Wenn ich meinem Sohn nicht im vergangenen Jahr ein Teleskop zum Geburtstag geschenkt und dadurch ein gewisses Interesse an diesen faszinierenden Guckrohren entwickelt hätte, wäre mir der Name Dobson – zumeist als Adjektiv (“Dobsonian“) für preiswerte Spiegelteleskope – vielleicht nie besonders aufgefallen. Und ich hätte dann vermutlich den Nachruf auf John Dobson, den Erfinder dieses bei Amateurastronomen sehr beliebten Spiegelteleskop-Typs, nicht weiter beachtet. Was ziemlich schade wäre, denn die Geschichte dieses Mannes, der ich-weiß-nicht-wievielen Menschen den Blick zum Himmel eröffnet hat, ist einfach faszinierend: ein Kind methodistischer Missionare, das in China zur Welt kam, sich zum Atheisten entwickelte, der dann die Spiritualität wieder entdeckte und 23 Jahre in einem Hindu-Kloster in San Francisco lebte. Den Hindu-Orden musste er aber verlassen, weil er seine (heimliche) Liebe zur Astronomie nicht aufgeben wollte; seine ersten Teleskope baute er – weil er sich der Armut verschrieben hatte – aus Altglas und Pappe. Das Design dieser Teleskope wurde sehr schnell populär, und es wird längst auch von kommerziellen Teleskop-Herstellern angeboten – doch John Dobson hat nie einen Pfennig daran verdient: Er verzichtete auf ein Patent, weil es ihm wichtiger war, dass möglichst viele Menschen Zugang zu einem Teleskop haben. Aus dem gleichen Grund gründete er auch die Sidewalk Astronomers und fuhr mit einem zur Sternwarte umgebauten Schulbus, den er Starship Centaurus A genannt hatte, durchs Land.

Dass er ein entschiedener Gegner der Urknalltheorie und überzeugter Anhänger der nicht mehr haltbaren Steady-State-Theorie war, mag man ihm als wissenschaftsfremd auslegen – aber diese Ablehnung mag für jemanden, der vor fast hundert Jahren geboren wurde, nicht allzu ungewöhnlich sein (Dobson kam im gleichen Jahr zur Welt wie Fred Hoyle). Und das darf man einem Menschen wohl nachsehen, der andererseits das Wesen unseres Daseins in so treffender Weise beschreiben konnte (Zitat aus dem Nachruf in der New York Times):

His long view was long indeed. Human bodies, he told an audience, are made of stardust. He pointed to a photo of a nebula.

“If you give this cloud another 10 billion years,” he said, “it will go to school and chew gum.”


(Trailer zum Dokumentarfilm A Sidewalk Astronomer)

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Kommentare (4)

  1. #1 Theres
    22. Januar 2014

    Wie schön, dass John Dobson hier gewürdigt wird.
    Ohne ihn wären Teleskope viel weniger verbreitet und für Hobbyastronomen auch nicht so erschwinglich geworden, meine ich. Ein Dobson bietet immer noch die größte Öffnung für das gleiche Geld, allerdings am besten für Leute unter einem nicht zu lichtverschmutzten Himmel.

  2. #2 MJ
    22. Januar 2014

    Link zum Fred Hoyle-Post funktioniert nicht, macht mich traurig, so Sartre 🙁

  3. #3 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2014

    @MJ #2
    Verflixtes html … jetzt geht’s aber. Danke für den Hinweis!

  4. #4 Alderamin
    23. Januar 2014

    Dobson war übrigens zuerst Atheist und lebte dann doch 23 Jahre als Anhänger des Ramakrishna-Ordens im Kloster. Manche Lebensläufe sind ungewöhnlich.

    Übrigens starb neulich mit Halton Arp noch ein anderer Gegner der Urknalltheorie.

    Und was lese ich gerade bei S&T: Wir haben eine Supernova 11. Größe in M82, das ist eine recht helle irreguläre Galaxie im Kopf des großen Bären, die mit ihrem Nachbarn M81 ziemlich leicht auffindbar ist.