Von einem, der auszog, das Fürchten zu lehren: Professor Richard A. Muller (siehe Abbildung), Physiker an der University of California at Berkeley, zählt zu den wissenschaftlich “härtesten” Zweiflern am Klimawandel. Dank großzügiger Finanzierung u.a. durch die (auch hinter der Tea Party stehende) Charles G. Koch Foundation sollte sein Berkeley Earth Surface Temperature Project beweisen, dass der globale Klimawandel ein Mythos ist. Dank seiner wissenschaftlichen Statur war er zudem der “Kronzeuge” einer Kongressanhörung, mit der das nun von Republikanern dominierte Abgeordnetenhaus “beweisen” wollte, dass das Gerede von globaler Erwärmung nur ein (pseudo-)wissenschaftlicher Schwindel sei. Doch der erhoffte Aha-Effekt wurde zum “Haha”-Effekt. Wenn’s nicht so ernst wäre, gäbe es eine prima Lachnummer ab.
“Witnesses Highlight Flawed Processes Used to Generate Climate Change Science, Inform Policy” steht denn auch als große Überschrift über der offiziellen Zusammenfassung der Sitzung am 31. März 2011. Doch ausgerechnet der Kronzeuge Muller (der in dieser Mitteilung dann nur noch am Rande erwähnt wird) sagte genau das Gegenteil aus: Seine Auswertung von unabhängig auswählten Messdaten – denn die Daten des Goddard Institute for Space Studies (GISS), des britischen Hadley Centre und der Climate Research Unit (HadCRU) sowie der National Oceanographic and Atmospheric Administration seien ja alle durch gezielte Auswahl der Messstationen manipuliert, so der Vorwurf der “Klimaskeptiker” – ergab genau das gleiche Bild wie die angeblich manipulierten Daten:
(Diese Grafik wurde dem oben verlinkten Report für den Kongressausschuss entnommen.) Nun muss man zur Ehrenrettung aber Mullers feststellen, dass er – wie ein wahrer Wissenschaftler – aus diesen Daten auch die korrekten Konsequenzen gezogen hat: Wenn seine Meinung mit den Fakten nicht übereinstimmt, dann muss man seine Meinung ändern. In seinen Worten heißt das:
Based on our initial work at Berkeley Earth, I believe that some of the most worrisome biases are less of a problem than I had previously thought.
Auf der Basis unserer ersten Arbeit am Berkeley Earth glaube ich, dass einige der bedenklichsten Verzerrungen ein geringeres Problem sind, als ich bisher dachte.
Womit er zwar (noch) nicht endgültig das Lager der Klimaskeptiker verlassen hat, aber zumindest zum “Hauptbelastungszeugen” gegen die Klimaverschwörung eignet er sich nicht mehr. Schon gar nicht, weil er in seinem Bericht die angeblich zu verteufelnde Arbeit seiner Kollegen als “exzellent” bezeichnet hat:
Prior groups at NOAA, NASA, and in the UK (HadCRU) estimate about a 1.2 degree C land temperature rise from the early 1900s to the present. This 1.2 degree rise is what we call global warming. Their work is excellent, and the Berkeley Earth project strives to build on it.
Und wie reagieren die Klimaskeptiker nun darauf? Ich zitiere hier mal der Einfachheit aus der heutigen Kolumne von Paul Krugman in der New York Times (ich könnte das alles ja auch nachrecherchieren, aber hier verlasse ich mich auf die Akkuratesse des Nobelpreisträgers):
Just a few weeks ago Anthony Watts, who runs a prominent climate denialist Web site, praised the Berkeley project and piously declared himself “prepared to accept whatever result they produce, even if it proves my premise wrong.” But never mind: once he knew that Professor Muller was going to present those preliminary results, Mr. Watts dismissed the hearing as “post normal science political theater.” And one of the regular contributors on his site dismissed Professor Muller as “a man driven by a very serious agenda.”
Oder, um Krugman zu paraphrasieren: Was die Klima-Skeptiker” hier abziehen, ist ein Witz – allerdings einer, der auf Kosten der Allgemeinheit geht.
Foto: Richard Muller
Kommentare (27)