Ein anderer Impuls von Sullivans Ansatz war die Herstellung von Analogien zur Theorie der Kleinschen Gruppen, die damals durch Thurstons Arbeiten zur Hyperbolisierung von 3-Mannigfaltigkeiten gerade wieder in Mode gekommen war. In der Iteration rationaler Funktionen hat man den bekannten Effekt, dass bei einer Perturbation der Funktion f(z)=z2 in die Funktionen fa(z)=z2+az der unter f invariante Einheitskreis, auf dem f dichte Orbiten hat und ergodisch ist, sich perturbieren läßt in einen Quasikreis, der unter fa invariant ist und auf dem fa dichte Orbiten hat und ergodisch ist. Das ist eine ähnliche Situation wie in der Theorie diskreter Untergruppen von SL(2,C) und ihrer Wirkung auf dem hyperbolischen Raum bzw. dessen Sphäre im Unendlichen. Eine in SL(2,R) enhaltene diskrete Gruppe (“Fuchssche Gruppe”) läßt einen Kreis in der Sphäre im Unendlichen invariant – dieser ist ihre Limesmenge – und sie erlaubt Deformationen (“quasifuchssche Gruppen”), die einen nicht differenzierbaren Quasikreis als Limesmenge haben. Solche Gruppen und ihre Limesmengen waren schon von Poincaré betrachtet und in jüngerer Zeit von Ahlfors und Bers mit Hilfe quasikonformer Abbildungen untersucht worden.
Fatou und Julia waren sich der Analogie ihrer Theorie mit den Arbeiten Poincaré zu Fuchsschen und Kleinschen Gruppen durchaus bewußt gewesen. Sullivan gab dieser Analogie nun einen Erklärungsansatz, indem er die – in der Theorie Kleinscher Gruppen von Ahlfors und Bers verwendete – Theorie quasikonformer Abbildungen in die komplexe Dynamik einführte.
Ende der 70er Jahre waren unabhängig die Theorie der diskreten Gruppen in SL(2,C) durch Thurstons Arbeiten zur Vielfalt hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten und die Iterationstheorie rationaler Abbildungen durch die Arbeiten von Douady und Hubbard, die die Komplexität der Familie quadratischer Polynome zeigten, ins Zentrum mathematischer Forschung gerückt.
Die Idee, dass hyperbolische Geometrie im Unendlichen konforme Geometrie wird und deshalb das Studium der Dynamik auf Limesmengen (und Diskontinuitätsbereichen) von Bedeutung ist, hatte Sullivan ursprünglich aus Thurstons Vorlesung in Princeton gelernt und er hatte dann begonnen, sich mit der Ergodentheorie im Unendlichen zu beschäftigen. Er benutzte ein (in Verallgemeinerung der Dissertation von Patterson für diskrete Gruppen in SL(2,R) konstruiertes) invariantes Maß auf der Limesmenge, um ein invariantes Maß für den geodätischen Fluß zu definieren und bewies dann analog zu Eberhard Hopfs alter Arbeit für hyperbolische Flächen, dass der geodätische Fluss auf hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten (unendlichen Volumens) entweder ergodisch oder dissipativ ist. Mit dem Maß auf der Limesmenge konnte er in manchen Fällen die fraktale Dimension der Limesmenge berechnen.
Thurston hatte damals schon die Idee gehabt, die Hyperbolisierung von Abbildungstori (für sogenannte pseudo-Anosov-Diffeomorphismen, das sind Abbildungen von Flächen, die eine stabile und eine instabile invariante Laminierung haben) mit dynamischen Methoden zu beweisen und in den 80er Jahren war er dabei, den Beweis dafür aufzuschreiben. Das dynamische System ist in diesem Fall die Wirkung der Fundamentalgruppe der Fläche auf der Sphäre im Unendlichen. Neben der Wirkung der Flächengruppe hat man noch eine Wirkung der Monodromie auf der Darstellungsvarietät der Flächengruppe in PSL(2,C), für die man einen Fixpunkt sucht. Den von Ahlfors und Bers zwanzig Jahre zuvor bewiesenen meßbaren Abbildungssatz nutzte Bers für den Beweis der simultanen Uniformisierung: die Darstellungen einer Flächengruppe mit einem Quasikreis als Limesmenge (sogenannte quasifuchssche Darstellungen) werden durch das Produkt zweier Kopien des Modulraums hyperbolischer Metriken (des Teichmüller-Raums) parametrisiert. Im Abschluß des Raums der quasifuchsschen Darstellungen findet man den gesuchten Fixpunkt der Monodromie-Abbildung auf der Darstellungsvarietät.
Man konnte im von Thurston skizzierten Beweis der Hyperbolisierung für Abbildungstori eine Analogie zur Renormalisierung in der Theorie der Iteration rationaler Funktionen entdecken. Dort betrachtet man eine 2-fache verzweigte Überlagerung und eine Funktionalgleichung für den Fixpunkt des Renormalisierungsoperators. Die harmonische Analyse auf dem hyperbolischen 3-Raum spielt eine wesentliche Rolle sowohl für den Beweis des attrahierenden Verhaltens des Renormalisierungsoperators wie auch für die Untersuchung der Wirkung der Monodromie auf der Darstellungsvarietät. Diese Ähnlichkeit wurde vor allem von Sullivans Doktoranden McMullen verfolgt, der später gleichzeitig mit Otal vollständige Beweise der Hyperbolisierung sowohl für den Fall von Haken-Mannigfaltigkeiten als auch für Abbildungstori gab. Auch im Fall von Haken-Mannigfaltigkeiten ging es (für den Induktionsschritt nach Aufschneiden entlang einer inkompressiblen Fläche) darum, einen Fixpunkt für die Wirkung der Verklebeabbildung auf dem Modulraum geometrisch endlicher hyperbolischer Metriken (auf der aufgeschnittenen 3-Mannigfaltigkeit) zu finden und auch hier konnte man Analogien zur komplexen Dynamik verwenden.
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