Ein klassisches Thema der Zahlentheorie sind die Modulfunktionen für Γ=SL(2,Z) und allgemeiner für Fuchssche Gruppen. Man kann sie als Funktionen auf der hyperbolischen Fläche Γ\H2 ansehen und sie sind dort Eigenfunktionen des Laplace-Beltrami-Operators Δ. Hans Maaß definierte 1949 (nicht notwendig holomorphe) automorphe Funktionen als Eigenfunktionen von Δ.
In der klassischen harmonischen Analysis will man Funktionen aus L2(R) als Integrale trigonometrischer Reihen zerlegen, also von Eigenfunktionen von Δ. Atle Selberg erkannte in den 50er Jahren, dass man mit dem analogen Ansatz das Klassifikationsproblem für Modulformen angehen kann. Wenn f eine Modulform vom Gewicht k ist, dann ist die auf SL(2,R) definierte Funktion F\left(\begin{array}{cc}a&b\\  c&d\end{array}\right)=(ci+d)^kf\left(\frac{ai+b}{ci+d}\right) eine Eigenfunktion von Δ zu einem von k abhängenden Eigenwert. Für Kongruenzgruppen in SL(2,R) konnte Selberg das kontinuierliche Spektrum des Laplace-Operators durch Eisenstein-Reihen beschreiben, also durch Eigenfunktionen von Δ. Das diskrete Spektrum wiederum ging er mit seiner Spurformel an und konnte so letztlich alle quadratisch integrierbaren automorphen Formen auf Γ\SL(2,R), also die Spektralbasis für Δ, bestimmen. Man hatte sich gefragt, ob die mit sehr unterschiedlichen Methoden von Siegel und Maaß konstruierten Eigenfunktionen nur Anomalien oder bereits alle Eigenfunktionen waren. Selberg beantwortete das positiv mit seiner Spurformel.

Die Theorie der Modulformen wird damit Teil der Darstellungstheorie, konkret des Problems: zerlege die unitäre Darstellung von SL(2,R) auf L2(Γ\SL(2,R)) in irreduzible Darstellungen. (Aus Schurs Lemma folgt, dass Δ auf jeder irreduziblen Darstellung als Multiplikation mit einem Skalar wirkt.) Um die Modulformen vom Gewicht 2k zu finden, betrachtet man in L2(Γ\SL(2,R)) den irreduziblen Unterraum zum entsprechenden Eigenwert von Δ und betrachtet dort den kleineren Unterraum, auf dem Winkel θ aus SO(2) als Multiplikation mit e-2kiθ wirken. Das alles war in Borels Überblicksartikel in den Proceedings der Konferenz von Boulder (1965) erklärt, die ein systematischer Versuch gewesen waren, die aufstrebende Theorie der automorphen Formen einem breiteren Kreis zugänglich zu machen.

