometrie eine seiner stärksten Motivationen gewesen sein soll.
Als harmonische Form bezeichnet man dann Differentialformen, die gleichzeitig im Kern von d und d*, also (da die Operatoren in unterschiedliche Zielräume abbilden) im Kern des Operators d+d* oder äquivalent im Kern des Operators Δ=dd*+d*d liegen. Hodge wollte beweisen, dass es in jeder Äquivalenzklasse geschlossener Formen (modulo exakter Formen) eine eindeutige harmonische Form gibt, man also die Dimension der Kohomologiegruppen auch als Dimension des Raums des harmonischen Formen berechnen kann.
Die Idee dahinter ist einfach. Die Kohomologieklasse ist ein affiner Unterraum im Raum der glatten k-Formen, dessen zugehöriger Vektorraum das Bild der (k-1)-Formen unter d ist. Ein Repräsentant minimaler Norm sollte orthogonal zum Bild von d sein, also im Bild von d* liegen. Dieses Argument könnte man jedenfalls anwenden, wenn der Raum der Differentialformen ein Hilbert-Raum wäre: dann wäre ker(d*) tatsächlich das orthogonale Komplement von im(d) und man könnte durch orthogonale Projektion des eines beliebigen Elements auf ker(d) den harmonischen Repräsentanten finden.
Die versteckte Problematik dieses Arguments ist, dass die C∞-Differentialformen mit dem L2-Skalarprodukt keinen Hilbert-Raum bilden und deswegen die Existenz einer orthogonalen Projektion in diesem unendlich-dimensionalen Vektorraum nicht offensichtlich ist. Tatsächlich ist sie im wesentlichen äquivalent zu einer Variante des Dirichlet-Prinzips, mit dem ja in der Funktionentheorie die Existenz harmonischer Funktionen mit vorgegebenen Randwerten bewiesen wird.
Für die Existenz der orthogonalen Projektion hatte Hodge zunächst einen direkten Beweis veröffentlicht. Nachdem Zweifel am Argument aufkamen, folgte er in einer weiteren Veröffentlichung einem Vorschlag Hellmuth Knesers, eine von E.E.Levi und Hilbert für elliptische partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung entwickelte Parametrixmethode anzuwenden. Diesen Beweis verwendete er dann in seinem 1941 veröffentlichten Buch “Theorie und Anwendungen harmonischer Integrale”, dessen zentrales Resultat der Existenz- und Eindeutigkeitssatz für harmonische Formen mit vorgeschriebenen Perioden war.
Es stellte sich heraus, dass auch dieser Beweis fehlerhaft war. Hermann Weyl übernahm es, einen korrekten Beweis unter Verwendung der Parametrixmethode aufzuschreiben. Dass Weyl als führender Mathematiker seiner Zeit es übernahm, einen vollständigen Beweis aufzuschreiben, überzeugte viele zeitgenössische Mathematiker von der Bedeutung des Resultats. (De Rham gab später die eleganteste Fassung des Beweises.) Der Beweis selbst war aus analytischer Sicht nicht besonders schwierig und das eigentlich bemerkenswerte war, dass Hodge als algebraischer Geometer und eigentlich hauptsächlich an algebraischer Geometrie Interessierter einen grundlegenden analytischen Satz gefunden hatte.
Es stellte sich später heraus, dass gleichzeitig mit Weyl auch Kunihiko Kodaira in Japan einen vollständigen Beweis aufgeschrieben hatte und zwar entlang Hodges erstem, ursprünglichem Ansatz. Kriegsbedingt wurde das in Europa und den USA zunächst nicht bekannt. Kodairas Beweis hatte den großen Vorteil, auch auf nichtkompakte Mannigfaltigkeiten anwendbar zu sein.
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