Auch darüber hinaus hat die Isometriegruppe der hyperbolischen Ebene eine Unmenge diskreter Untergruppen und zu jeder davon eine Parkettierung der hyperbolischen Ebene. M. C. Escher verwendete einige dieser Parkettierungen für neue Bilder.

Statt Symmetriegruppen einfach durch Pflasterungen mit Drei-, Vier-, Fünf- oder Sechsecken zu veranschaulichen, ist es ästhetisch anspruchsvoller, wie in den berühmten Bildern M. C. Eschers die diskreten Gruppen von Isometrien durch Pflasterungen mit interessanteren Figuren darzustellen. So wird etwa die oben abgebildete Pflasterung durch hyperbolische Dreiecke (eigentlich durch Sechsecke, die man im Bild noch einmal in zwölf Dreiecke zerlegt hat) in Eschers Bild Circle Limit I durch Fische dargestellt, was natürlich viel interessanter aussieht. Ein ähnliches Bild Eschers gibt es auch für eine andere Pflasterung unter dem Titel Circle Limit III. Beide Bilder kann ich hier leider aus urheberrechtlichen Gründen zeigen, es gibt aber ein mathematisch äquivalentes Bild von Silvio Levy: Escher Fish.

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Es gibt zwar ein Urheberrecht für Kunstwerke, aber eben kein Copyright für mathematische Strukturen.

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https://images.math.cnrs.fr/IMG/png/Escher030B.png

Die (3,4,4)-Dreiecksgruppe ist die Symmetriegruppe von Eschers “Circle Limits IV”:

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Analog zum 2-dimensionalen Fall gibt es auch im 3-dimensionalen ein Kugel-Modell des hyperbolischen Raumes. Dieses Bild aus der Wikipedia will eine Pflasterung des 3-dimensionalen hyperbolischen Raumes durch isometrische hyperbolische Ikosaeder veranschaulichen.

Hyperbolische Flächen

Statt durch Parkettierungen kann man diskrete Gruppen von Isometrien der euklidischen oder hyperbolischen Räume auch durch ihre Quotientenräume verstehen. Diese sind euklidische oder hyperbolische Flächen falls sich die Winkel an jeder Ecke zu 360 Grad addieren (und sonst 2-dimensionale Orbifaltigkeiten).

Die Fläche mit g Henkeln (oben im Bild die für g=3) bekommt man aus einem 4g-Eck durch passendes Verkleben von Kanten. Zum Beispiel bekommt man für g=2 die Brezelfläche aus einem Achteck wie im Bild unten.

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Man denke sich das 8-Eck (bzw. im allgemeinen Fall das 4g-Eck) so in der hyperbolischen Ebene gezeichnet, daß die zu verklebenden Seiten gleich lang sind. Die Verklebung läßt sich dann durch Isometrien der hyperbolischen Ebene durchführen. Dann gibt die Metrik der hyperbolischen Ebene eine hyperbolische Metrik auf der Brezel bzw. im allgemeinen Fall auf der Fläche mit g Henkeln.
Die hyperbolische Ebene wird die universelle Überlagerung der hyperbolischen Fläche und man sieht die Symmetrien der Parkettierung durch 8-Ecke als Decktransformationen der universellen Überlagerung (entsprechend den Elementen der Fundamentalgruppe der Fläche).

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Quelle: https://mathworld.wolfram.com/UniversalCover.html

Jede solche Teilung der hyperbolischen Ebene durch 4g-Ecke (siehe Farb-Margalit, S.277-278 für eine präzise Definition von ‘Teilung’) gibt eine hyperbolische Metrik auf der Fläche mit g Henkeln.

Nun gibt es offensichtlich verschiedene 8-Ecke (bzw. 4g-Ecke) in der hyperbolischen Ebene, und selbst wenn man verlangt, daß die zu verklebenden Seiten gleich lang sind, gibt es noch unendlich viele Möglichkeiten von 8-Ecken, die auch keineswegs untereinander isometrisch sein müssen.
In Farb-Margalit, S.278-280 wird bewiesen, daß es eine 1:1-Entsprechung zwischen den hyperbolischen Metriken und den Teilungen der hyperbolischen Ebene durch 4g-Ecke gibt.

Mit Deva Verfs Teichmüller Navigator kann man interaktiv ausprobieren, wie sich die Teilungen verändern lassen.

Der folgende ‘dimension count’ macht plausibel, daß der ‘Raum aller hyperbolischen Metriken, die durch Teilungen der hyperbolischen Ebene in 4g-Ecke konstruier werden’ ein 6g-6-dimensionaler Raum sein sollte:

+8g (man muß 4g Ecken in der 2-dimensionalen hyperbolischen Ebene wählen)
-2g (die 2g zu verklebenden Seitenpaare müssen jeweils Paare von gleichlangen Kanten sein)
-1 (die Innenwinkelsumme muß 360o sein – das erreicht man durch Streckung/Stauchung des 4g-Ecks mit einem positiven Faktor)
-3 (isometrische Teilungen werden als gleich angesehen, die Isometriegruppe der hyperbolischen Ebene ist 3-dimensional)
-2 (die Eckpunkte des 4g-Ecks werden auf einen Punkt der Fläche abgebildet, jeder Punkt der Fläche ist möglich)

—————-

Summe: 6g-6

Das ist jetzt natürlich nur ein Plausibilitäts-Argument, zumal wir noch gar nicht gesagt hatten, welche Metrik/Topologie wir auf dem Raum der Teilungen bzw. dem dazu bijektiven Raum der hyperbolischen Metriken definieren. Aber es macht jedenfalls schon mal plausibel, daß der Raum der hyperbolischen Metriken 6g-6-dimensional ist – im Gegensatz zum klassischen, nur 2-dimensionalen Raum der flachen Metriken auf dem Torus. Es gibt also viel mehr Möglichkeiten, die hyperbolische Ebene für Parkettierungen zu benutzen als die euklidische.

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Kommentare (2)

  1. #1 N
    10. November 2024

    ein spannendes Thema. Man kann also optisch eine Wölbung vortäuschen, die gar nicht vorhanden ist.

    Bei den Kirchendecken im Barock ist das schon fast perfekt gelungen. Auch bei den Außenwänden könnte man denken, die Wand hat eine Struktur. Die ist aber nur aufgemalt.

    Ein Algorithmus für ein Computerprogramm wäre jetzt sinnvoll.

  2. #2 Quanteder
    11. November 2024

    #1
    N,
    ist dir schon mal aufgefallen, das Mathematik „nur aufgemalt“ ist?
    Was täuschen uns die aufgemalten Ziffern, Zahlen und Formeln … .. vor? Ist Mathematik nur eine „optische Täuschung?

    Ich denke, das ein KI-Algorithmus diese Fragen nicht zufriedenstellend beantworten kann.