Wenige Wochen nach der Lösung des achtdimensionalen Problems bewies Viazovska dann mit Cohn, Kumar, Miller, Radchenko und mit ähnlichen Methoden in einer 17 Seiten langen Arbeit, dass das Leech-Gitter die optimale Kugelpackung im R24 liefert. Viele Mathematiker glauben, dass es in anderen Dimensionen als 8 und 24 keine so eleganten Lösungen geben wird.
Gauß-Vorlesung
Das Leech-Gitter ist ein Gitter im 24-dimensionalen Raum, das man mit Hilfe des in der Informationsübertragung wichtigen Golay-Codes konstruiert und mit dem in den 70er Jahren das Problem gelöst wurde, die maximale Zahl von einander berührenden Einheitssphären (Kusszahl) im 24-dimensionalen Raum zu finden. Es war im Juli 2021 das Thema der Gauß-Vorlesung (der halbjährlichen Veranstaltung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, mit der einer interessierten Öffentlichkeit ein Eindruck von aktueller Mathematik vermittelt werden soll), die an der Universität Augsburg coronabedingt online stattfand. Nach einigen kurzen Ansprachen und einem Eröffnungsvortrag von Jürgen Richter-Gebert über Spaziergänge in der vierten Dimension und speziell den 120-Zell (ein 4-dimensionales Polytop, dessen Rand aus 120 Dodekaedern besteht und als diskretisierte Hopf-Faserung verstanden werden kann) ging es im Hauptvortrag von Maryna Viazovska um das Leech-Gitter, seine Anwendungen auf Kugelpackungen und andere Optimierungsprobleme, und die Beziehungen zu Kodierungstheorie und Gruppentheorie. Trotz der relativ kurzfristigen Ankündigung nahmen mehrere hundert Zuschauer an der Online-Übertragung teil. Natürlich war es ein anderes Format als sonst von Gauß-Vorlesungen gewohnt, aber ein sehr interessanter Vortrag und auch das Programm vor- und nachher und die Diskussion sehr gut gemacht.
Das Video der Gauß-Vorlesung findet man auf https://youtu.be/eOtEgJFpP7w. Ebenfalls auf YouTube findet man einen ähnlichen, aber mehr ins mathematische Detail gehenden Vortrag, den Viazovska auf dem Azat-Miftakhov-Tag gehalten hat. Azat Miftakhov ist ein begabter Nachwuchsmathematiker und linker Aktivist, der von einem Moskauer Gericht wegen konstruierter Vorwürfe zu sechs Jahren Strafarbeit verurteilt wurde. Als Zeichen der Solidarität organisierte ein Unterstützerkomitee am 16. Juni eine online ausgetragene Veranstaltung, für die die aktuell bekanntesten unter den jungen osteuropäischen Mathematikern gewonnen werden konnten. Die Vorträge von Alexander Bufetov, Peter Scholze und Maryna Viazovska findet man auf dem YouTube-Kanal Day Azat Miftakhov.
\end{document}
Kommentare (11)