Im neuesten Numberphile-Video geht es um die Eulersche Formel e^{i\phi}=\cos\phi +i\sin\phi und speziell e^{i\pi}=-1:

Mir fehlt da aber die eigentlich wichtigste Anwendung dieser Formel: wenn man eine komplexe Zahl in Polarkoordinaten x+iy=re^{i\phi}=r(\cos\phi +i\sin\phi) dargestellt hat, dann kann man Multiplikationen und Potenzen sehr viel leichter berechnen als durch Ausmultiplizieren komplexer Zahlen, und man kann Wurzeln und Logarithmen leicht berechnen als \sqrt{x+iy}=\sqrt{r}(\cos\frac{\phi}{2}+i\sin\frac{\phi}{2}), \log(x+iy)=\log(r)+i\phi.

Kommentare (13)

  1. #1 Joachim
    1. Mai 2022

    Da ich glaubte, dir eulersche Identität verstanden zu haben, wollte ich schon ohne das Video zu schauen weiterblättern. Die „wichtigsten Anwendungen“ schienen mir auch klar, hatte ich doch ein Komplex-Modul für eine Programmiersprache geschrieben. Zum Beweis für „meine Klarheit“ schaute ich mir das noch einmal an – und fand prompt einen Tippfehler… Soviel dazu, warum man wirklich sehr gute Gründe braucht, so ein Modul selbst zuschreiben statt Vorhandenes zu nutzen.

    Die Multiplikation zum Beispiel braucht bei mir vier Real-Multiplikation, eine Subtraktion und eine Addition. Die Bestimmung des Betrags und des Arguments ist relativ aufwändig. Das relativiert den Nutzen der Polarkoordinaten. Zum Glück ist es relativ einfach, abzuschätzen, wann sich was lohnt. Doch selbst da mag es andere Prioritäten als nur Laufzeit geben. Aber generell stimmt die Aussage des Artikels natürlich. Wie immer hängt es von den Prämissen ab.

    Nach diesem „Aufwand“ schaute ich mir das Video doch an. Sehr schön. Insbesondere auch der Schluß mit pi/2, pi/3, pi/4 usw. Dort wird aus meiner Sicht gut gezeigt, wie Mathematiker denken und rechnen und nach einem Wust an Blättern plötzlich sagen -1 oder etwa Wurzel 2.

    Bemängeln könnte man höchstens die Geschwindigkeit des Videos. Hätte ich das ohne Vorwissen nachrechnen wollen, so müsste ich das Video dauernd stoppen. Da ist ein Buch für mich klar im Vorteil.

    Ich habe da so ein Buch aus den 1950’er Jahren zu höheren Mathematik. Das ist genau der Stiel, wenn auch ein wenig trockener präsentiert.

  2. #2 Frank Wappler
    2. Mai 2022

    Thilo schrieb (1. Mai 2022):
    > […] wenn man eine komplexe Zahl in Polarkoordinaten […] dargestellt hat, dann kann man [… deren] Potenzen […] und Logarithmen leicht berechnen als […]

    Potenzen und Logarithmen einer komplexe Zahl z (ungleich Null) lassen sich sogar Koordinaten-frei und damit womöglich noch leichter berechnen,
    wenn man diese als Produkt ihres sogenannten “(absoluten) Betrages” und des Euler-Formel-Ausdrucks ihres sogenannten “Arguments” darstellt:

    z := \text{Abs}[ \, z \, ] \, \text{Exp}[ \, i \, \text{Arg}[ \, z \, ] \, ],

    womit

    z^k :=   (\text{Abs}[ \, z \, ])^k \, \text{Exp}[ \, i \, k \, \text{Arg}[ \, z \, ] \, ],

    und

    \text{Log}_a[ \, z \, ] :=    \text{Log}_a[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] + \text{Log}_a[ \, \text{Exp}[ \, i \, \text{Arg}[ \, z \, ] \, ] \, ] =  \text{Log}_a[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] + \frac{\text{Ln}[ \, \text{Exp}[ \, i \, \text{Arg}[ \, z \, ] \, ] \, ] }{\text{Ln}[ \, a \, ]} =  \text{Log}_a[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] + \frac{i \, \text{Arg}[ \, z \, ]}{\text{Ln}[ \, a \, ]}.

