Nachdem in der algebraischen Geometrie lange algebraische Methoden dominiert hatten, zeigte die Hodge-Theorie wieder die Möglichkeiten der schon von Riemann entwickelten transzendenten Methoden. Beispielsweise bewies Hodge mit seinen Methoden den Indexsatz von Hodge, eine von den italienischen Geometern vermutete Formel für die Signatur der durch die Schnittzahl von Kurven auf Flächen definierten quadratischen Form.

Hodge wandte seine Theorie auf glatte algebraische Varietäten an. Als Riemannsche Metrik g betrachtete er die Funini-Study-Metrik des projektiven Raumes, die sich dann auf die im projektiven Raum liegenden Varietäten vererbt. Diese Riemannsche Metrik hat spezielle Eigenschaften, insbesondere ist die zugeordnete 2-Form \omega=\Sigma_{ij}g_{ij}dz_idz_j eine harmonische Form. Erich Kähler hatte um 1932 die Idee gehabt, die algebraische Geometrie mit der Differentialgeometrie zu verbinden, indem er allgemeiner komplexe Mannigfaltigkeiten mit einem Skalarprodukt betrachtet, für die diese 2-Form ω harmonisch ist. Aus analytischer Sicht ist es einfacher, gleich mit solchen Mannigfaltigkeiten statt nur mit dem Spezialfall algebraischer Varietäten zu arbeiten. Viele Begriffe und Resultate der algebraischen Geometrie lassen sich hier verallgemeinern und anwenden.
Hodge bemerkte, dass algebraische Varietäten nicht nur diese Bedingung (ω harmonisch) erfüllen, sondern dass die Form ω außerdem auch ganzzahlige Perioden hat. Damit war also die allgemeinere Klasse der Kähler-Mannigfaltigkeiten tatsächlich größer als die der algebraischen Varietäten, während sich aber die Hodge-Theorie genauso auch auf Kähler-Mannigfaltigkeiten anwenden ließ.

Für komplexe Mannigfaltigkeiten kann man n-Formen noch danach unterscheiden, für welches (p,q) sie sich in lokalen Koordinaten als fdz_1\wedge \ldots\wedge dz_p\wedge d\overline{w_1}\wedge\ldots\wedge d\overline{w_q} schreiben lassen. Diese bezeichnet man dann als (p,q)-Formen. Für Kähler-Mannigfaltigkeiten überträgt sich diese Zerlegung von n-Formen als Summe von (p,q)-Formen – über alle Paare mit n=p+q – auf die de Rham-Kohomologiegruppen vermittels der repräsentierenden harmonischen Formen. Insbesondere kann man Invarianten hp,q als Dimension des Raums der harmonischen (p,q)-Formen definieren.

Aus der durch komplexe Konjugation vermittelten Symmetrie hp,q=hq,p folgt insbesondere, dass die ungeraden Bettizahlen b2k-1 gerade Zahlen sein müssen. Damit konnte man zeigen, dass manche komplexe Mannigfaltigkeiten keine glatten projektiven Varietäten (und keine Kählermannigfaltigkeiten) sein konnten. Zum Beispiel ist die Hopf-Fläche ({\bf C}^2\setminus (0,0))/{\bf Z}, wobei Z wirkt als n.(x,y)=(2nx,2ny), eine kompakte komplexe Fläche homöomorph zu S1xS3, hat also ungerade Betti-Zahlen b1=b3=1, weshalb sie keine projektive Varietät sein kann.

In seinem Buch gab Hodge auch den ersten korrekten Beweis des schon 1924 von Lefschetz behaupteten schweren Lefschetz-Theorems. Es besagt im wesentlichen, dass die Schnittpaarung auf Verschwindungszykeln eines Lefschetz-Büschels nicht-ausgeartet ist, und hat zahlreiche Konsequenzen für die Topologie projektiver Varietäten bzw. allgemeiner dann auch die Topologie von Kähler–Mannigfaltigkeiten. Seine heute übliche Formulierung ist, dass für die durch das Cup-Produkt mit der Kähler-Form gegebene Abbildung L:H^i(M)\to H^{i+2}(M) die k–te Potenz gerade die Poincaré–Dualität L^k: H^k(M)\to H^{2n-k}(M) realisiert. Als Konsequenz bekommt man die sogenannte Lefschetz-Zerlegung der Kohomologie einer Kähler–Mannigfaltigkeit.

Bild: https://mathshistory.st-andrews.ac.uk/Biographies/Hodge/pictdisplay/

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Kommentare (4)

  1. #1 alex
    27. August 2020

    Eine kleine Korrektur: Die Quellenfreiheit des Magnetfelds beschreibt div(B) = 0. Bei rot(B) = 0 wäre das Magnetfeld wirbelfrei (und das ist es im Allgemeinen nicht).

  2. #2 Thilo
    27. August 2020

    Sorry, ist korrigiert.

  3. #3 Hunter Killer
    18. September 2020

    Wurde Differentialform-Analysis zum Pflichtkurs für Physiker eines deutschen Masterstudiengangs? Ja.
    Hat ein Physiker mit seiner mathematischen Differentialformausbildung physikalische Quellen gefunden? Nein.
    Wurde mit schöner Beweisführung und n-dimensionaler Mathematik neue Physik gefunden? Nein.
    Wurde mit einem n-dimensionalen Kreuz-Operator, der mit einer Permutation eine Kraftwirkung senkrecht zu einer physikalischen Hyperebene erzeugt, eine neue physikalische Kraft gefunden? Nein.
    Kann n-dimensionale Differentialform-Analysis die relativistische Invarianz der Maxwell-Gleichungen erklären? Nein.
    Ad infinitum …

    Warum wurde Differentialform-Analysis nicht zum Pflichtkurs für Mediziner?
    Weil sehr schwierige Klausuraufgaben zu 99%igem Versagen führt, was die freie Berufswahl (einer bedeutend großen Gruppe) verfassungswidrig einschränkt.

    Warum kann Thilo folgende Fragen weder vervollständigen noch beantworten:
    – Warum wird eine elektrische Feldlinie eines elektrischen 3D-Felds gebogen, wenn …?
    – Warum kann die Anziehungskraft des magnetischen Wirbelfelds nicht größer werden als …?
    – Warum emittieren beschleunigte elektrische Felder Photonen anstatt …?

  4. […] Sobolewsche Einbettungssatz Der Satz von Teichmüller Die Riemann-Vermutung für Funktionenkörper Das Hodge-Theorem Siegel-Scheiben Stetiger Funktionalkalkül Der Satz von Chern-Gauß-Bonnet Der […]