Die Theorie der automorphen Formen war also mit der Darstellungstheorie verknüpft, die in den 60er Jahren vor allem durch Arbeiten von Harish-Chandra Fortschritte erzielte. Nachdem die endlich-dimensionalen Darstellungen von Cartan (für halbeinfache Lie-Gruppen) und Weyl (für kompakte Gruppen) klassifiziert worden waren, hatte Eugene Wigner noch vor dem Krieg unendlich-dimensionale unitäre Darstellungen der Poincaré-Gruppe untersucht. Das wurde von Harish-Chandra in seiner Dissertation 1947 zunächst auf die Lorentz-Gruppe ausgedehnt. In den weiteren Arbeiten Harish-Chandras ging es in den folgenden Jahrzehnten dann um (unendlich-dimensionale) Darstellungen reduktiver (nichtkompakter) Lie-Gruppen oder algebraischer Gruppen.
Man unterscheidet in der Darstellungstheorie von Lie-Gruppen die diskrete und die kontinuierlichen Serie von Darstellungen. Die diskrete Serie bilden die Äquivalenzklassen derjenigen Darstellungen, die als Unterdarstellung in der regulären Darstellung von G auf L2(G) vorkommen.
Für kompakte Gruppen gehören alle Darstellungen zur diskreten Serie. Bei halbeinfachen Gruppen ist das nicht der Fall, wie Bargmann 1947 für SL(2,R) entdeckt hatte. Dort gab es zwei Hauptserien parametrisiert durch eine reelle Zahl v und eine diskrete Serie parametrisiert durch eine natürliche Zahl n>1 und komplexe Konjugation. Die Existenz der diskreten Serie folgt in diesem Fall aus der Existenz von Modulformen hinreichend großen Gewichts, die man mittels des Riemann-Roch-Theorems durch eine Dimensionsberechnung beweist.
Zuvor hatten Gelfand und Naimark den Fall G=SL(2,C) untersucht und recht explizit konstruierte Hauptserien angegeben. Für komplexe Gruppen hat man tatsächlich nur das kontinuierliche Spektrum. Diskrete Serien gibt es nur für diejenigen halbeinfachen Gruppen, deren Rang mit dem ihrer maximal kompakten Untergruppe übereinstimmt, zum Beispiel SL(n,R).
Für reelle halbeinfache Gruppen konnte Harish-Chandra schon in den 50er Jahren mit einem induktiven Verfahren – der Philosophie der Spitzenformen – die Bestimmung der kontinuierlichen auf die Bestimmung der diskreten Serien zurückführen. Die Konstruktion der diskreten Serie gelang ihm erst ein Jahrzehnt später, indem er explizit ihre Charaktere konstruierte. Für SL(2,R) war sie aus der Arbeit von Bargmann bekannt, im allgemeinen Fall war die Schwierigkeit der Beweis des Regularitätssatzes für invariante Eigendistributionen, demzufolge jeder Charakter lokal integrierbar ist.
In der harmonischen Analysis will man die reguläre Darstellung von G auf L2(G) in irreduzible Darstellungen zu zerlegen. Die Zerlegung ist ein Integral über die duale Gruppe, also den Raum der unitären irreduziblen Darstellungen von G. Das ist ein topologischer Raum, wo die Menge der nicht-trennbaren Punkte relativ klein ist. Einer Funktion auf G entspricht eine operatorwertige Funktion auf diesem Raum, und man hat auch ein Maß, so dass die Integrale übereinstimmen in Analogie zur Plancherel-Formel für G=R. Harish-Chandra gelang es nach langer Arbeit in den 60er Jahren, das Plancherel-Maß (und seinen Träger) auf dem Raum der irreduziblen Darstellungen explizit zu beschreiben, wobei der Regularitätssatz und die Konstruktion der diskreten Serie die Ecksteine dieser Formel wurden. Weiter gelang Harish-Chandra der Beweis einer Charakterformel für die Darstellungen aus der diskreten Serie in Analogie zu der für kompakte Gruppen bekannten Weylschen Charakterformel.

Neben den klasssischen auf der hyperbolischen Ebene definierten Modulformen waren in der Zahlentheorie auch die Hilbert-Blumenthal-Modulformen (auf dem Produkt hyperbolischer Ebenen) und die Siegelschen Modulformen (auf dem mittels symplektischer Matrizen definierten Siegelschen Halbraum) nützlich gewesen. Diese verallgemeinerten Modulformen kann man jeweils als Funktionen mit gewissen Eigenschaften auf Γ\G für die jeweilige Lie-Gruppe G ansehen. Auf dem ICM 1962 in Stockholm hatte Israel Gelfand einen Vortrag “Automorphic functions and the theory of representations” gehalten. Dort erklärte er den Begriff einer verallgemeinerten Spitzenform und seine Arbeiten mit Graev und Piatetski-Shapiro, mit denen er das Spektrum der Algebra invarianter Differentialoperatoren untersuchen konnte. Die verallgemeinerten Spitzenformen entsprechen den “kuspidalen” Darstellungen, die in einem durch Bedingungen in den Spitzen definierten invarianten Unterraum L_0^2(\Gamma\backslash G)\subset L^2(\Gamma\backslash G) vorkommen, und sie sind Teil des diskreten Spektrums. Das kontinuierliche Spektrum wird im Fall G=SL(2,R) durch Eisenstein-Reihen beschrieben. Die Struktur des Spektrums ist zweistufig. Es ist zunächst in Teile aufgeteilt, die durch eine parabolische Untergruppe P parametrisiert sind. Jeder dieser Teile hat als Dimension den Rang von P und entspricht einer Familie verallgemeinerter Spitzenformen zu einem Faktor von P. Langlands bewies die Fortsetzbarkeit der zugeordneten automorphen Funktionen und bekam damit die Spektralzerlegung von L2(Γ\G) für Quotienten endlichen Volumens beliebiger reduktiver Gruppen. Das kontinuierliche Spektrum bekam er mit den Eisenstein-Reihen, deren Spektrum aber außerhalb des Konvergenzbereichs liegt, so dass ihre analytische Fortsetzbarkeit wesentlich wurde. Die Fortsetzbarkeit dieser „Eisenstein-Reihen“ zu meromorphen Funktionen bewies er mit einem Wechselspiel von Spektraltheorie und dem Kalkül höherer Residuen. Damit konnte er das kontinuierliche Spektrum mittels der diskreten Spektra in niedrigeren Dimensionen bestimmen.