  3. #3 Joachim
    2. Mai 2022

    @Frank Wappler
    Genau. Bei mir (im oben genannten Complex-Modul meines Smalltalk-Dialekts) ist (allerdings nur für den natürlichen Logarithmus) definiert:

    naturalLog = ( absoluteValue naturalLog + ( arg * i ) ).

  4. #4 Thilo
    2. Mai 2022

    @Frank Wappler: was Sie Abs[z] und Arg[z] nennen, sind aber genau r und phi.

  5. #5 Frank Wappler
    2. Mai 2022

    Thilo schrieb (#4, 2. Mai 2022):
    > […] Abs[z] und Arg[z] […] sind aber genau r und phi.

    Das sieht man dem Buchstaben “r” aber gar nicht an;
    bzw. dem Buchstaben “phi” auch nicht, erst recht nicht im Falle z := 0.

    Außerdem gelten gewisse allgemeine Kompositions-Beziehungen wie

    \text{Abs}[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] = \text{Abs}[ \, z \, ],
    \text{Abs}[ \, (\text{Arg}[ \, z \, ])^2 \, ] = (\text{Arg}[ \, z \, ])^2,
    \text{Abs}[ \, z \, ] \, \text{Arg}[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] = 0,
    \text{Arg}[ \, z \, ] \, \text{Arg}[ \, \text{Arg}[ \, z \, ] \, ] = 0,

    die sich mit einzelnen Buchstaben (die noch dazu wie freie Variable aussehen) schwerlich ausdrücken lassen.

  6. #6 Joachim
    2. Mai 2022

    @Frank Wappler,
    selbstverständlich hat Thilo recht und das “ansehen können” ist eine Definitions- oder Ansichtssache.

    Siehe meine Codezeile, wo so einfach nicht ersichtlich ist, ob arg oder absoluteValue eine Funktion oder eine Variable ist. Im Kontext einer komplexen Zahl ist abs aber eindeutig der Betrag dieser komplexen Zahl.

    Analoges gilt für die Hintereinanderausführung „absoluteValue naturalLog“, wo der Kontext von absoluteValue die Zahl ist, um die es gerade geht.

    Man denke self.absoluteValue() (wie in Java) oder this->abs() wie in C++

    Der Kontext von naturalLog ist dagegen das Ergebnis von absoluteValue.

    Diese umgangssprachliche Erklärung lässt sich relativ einfach formal so korrekt definieren, wie die originale mathematische Schreibweise.

    Sagen wir mal so: die funktionale mathematische Sicht ist ein wenig älter als die “modernen” sehr praxisbezogenen Versuche Identisches in Programmiersprachen auszudrücken. Das gilt besonders, wenn OO ins Spiel kommt.

  7. #7 Joachim
    2. Mai 2022

    Vielleicht – und das ist eine Frage an Thilo und hier nur meine Meinung – kann man das auch anders “erklären”.

    Mathematiker denken symbolisch. Wurzel 2 ist ein Symbol, das aus der Anwendung von verschiedenen Regeln auf eine Tatsache folgt. Niemand rechnet, wenn er nicht muss. 1.41421^2 ist “kompliziert”, doch Wurzel 2 zum Quadrat ist trivial.

    Deshalb r oder phi als Symbol für |z| bzw. argument(z).

