Das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt betitelte Anfang der 90er Jahre einen Bericht über jüdische Orchester in deutschen Konzentrationslagern mit der Überschrift „Sie spielten bis zum Vergasen“. Das fanden damals viele Leser geschmacklos, die taz wollte dafür die Gurke des Jahres verleihen und Esslinger-Schneider nahmen den Fall als Negativbeispiel in ihr Buch “Die Überschrift” auf.
Am Dienstagabend sprach Sky-Kommentator Dennis Aogo bei der Übertragung des Champions-League-Halbfinales davon, dass Manchester City vor dem Spiel etwas “bis zum Vergasen trainiert” habe. Zwei Tage später war er seinen Job los.
Die Vorgeschichte ist natürlich jedem bekannt, der in den letzten Tagen Zeitungen gelesen hat. Aogo hatte am Tag zuvor öffentlich gemacht, von seinem Sky-Kollegen Jens Lehmann als “Quotenschwarzer” beschimpft worden zu sein. Nachdem Lehmann in seinem Job als Aufsichtsrat bei Hertha BSC ohnehin nichts geleistet und im Laufe der Jahre immer wieder Leute mit unfreundlichen Äußerungen verärgert hatte, nutzte man dort ebenso wie bei Sky die Gelegenheit zum Rauswurf; einen Tag später wurde dann auch Aogos “Entgleisung” zum öffentlichen Thema.
Früher ging es bei “politischer Korrektheit” mal darum, Angehörige von Minderheiten nicht unnötig zu kränken, also eigentlich nur die normalen Grundregeln der Höflichkeit, die für die Mehrheit ohnehin gelten, auch auf Minderheiten auszudehnen. In den letzten Monaten hat man bei manchen öffentlichen Debatten eher den Eindruck, dass es nur noch darum geht, um jeden Preis etwas skandalisierbares zu finden, auch und gerade bei Vertretern von Minderheiten, die man auf diese Weise wieder von der Öffentlichkeit ausschließen kann, in die sie nach Meinung mancher wohl ohnehin nicht gehören.
Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dennis_Aogo_2019.jpg
Sorry für diesen Beitrag, der mit dem eigentlichen Thema des Blogs natürlich nichts zu tun hat.
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