Eine weitere Reformulierung der klassischen Theorie der Modulformen war die Verwendung adelischer Sprache. Obwohl diese nicht so naheliegend war, macht sie doch viele der Operationen auf automorphen Formen letztlich stromlinienförmiger. Adele waren ursprünglich von Chevalley eingeführt worden, um die Klassenkörpertheorie zu vereinheitlichen. In John Tates Dissertation waren Heckes Arbeiten über L-Funktionen in dieser Sprache formuliert worden. Die Theorie der automorphen Formen auf Γ\SL(2,R) für eine beliebige Kongruenzgruppe Γ wird in adelischer Sprache Teil des allgemeinen Problems, für den Adelering {\bf A}=\widehat{\Pi_p}{\bf Q}_p\times{\bf R} die unitäre Darstellung von SL(2,A) auf L2(SL(2,Q)\SL(2,A)) in irreduzible Darstellungen zu zerlegen. Aus dem starken Approximationssatz für SL(2) folgt, dass dieses Problem tatsächlich das Vorhergehende umfaßt. Dieser Zugang behandelt die Theorie simultan für alle Gewichte und alle Kongruenzgruppen, er verwendet rationale Matrizen statt ganzzahliger, und vor allem zeigt er die Bedeutung der Darstellungstheorie p-adischer Gruppen, die der eigentliche Hintergrund der Hecke-Operatoren ist: die Eigenwerte der Hecke-Operatoren parametrisieren die irreduziblen Darstellungen von SL(2,Qp), die in dem Sinne unverzweigt sind, dass ihre Einschränkung auf die maximal-kompakte Untergruppe SL(2,Zp) die triviale Darstellung enthält.
Mit diesem Ansatz ergab sich die naheliegende Verallgemeinerung, nämlich die Frage nach den irreduziblen Summanden der unitären Darstellung von G(A) auf L2(G(Q)\G(A)) für eine beliebige zusammenhängende reduktive algebraische Gruppe G. Das wurde das Thema des Langlands-Programms.

Auch den heiligen Gral der Klassenkörpertheorie, das Artinsche Reziprozitätsgesetz, kann man in diesem Kontext in adelischer Sprache als Bijektion zwischen irreduziblen 1-dimensionalen Darstellungen Gal(\overline{\bf Q}/{\bf Q})\to GL(1,{\bf C}) einerseits und irreduziblen, zulässigen Teildarstellungen von GL(1,A) in L2(GL(1,Q)\GL(1,A)) andererseits formulieren. Der Beweis ergibt sich daraus, dass die Artinsche L-Reihe der 1-dimensionalen Galois-Darstellung mit der Hecke-L-Funktion des assoziierten Hecke-Charakters, der von Langlands als Darstellung von GL(1,A) interpretiert wird, übereinstimmt. Bei seinem Versuch, die Selbergsche Spurformel zu verallgemeinern, stieß Langlands auf die Notwendigkeit einer allgemeineren Definition von L-Funktionen für automorphe Darstellungen, also Darstellungen von GL(n,A).

Zu einer holomorphen Spitzenform f(z)=\sum_n a_ne^{2\pi inz} hat man ihre Mellin-Transformierte L(f,s)=(2\pi)^s\Gamma(s)\sum_na_nn^{-s}. Hecke bewies, dass L(f,s) ganzrational ist und einer Funktionalgleichung L(f,k-s)=i^kL(f,s) für das Gewicht k der Spitzenform genügt. Umgekehrt ist jede Dirichlet-Reihe, die ganzrational ist und der Funktionalgleichung genügt, die L-Reihe einer holomorphen Spitzenform vom Gewicht k. Diese Theorie wurde von Maaß auf nicht-holomorphe Formen und von André Weil für gewisse Kongruenzuntergruppen von SL(2,Z) verallgemeinert.
Die L-Funktionen sollten motivisch sein, also den L-Funktionen eines Motivs entsprechen, was für Modulformen vom Gewicht 2 aus den Arbeiten von Eichler und Shimura zum Zusammenhang von Modulformen und elliptischen Kurven folgt, während Serre und Deligne Ende der 60er Jahre am allgemeinen Fall arbeiteten.

Langlands automorphe L-Funktionen waren das analytische Gegenstück zu Artins nichtkommutativen L-Funktionen so wie Heckes L-Reihen das analytische Gegenstück zu Artins kommutativen L-Funktionen waren. Ein neuer Aspekt waren aber die dualen Darstellungen. Für diese benötigte er nicht die duale Gruppe, sondern das Langlands-Dual, dessen Wurzeln gerade die Kowurzeln der ursprünglichen Gruppe sind. (Zum Beispiel ist SO(n+1,C) Langlands-dual zu Sp(n,C).) Charakteristische Polynome halbeinfacher Konjugationsklassen im Langlands-Dual hatten analoge Eigenschaften zu gewissen in der Konstruktion der Artin-L-Funktion verwendeten charakteristischen Polynomen und wurden dementsprechend von Langlands zur Definition seiner automorphen L-Funktionen verwendet.