  8. #8 Frank Wappler
    2. Mai 2022

    Joachim schrieb (#6, 2. Mai 2022):
    > selbstverständlich hat Thilo recht […]

    Selbstverständlich.

    p.s.
    Schreibe doch bitte mal auf, wie die schon oben (#5) gezeigte Beziehung
    \text{Abs}[ \, \text{Abs}[ \, z \, ] \, ] = \text{Abs}[ \, z \, ]
    entsprechend zu übersetzen ist. …

  9. #9 Joachim
    3. Mai 2022

    Warum sollte ich das tun? Es sind verschiedene Dinge. Ich denke, Thilo meint auch etwas anders. Es ging ja um Vorteile beim Rechnen mit Polarkoordinaten. Da seit ihr doch einig.

    Das ändert aber nichts daran, dass r = Abs[z] und phi = Arg[z] ist (wenn man der Definition Thilos folgt).

    In Smalltalk würde man tatsächlich innerhalb der (Klasse der) komplexen Zahlen (oder Ableitungen von Number)

    r r = r

    schreiben können sofern in Numbers, einer “Basisklasse bzw. parent” aller Zahlen), “r = (absoluteValue)” definiert ist. Das Ergebnis ist dann true.

    Natürlich ist das etwas anderes als:

    für alle z Element C gilt: abs(abs(z) = abs(z)

    obschon es möglich ist mit einem Computer symbolisch zu rechnen und auch in diesem Fall true zu liefern.

    Wo stehe ich nun auf den Schlauch?

  10. #10 Frank Wappler
    3. Mai 2022

    Joachim schrieb (#9, 3. Mai 2022):
    > […] In Smalltalk würde man tatsächlich innerhalb der (Klasse der) komplexen Zahlen (oder Ableitungen von Number)

    > r r = r

    > schreiben können sofern in Numbers, einer “Basisklasse bzw. parent” aller Zahlen), “r = (absoluteValue)” definiert ist.

    Das beschäftigt sich offenbar mit der Aufforderung im p.s. meines Kommentars #8 — danke!

    Ich möchte nun lösen:

    Entweder ausdrücklich: r = 0;
    ansonsten existiert der Kehrwert r^{-1}, und Multiplikation der zitierten Gleichung mit diesem Kehrwert (von links) ergibt: 1 r = 1,
    d.h. r = 1.

  11. #11 Bernd Nowotnick
    4. Mai 2022

    #10
    da man auf der 1 nicht unterscheiden kann ob rechts oder links Null ist wächst die Welt innen und außen unendlich, wie auch die Erde eine Scheibe ist wenn man auf ihr wandelt.

  12. #12 lioninoil
    5. Mai 2022

    B.N.
    Seit dem Zeitalter der Satelliten weiß man, dass die Erde keine Scheibe ist. Auf dem Meer kannst du auch erkennen, dass die Oberfläche gewölbt ist.
    Und aus einem Kugelkäse kannst du nur sehr schwer eine Scheibe aus seiner Oberfläche abschneiden.

  13. #13 Bernd Nowotnick
    5. Mai 2022

    #12
    Für einen Beobachter spiegelt sich Innen und Außen mit den Vibrationen des Vakuums in Impulsen nach e-Funktionen größenordnungsübergreifend als Kraftwirkung wieder. Es ergibt sich ein kaum merklicher Unterschied im Ergebnis, ob ein Vermesser von Ost nach West oder West nach Ost einen Berg in der Höhe vermisst. Auch taucht in der Ferne die Spitze des Vordermastes eines sich nähernden Schiffes am Horizont zuerst auf, dann der Schornstein nach und nach der Überbau, alles scheint sich vom Rand des Ozeans emporzuheben. Das H-Feld bewirkt beim Tamarack-Minen-Experiment auf Grund von m~V~H eine Drahtverkürzung von ca. 47cm gegenüber 1,3km Länge in 1,3km Tiefe, d.h. die Pendel stehen im Erdinnern über 20cm weiter auseinander. Schon die Definition der Lichtgeschwindigkeit c als Längenmaß pro Zeiteinheit weist auf die direkte Proportionalität zwischen c und einer Länge L hin: c~L.