Textaufgaben im Abitur sollen ohne gekünstelten Kontext verständlich formuliert werden.
Aus der Gemeinsamen Presseinformation der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV), der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik (GDM) und des Verbands zur Förderung des MINT-Unterrichts (MNU) “Zur aktuellen Diskussion über die Qualität des Mathematikunterrichts” (20.\ 4.\ 2017)
Eine Aufgabe zum Additionstheorem
Diese Aufgabe stammt aus einer Abschlußprüfung für zehnte Klassen (2016).
Fairerweise muss man ergänzen, dass die Aufgabe aus drei Teilaufgaben bestand und man für die beiden anderen schon noch mehr als nur die Regeln der Addition brauchte.
Eine (ökonomische?) Nutzenfunktion
Die Weglänge zur Spreebrücke mag eher Grundschulniveau gewesen sein, immerhin war sie aber “ohne gekünstelten Kontext formuliert”. Wirklich seltsame Praxisbezüge findet man dagegen manchmal in Lehrbüchern der Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Die folgende Aufgabe stammt aus einem 2008 in 5.\ Auflage erschienenen Lehrbuch, sie wird dort im Kapitel “Mehrdimensionale Optimierung mit Nebenbedingungen” gestellt und mit einer ausführliche Musterlösung versehen.
Ein Student habe (am Abend nach einer Klausur) die folgende Nutzenfunktion für den Konsum von Zigaretten x, Bier y und Caipirinha z:
Er nimmt sich vor, nicht mehr als 300 Euro auszugeben, um die (hoffentlich) bestandene Klausur zu feiern.a) Erklären Sie zunächst verbal, warum der Student entweder auf Alkohol ganz verzichten oder sowohl Bier wie auch Cocktails trinken wird!
b) Warum wird er sein Budget bei dieser Nutzenfunktion vollständig ausschöpfen?
c) Bestimmen Sie das Nutzenoptimum mit Hilfe der Methode der Lagrangemultiplikatoren unter der Budgetrestriktion, wenn ein Bier 6 Euro, Zigaretten auch 6 Euro und ein Caipirinha 12 Euro kosten.
d) Kann er sein Nutzenoptimum tatsächlich erreichen?
Aufgrund welchen Axioms berechnet sich der Nutzen von Zigaretten, Bier und Caipirinha als ? Und ist das die Nutzenfunktion des Studenten oder die des Wirts? (Und wie realistisch ist ein studentisches Budget von 300 Euro?)
Die Aufgabe wird in der Musterlösung mit dem Lagrange-Ansatz gelöst, was – nebenbei bemerkt – in der Praxis wohl niemand tun würde, da man das Maximum dieser Optimierungsaufgabe schon durch kurzes Anschauen der Nutzenfunktion findet. Das Ergebnis, also dass der größtmögliche Nutzen bei 50 Schachteln Zigaretten und null Alkohol eintritt, deuten die Autoren der Musterlösung dann aber nicht etwa als Indiz für den zweifelhaften Nutzen ihrer Nutzenfunktion.
Das Problem, das zu diesem Ergebnis führt, ist der zunehmende Grenznutzen der einzelnen Güter.
lernen die Studenten stattdessen.
Optimale Lösung: 50 Schachteln Zigaretten zu 6 Euro
Wo wohnt die Großmutter?
Nicht zuviel, sondern zuwenig Text hatte diese Aufgabe, die mir Dr. Carsten Franke (Bempflingen) aus der Mathematik-Klausur seines damals neunjährigen Sohnes (mit als „richtig“ bewerteter Lösung) zugeschickt hat.
Eine Möglichkeit wäre, dass die zweite Frau des Großvaters eine Schwester hat, welche mit dem Sohn des Großvaters aus dessen erster Ehe verheiratet ist, womit für deren Sohn dann die Tante auch die Oma wäre. Naheliegender für eine Aufgabe in der dritten Klasse wäre die Deutung, dass Lars morgens von der Oma gekommen sein muss, die wegen der angegebenen Entfernungen wohl weder bei der Tante noch bei den Eltern wohnen soll. (Wobei die zweite Möglichkeit aus der Aufgabenstellung nicht ausgeschlossen werden kann, denn schließlich gibt es dank der Ungleichung ja Dreiecke mit den entsprechenden Seitenlängen.) Allerdings wäre die richtige Lösung dann nicht 870, sondern eine nicht näher bestimmbare Zahl
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Kategorienmodelle
2019 gab es Diskussionen und sogar Petitionen zu Textaufgaben in den Abiturklausuren verschiedener Bundesländer, die zwar mathematisch machbar gewesen seien, die Schüler aber durch zuviel überflüssigen Text verwirrt hätten.
Erfolglos blieb in Bayern eine Petition mit 73000 Unterschriften (von 37000 bayrischen Abiturienten); Vorwurf der Petenten war, die Aufgaben wären zu textlastig gewesen, Lesen und Verstehen hätten deshalb zuviel Zeit verbraucht. Es ging um eine Losverkäuferin.
Bei einer Losbude wird damit geworben, dass jedes Los gewinnt. Die Lose und die zugehörigen Sachpreise können drei Kategorien zugeordnet werden, die mit “Donau”, “Main” und “Lech” bezeichnet werden. Im Lostopf befinden sich viermal so viele Lose der Kategorie “Main” wie Lose der Kategorie “Donau”. Ein Los kostet 1 Euro. Die Inhaberin der Losbude bezahlt im Einkauf für einen Sachpreis in der Kategorie “Donau” 8 Euro, in der Kategorie “Main” 2 Euro und in der Kategorie “Lech” 20 Cent. Ermitteln Sie, wie groß der Anteil der Lose Kategorie “Donau” sein muss, wenn die Inhaberin im Mittel einen Gewinn von 35 Cent pro Los erzielen will.
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