Als Beginn der Gruppen- wie der Körpertheorie gilt die Idee von Galois, die Auflösbarkeit eines Polynoms auf die Auflösbarkeit der Galois-Gruppe der entsprechenden Körpererweiterung von Q zurückzuführen. Darauf aufbauend beschäftigt sich die algebraische Zahlentheorie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts vor allem mit den endlichen Körpererweiterungen der rationalen Zahlen.
Die Galois-Gruppen aller endlichen Körpererweiterungen von Q lassen sich zusammenfassen in der absoluten Galois-Gruppe . Stetige Darstellungen dieser proendlichen Gruppe – sogenannte Galois-Darstellungen – sind ein wichtiges Thema der Zahlentheorie. Zum Beispiel kann man das quadratische Reziprozitätsgesetz über die Lösbarkeit der Gleichungen
und
wie folgt in die Sprache der Galois-Darstellungen übersetzen. Für
besteht die Galois-Gruppe
aus zwei Elementen, der Identität und dem Automorphismus σ mit
. Man zeigt, dass für eine Primzahl p der Frobenius-Automorphismus
entweder id oder σ ist, je nachdem ob sich das Ideal (p) in der Körpererweiterung zerlegen läßt oder nicht, also ob q* ein Quadrat modulo p ist oder nicht. Das quadratische Reziprozitätsgesetz ist damit äquivalent zu der Behauptung, dass die kanonische Galois-Darstellung
den Frobenius-Automorphismus Frobp auf das Legendre-Symbol
abbildet, und diese Behauptung läßt sich mit Gruppen- und Körpertheorie beweisen.
Artins berühmtes Reziprozitätsgesetz von 1927 besagt, dass alle Elemente einer Galois-Gruppe sich als Frobenius-Automorphismen Frobp gewisser Idealklassen p realisieren lassen und dass man bei abelschen Erweiterungen für jeden Charakter λ der Galois-Gruppe einen Hecke-Charakter χ mit für alle p hat. Er zeigte dies, indem er die L-Funktion von Galois-Darstellungen definierte und im Fall von Charakteren (1-dimensionalen Darstellungen) die Gleichheit
mit der Heckeschen L-Funktion bewies. Für höher-dimensionale Darstellungen ist es bis heute offen, ob die L-Reihe auf ganz C fortgesetzt werden kann (Artins Vermutung).
Die höherdimensionale Verallgemeinerung der Artin-Reziprozität soll das Langlands-Programm sein, das die L-Reihen n-dimensionaler Galois-Darstellungen mit den L-Reihen geeigneter automorpher Darstellungen von GL(n,AQ) identifizieren möchte. Für n=2 bewiesen das 1970 Jacquet und Langlands, als Anwendung konnte Langlands die Vermutung Artins für L-Reihen 2-dimensionaler Galois-Darstellungen beweisen.
Schon zuvor hatte André Weil unter der Annahme von Artins Vermutung für 2-dimensionale Galois-Darstellungen bewiesen, dass die aus den Koeffizienten der L-Reihe einer irreduziblen Galois-Darstellung nach GL(2,C) mit Führer N gebildete Funktion f eine Neuform zu Γ0(N) ist, deren L-Reihe mit der der Darstellung übereinstimmt.
Umgekehrt fanden Deligne und Serre, dass es zu jeder solchen Neuform eine Darstellung mit derselben L-Reihe gibt. (Die Grundidee ist, dass man einer Neuform eine abelsche Varietät zuordnen kann, die als “Motiv” hinter den verschiedenen Erscheinungen steht. Für eine Primzahl p wirkt dann die absolute Galois-Gruppe auf den pn-Teilungspunkten der abelschen Varietät.) Für GL(2) reduziert sich die Langlands-Vermutung damit auf Artins Vermutung.
John Tate hatte 1966 für p-teilbare Gruppen und abelsche Varietäten A den Modul eingeführt und den Isomorphismus
für die Darstellungen der absoluten Galois-Gruppe G(K) auf diesen „Tate-Moduln“ vermutet. Das wurde ein wesentlicher Schritt zum Beweis der Mordell-Vermutung und wurde in diesem Zusammenhang 1983 von Faltings bewiesen. Auch beim Beweis des großen Satzes von Fermat war die zu einer elliptischen Kurve assoziierte Darstellung
der absoluten Galois-Gruppe auf dem Tate-Modul wesentlich.
Ramanujan hatte 1916 einige erstaunliche Kongruenzen der in der Theorie elliptischer Modulfunktionen als Fourierkoeffizienten der Diskriminante definierten τ-Funktion gefunden. Einige davon waren kurz danach von Mordell bewiesen worden, offen blieb die Vermutung
. In der Entwicklung als Euler-Produkt der zugehörigen Zetafunktion
kommen die Funktionen
vor und Serre vermutete Ende der 60er Jahre, dass es für eine Primzahl l und die Vereinigung der nur in l verzweigten Erweiterungen Kl/Q einen stetigen Homomorphismus
gibt, der für jede Primzahl p≠l den Frobenius-Automorphismus Frobp auf eine Matrix mit charakteristischem Polynom Hp(x) abbildet. Für l=2,3,5,7,23,691 ist GL(2,Ql) auflösbar und aus der Vermutung lassen sich alle bekannten Kongruenzen modulo Potenzen von l herleiten. Für l=11 konnte Serre die Vermutung aus einer Arbeit Shimuras herleiten und bekam damit insbesondere das (neue) Resultat, dass es keine Kongruenzen der τ-Funktion modulo 11 gibt.
Serre vermutete dann allgemeiner zu jeder Modulform vom Gewicht k+2 und jeder Primzahl l die Konstruktion einer Darstellung
, die nur in l verzweigt ist und wieder die Frobenius-Automorphismen auf Matrizen mit charakteristischem Polynom
abbildet. Das wurde von Deligne bewiesen, die Konstruktion bestand darin, die l-adische Kohomologie (mit geeigneten Koeffizienten) des Modulraums elliptischer Kurven zu betrachten. Die spektakulärste Anwendung dieser Konstruktion war, dass die Ramanujan-Vermutung aus den Weil-Vermutungen folgen würden. Letztere (und damit auch die Ramanujan-Vermutung) wurden dann 1974 von Deligne bewiesen. Allgemein weiß man durch tiefe Sätze von Shimura, Deligne, Mazur und Langlands, dass man jeder Eigenform eines auf einem Raum von Modulformen wirkenden Hecke-Operators eine Galois-Darstellung (sogar über einem endlichen Körper der Ordnung ln) zuordnen kann.
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