Als wissenschaftlichen Witz oder Scherz bezeichnet man einen Witz oder einen Scherz, der direkten Bezug zur Wissenschaft hat und ihre Formen parodiert.
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Gardners Aprilscherz
Dass Aprilscherze nicht immer subtil sein müssen, bewies Martin Gardner im April 1975: die Relativitätshtheorie sei widerlegt, Leonardo da Vinci habe die Wasserspülung erfunden, im Schach gewinne 1.h4 mit hundertprozentiger Sicherheit, sei eine ganze Zahl und die unten abgebildete Karte könne nicht mit 4 Farben eingefärbt werden, behauptete er damals in seiner “Scientific American”-Kolumne.
“Zu meinem Erstaunen haben Tausende von Lesern diesen Unfug für bare Münze genommen” schrieb er später in seinen Erinnerungen: “Hunderte von Lesern schickten mir Vier-Färbungen der Karte zur Widerlegung der Behauptung. Viele schrieben, dass die Arbeit sie Tage gekostet hätte.” Eine mögliche Vier-Färbung der Karte zeigt das Bild unten, und ein Jahr später bewiesen Appel und Haken, dass jede ebene Landkarte mit vier Farben eingefärbt werden kann. (Sie fanden 1825 unvermeidbare Strukturen, von denen zumindest eine in jeder Landkarte vorkommen muss, und aus deren Unvermeidbarkeit der Vierfarbensatz mittels eines Induktionsarguments folgt – was sie freilich nur mit aufwendigen Computerrechnungen beweisen konnten.
Die Zahl der unvermeidbaren Strukturen ist inzwischen reduziert worden, am grundsätzlichen Problem einer Beweisbarkeit nur mit Computerhilfe hat sich bisher nichts geändert.)
ist übrigens, wenn man genau nachrechnet, nicht 262537412640768744 sondern
und wird heute Ramanujan-Konstante genannt – weil Gardner die angebliche Entdeckung ihrer Ganzzahligkeit Ramanujan zugeschrieben hatte. Ramanujan hatte tatsächlich einige ähnliche fast-ganze Zahlen gefunden, zum Beispiel . Die Fast-Ganzzahligkeit dieser Zahlen hat eine tiefere Erklärung in der Theorie der Modulformen: die j-Funktion
ist eine ganze Zahl und sie hat eine Reihenentwicklung, deren erste beide Terme
sind, alle danach kommenden Terme sind sehr klein. Mithin unterscheidet sich nur um diesen kleinen Rest von einer ganzen Zahl. (Es folgt aber aus dem Satz von Gelfond-Schneider, dass
transzendent ist. Der Satz besagt, dass für eine algebraische Zahl α und eine irrationale algebraische Zahl β die Potenz αβ transzendent ist. Das kann man zwar nicht direkt auf
, aber auf die Umformung
anwenden.)
Zeitabhängigkeit ganzer Zahlen
Noch unsubtiler war die am 30. März 2009 auf dem ArXiv eingereichte Arbeit Time variation of a fundamental dimensionless constant von Robert J. Scherrer, in dem nicht nur nachgewiesen wurde, dass sich die Kreiszahl π mit der Zeit veränderte (3,125… bei den Babyloniern, 3,14… bei den Chinesen), sondern auch die Zeitabhängigkeit von e, γ, φ und den ganzen Zahlen diskutiert wurde:
More speculatively, one might consider the possibility that the values of the integers could vary with time, a result suggested by several early Fortran simulations. This possibility would have obvious implications for finance and accounting.
Eine Zerlegung der Sphäre
Eine Reihe weiterer mathematischer Aprilscherze findet man auf https://mathoverflow.net/questions/235008/examples-of-math-hoaxes-interesting-jokes-published-on-april-fools-day. Der populärste (mit den meisten Upvotes) ist das folgende Bild einer in Sechsecke zerlegten Sphäre aus einer am 1. April 2015 von Edelsbrunner at al. eingereichten Arbeit Hexagonal tiling of the two-dimensional sphere.
Bekanntlich ist die Euler-Charakteristik der Sphäre χ(S2)=2, weshalb für jede Zerlegung mit E Ecken, K Kanten und F Flächen die Gleichung E-K+F=2 gelten muss. Hier hat man aber scheinbar nur Sechsecke, weshalb E=2F und K=3F gelten müßte (weil je 3 Flächen an einer Ecke zusammenkommen und je zwei Flächen an einer Kante), mithin also E-K+F=0.
Im Original ist das Bild eine drehbare Animation und im Abstrakt erhält der Leser die Anweisung “Please do not rotate the hexasphere with your mouse unless you are not convinced that there are no hidden pentagons in the design.”
Der naheliegende Trick wäre, dass im Bild irgendwo zwei Fünfecke versteckt sein sollten, aber wahrscheinlich ist es ja komplizierter…
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