Seit gestern ist die deutsche Fassung des Ramanujan-Films “The man who knew infinity” bei iTunes erhältlich.

Mathematiker-Biographien scheinen en vogue zu sein. Im Vergleich etwa zum Turing-Film “Ein geheimes Leben” oder gar dem Hollywood-Film über John Nash zeichnet der Ramanujan-Film aber ein viel korrekteres Bild von der Arbeit der Mathematiker.
Gerade deswegen fällt einem wahrscheinlich auf, wenn manche Sätze komisch klingen. “Wir haben alle seinen Brief gelesen. Aber es gibt keine Beweise.” ist wohl eine etwas zu wörtliche Übersetzung von “We have all read his letter and it contains no proofs”. Auch sonst denkt man bei manchen Formulierungen, dass Mathematiker das so nie sagen würden; aber wahrscheinlich ist das ja so gewollt weil die Sprache, die Mathematiker untereinander sprechen, niemand sonst verstehen würde.

Jedenfalls zeigt der Film wirkliche Mathematik und ist an Original-Schauplätzen in Cambridge gedreht. (Der Baum vor dem Trinity College ist aber in Wirklichkeit nur ein Abkömmling des Baumes, unter dem Newton die Gravitation entdeckte. Wenn überhaupt.)
Und die zwischendurch eingeblendeten Seiten mit Formeln dürften wohl Original-Manuskripte Ramanujans sein.

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Die Formel, mit der er den fremdenfeindlichen Mr. Howard (gab es den eigentlich real?) aus dem Konzept bringt, sagt mir nichts. In der oberen Zeile steht das Integral von \frac{1}{\sqrt{1-k^2\sin^2\theta}}.

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Und bei den Partitionen, auf die der Höhepunkt des Films zuläuft, geht es um die Suche nach einer von n abhängenden Reihe, deren Wert die Anzahl der Partitionen von n berechnet. Aufbauend auf Ramanujan fand Rademacher später die Formel P(n)=\frac{1}{\pi \sqrt{2}} \sum_{k=1}^\infty A_k(n)\;  \sqrt{k} \; \frac{\mathrm d}{\mathrm d n}  \left( \frac {\sinh \left( \frac{\pi}{k}  \sqrt{\frac{2}{3}\left(n-\frac{1}{24}\right)}\right) }  {\sqrt{n-\frac{1}{24}}}\right)  mit A_k(n) = \!\!\!\!\sum_{0\le m \le k-1 \atop ggT (m,k)=1}\exp \left\{  \frac{\pi i}{k} \left[ s(m,k) - 2 nm \right] \right\} und s(m,k) = \sum_{j=1}^{k-1} j\left(\frac{mj}{k} - \left\lfloor \frac{mj}{k} \right\rfloor - \frac{1}{2}\right) . Hardy und Ramanujan hatten eine asymptotische Entwicklung für P(n) gefunden:
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Kommentare (6)

  1. #1 tomtoo
    15. September 2016

    Ist vorgemerkt auch wenn ich von Mathe so viel Ahnung habe wie eine Kuh von Hirnchirugie.

  2. #2 Frank
    15. September 2016

    Wir werden sehen, ob der Film an das Buch “Der das Unendliche kannte” herankommt.
    LG Frank

  3. #3 Thilo
    15. September 2016

    Ja, das Buch ist wirklich sehr zu empfehlen. (Nicht nur wenn man an Ramanujan interessiert ist.) Man erfährt viel über das englische Universitätssystem vor 100 Jahren, wie es in Oxbridge damals zuging, nicht nur über die Mathematiker. Und auch einiges über die Entwicklung des Mathematikstudiums. Zum Beispiel hat erst Hardy durchgesetzt, dass auch in England (wie vorher schon In Kontinentaleuropa) die Analysis-Vorlesungen auf die heute üblichen Grundlagen (Begriff des Grenzwertes, formale Definitionen nach Bolzano-Weierstraß) gestellt wurden statt dort nur Rechnen zu üben. Und auch (was im Film nicht vorkommt), dass Ramanujan seine Mathematik aus einem englischen Lehrbuch für Ingenieure gelernt hatte, deshalb eben formales Rechnen exzellent beherrschte, aber nicht die für Beweise notwendigen Begriffe wie Grenzwert, Stetigkeit, Differentialquotient gelernt hatte.

  4. #4 Laie
    16. September 2016

    Danke für den Hinweis!

  5. #5 Dr. Webbaer
    17. September 2016

    Mit Srinivasa Ramanujan Aiyangar hat sich der Schreiber dieser Zeilen, natürlich nur in ihm möglichen wissenschaftshistorischen Sinne ein wenig beschäftigt, er war wohl ein Meister der intuitiven Mathematik, der strengen Mathematik eher abhold.
    Ein Künstler sozusagen, der auf der Klaviatur der Mathematik spielte.

    Der Trailer zum Film:
    -> https://www.youtube.com/watch?v=oXGm9Vlfx4w (sieben Monate alt)

    Keine Ahnung, ob Ramanujan die Unendlichkeit kannte, sie steht in der Natur nicht zur Verfügung, ist sozusagen extrapolierte Überlegung und ein rein theoretischer Begriff, auch ‘den fremdenfeindlichen Mr. Howard’ muss es nicht gegeben haben, sondern könnte cineastisch dazu gedient haben heutige Moden und Klischees zu bedienen, aus “westlicher” Sicht masochistisch sozusagen, aber wohl für den Verkauf hilfreich, er war ein Held, vielleicht kann sich darauf geeinigt werden, oder ein besonderes Talent.

    Vielen Dank für die Reminiszenz.

    MFG
    Dr. Webbaer

  6. #6 michanya
    5. Oktober 2016

    … Unendlich ist in mathe ein STRAHL – er besitzt Anfangspunkt und findet kein Ende …

    strahler70 – biotec4u