Die (vermutete) Verallgemeinerung des Artinschen Reziprozitätsgesetzes wurde bei Langlands dann die Langlands-Funktorialität, eine Identität zwischen den beiden Typen von L-Funktionen: die von ihm definierte L-Funktion einer automorphen (d.h. in der Darstellung auf L2(Γ\G(R)) vorkommenden) Darstellung von G(R) sollte mit einer Artin-L-Funktion übereinstimmen. Weiterhin sollte natürliche algebraische Konstruktionen ihr analytisches Gegenstück haben. Zu einem Homomorphismus der Langlands-Duals von G und G’ soll man eine die L-Funktion erhaltende Abbildung zwischen automorphen Darstellungen haben. Auch Tensorprodukt, Induktion und Einschränkung sollen analytische Gegenstücke haben.

Wenn man das Artinsche Reziprozitätsgesetz als Bijektion zwischen irreduziblen 1-dimensionalen Darstellungen Gal(\overline{\bf Q}/{\bf Q})\to GL(1,{\bf C}) einerseits und irreduziblen, zulässigen Teildarstellungen von GL(1,A) in L2(GL(1,Q)\GL(1,A) andererseits interpretiert, stellt sich natürlich die Frage, ob das analog auch für GL(2) stimmt. Der Weg geht über die L-Funktion zu einer Darstellung von GL(2,A), als die man die L-Reihe einer Darstellung Gal(\overline{\bf Q}/{\bf Q})\to GL(2,{\bf C}) realisieren möchte. Diese Darstellung bekommt man als eine gewisse automorphe, also zu einer (nicht notwendig holomorphen) Spitzenform assoziierte, Darstellung. Die Irreduzibilität ist gleichbedeutend damit, dass die Spitzenform eine Eigenform ist. Für Darstellungen in GL(n,C) stellen sich die Dinge dann analog dar: man betrachtet dann gewisse cuspidale Darstellungen statt der Spitzenformen, setzt also die die Rang-r-Darstellungn der absoluten Galois-Gruppe mit den kuspidalen automorphen Darstellungen von GL(r,A) in Beziehung. Langlands Ansatz verallgemeinert damit die globale Klassenkörpertheorie, wenn man diese als Korrespondenz zwischen den Charakteren endlicher Ordnung der absoluten Galois-Gruppe einerseits und der Idelklassengruppe andererseits versteht, in einem nichtabelschen Kontext. Die allgemeine Funktorialität soll dann besagen: Homomorphismen zwischen L-Gruppen reduktiver Gruppen über F induzieren Relationen zwischen automorphen Darstellungen der ursprünglichen Gruppen. Das würde Artins Vermutung über die Holomorphie der L-Funktionen der Darstellungen von Gal(\overline{F}/F) implizieren.

Langlands hatte diese Ideen erstmals 1967 in einem Brief an André Weil entwickelt. Mit Hervé Jacquet, einem Postdoktoranden am Institute for Advanced Study, bewies er 1970 sein Funktorialitätsprinzip zunächst für G=GL(2). Ihre Arbeit benutzte die Selbergsche Spurformel und verallgemeinerte die von John Tate zwanzig Jahre zuvor in seiner Dissertation für G=GL(1) entwickelten Lokal-Global-Methoden, die wiederum Heckes inzwischen mehr als fünfzig Jahre zurückliegende Arbeit verallgemeinert hatte. Obwohl die Selbergsche Spurformel schon schon seit mehr als zehn Jahren bekannt war, wurde ihre wahre Bedeutung erst durch diese Arbeit ersichtlich. Die Formel bildet ein Analogon zur Theorie der Charaktere der Darstellungen endlicher Gruppen und kann dazu verwendet werden, die Menge der automorphen Darstellungen zweier verschiedener Gruppen zu vergleichen.

Bild: https://www.ams.org/publicoutreach/math-in-the-media/mm-04-2018-media#one

Kommentare (2)

  1. #1 Gill Bates
    22. März 2021

    Jo ihr Freaks.
    Überweist BTC zu

    bc1qvrhe5gj3rcw9h5a6skrwp3kvql89cnkq0296ee

    Dann macht ihr mal was nützliches.
    Habe Krebs und so

  2. #2 Theorema Magnum – Mathlog
    9. September 2021

    […] Systeme Das Yoga der Motive Konvergente Differenzenschemata der Navier-Stokes-Gleichung Die Jacquet-Langlands-Korrespondenz NP-Vollständigkeit des SAT-Problems Dualität des BMO-Raums zum Hardy-Raum Die LBB-Bedingung Die […]