In der Diskussion zum Artikel zur Frage von Tim Gowers (Ich habe einen Würfel geworfen und ihn noch nicht angeschaut. Wie wahrscheinlich ist: “wenn die geworfene Augenzahl mit 2+2 übereinstimmt, dann ist sie gleich 5”?) wurde wiederholt erwähnt, dass “2+2=5” ein bekanntes Motiv aus George Orwells Roman “1984” ist (siehe Zwiedenken).
Tatsächlich ist 2+2=5 als Mem mit der Orwellschen Bedeutung schon sehr viel älter, es kommt bei Descartes und Bakunin vor, bei Moliére, Balzac und Dostojewski. Die englisch-sprachige Wikipedia (wie auch die meisten anderen Sprachversionen außer der deutsch-sprachigen) hat einen langen Artikel über 2+2=5.
Bemerkenswert ist vielleicht die positive Umdeutung von 2+2=5 für den sowjetischen Fünfjahrplan:
“Арифметика встречного промфинплана“ heißt “Arithmetik des industriellen Finanzplans”, “плюс энтузиазм рабочих” bedeutet “plus Enthusiasmus der Arbeiter”. Es geht um Jahre, der Fünfjahrplan sollte in vier Jahren erfüllt werden.
Eine andere positive Deutung stammt von Antonio Spadaro, einem der Autoren von “Amoris laetitia”, dem Schreiben, mit dem Papst Franziskus 2016 “mehr Barmherzigkeit in der Anwendung der kirchlichen Morallehre zulassen” wollte. Er erklärte damals auf Twitter: “Theologie ist nicht Mathematik. 2 + 2 kann in der Theologie 5 ergeben. Weil sie mit Gott und dem wirklichen Leben der Menschen zu tun hat”.
Eine ganz andere Debatte hat vor drei Monaten Laurie Rubel (Professorin für Mathematikdidaktik an der City University of New York) angestoßen, ebenfalls auf Twitter: “2+2=4 reeks of White supremacist patriarchy”. [2+2=4 stinkt nach weißer supremazistischer Hierarchie]
Auch bei Vadim Shershenevich hatte die Falschrechnung eine positive Bedeutung. Bei ihm war es allerdings nicht die Addition, sondern die Multiplikation: “ 2 x 2 = 5 “ nannte er sein 1920 erschienenes Manifest des Imaginismus, der kurzlebigen russischen Variante des Imagismus.
Und “deux et deux font cinque” ist der Titel einer Textsammlung von Alphonse Allais (1895), in der dann aber überhaupt keine Zahlen vorkommen:
Ma jument baie cerise était atteinte de coqueluche, et mon alezan hors de service à la suite de chagrins d’amour. Quant à mes robustes percherons, impossible de compter sur eux, totalement abrutis qu’ils sont par la lecture à haute voix, devant eux, de la chronique d’un penseur bien personnel et profond.
D’autre part, je me trouvais dénué des deux francs nécessaires à la mobilisation d’un fiacre !
Alors, quoi ?
Aller à pied, dites-vous ?
J’aurais bien voulu vous y voir.
C’était loin, où j’allais, très loin, dans un endroit situé à une portée de fusil environ et deux encablures du tonnerre de Dieu ! je résolus donc de prendre l’omnibus.
Je grimpai sur l’impériale et versai quinze centimes ès- mains du conducteur.
Voilà donc une situation claire et nettement établie : Je suis sur l’impériale, j’ai versé les quinze centimes de ma place. Je puis donc passer, tête haute, devant l’Administration de la Compagnie des Omnibus. Bon.
Tout à coup, le temps changea et des gouttes d’eau se mirent à choir. Or, j’avais mis, la veill’, mon parapluie en gage.
Maschinenübersetzung:
Meine Kirschbeerenstute hatte Keuchhusten und meine Kastanie war aufgrund von Herzschmerz behindert. Was meine robusten Percherons betrifft, ist es unmöglich, sich auf sie zu verlassen, völlig dumm wie sie sind, wenn man vor sich die Chronik eines sehr persönlichen und tiefgründigen Denkers vorliest.
Andererseits wurden mir die zwei Franken entzogen, die ich brauchte, um ein Taxi zu mobilisieren!
Na und?
Geh zu Fuß, sagst du?
Ich wünschte, ich hätte dich dort sehen können.
Es war weit, wo ich sehr weit zu einem Ort ging, an dem es um einen Schuss und zwei Kabel vom Donner Gottes ging! Ich beschloss daher, den Omnibus zu nehmen.
Ich stieg auf den Imperial und schüttete dem Fahrer fünfzehn Cent aus der Hand.
Hier ist dann eine klare und klar festgelegte Situation: Ich bin auf dem Kaiser, ich habe die fünfzehn Cent für meinen Platz bezahlt. Ich kann daher mit erhobenem Kopf vor der Verwaltung der Compagnie des Omnibus vorbeikommen. Gut.
Plötzlich änderte sich das Wetter und Wassertropfen begannen zu fallen. Am Tag zuvor hatte ich jedoch meinen Regenschirm als Pfand gesetzt.
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