Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung hat eine Stellungnahme zur Umsetzung des Bologna-Prozesses verabschiedet, die im aktuellen Heft der “Mitteilungen der DMV” veröffentlicht wird.
Das Memorandum wurde von Prof. Grunau (Magdeburg) und Prof. Röckner (Bielefeld) verfaßt und im Dezember als offizielle Stellungnahme der DMV verabschiedet. Sie liegt der Konferenz der Mathematischen Fachbereiche (KMathF) als Beschlussvorlage vor.
Einer der diskutierten Punkte sind die ‘Grundregeln’ des Mathematik-Studiums::
2 Kerninhalte, Grundregeln
Bei aller Diversifizierung kann man feststellen, dass die Mehrzahl der Hochschulen folgende Kerninhalte festschreibt:
• Analysis I-III,
• Lineare Algebra I-II, eine weiterführende Vorlesung aus dem Bereich Algebra/Zahlentheorie /Geometrie,
• Numerik und/oder Stochastik
Der Mathematik-Pflichtanteil ist in den Studienrichtungen Wirtschaftsmathematik, Technomathematik, Computermathematik mitunter geringer, um Freiraum für das zweite Fach zu gewinnen.
Davon abgesehen ist aber eine sehr große Uneinheitlichkeit der eingerichtenen Bachelorprogramme hinsichtlich des Pflichtanteils (35 bis 80%) und der Prüfungsregelungen im Detail festzustellen.
Positiv hingegen ist zu vermerken, dass eine Vielzahl von Modulen mit Vielfachen von 9 kreditiert wird.
Innerhalb der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) und der Konferenz der Mathematischen Fachbereiche (KMathF) sollte eine Diskussion mit folgenden Zielen geführt werden:
• Können wir uns auf verbindliche Kerninhalte einigen? Könnten die oben genannten Module dazu als Diskussionsgrundlage dienen?
• Wäre es denkbar, dass wir uns einigen, dass grundsätzlich jede Prüfung genau zweimal wiederholt werden kann?
• Sehr hilfreich wären Öffnungsklauseln in Prüfungsordnungen, die es Studierenden gestatten, bei großen Modulen auch Teilprüfungen abzulegen und diese an einen anderen Ort mitzunehmen.
• Solche Öffnungsklauseln würde großen Modulen umgekehrt auch die Angriffsfläche als Mobilitätshindernis nehmen. Vorteile größerer Module (Regelfall) sind geringere Prüfungsdichte und Erlernen intensiverer inhaltlicher Querverbindungen.
• Breite- und Tiefekriterien sollten nach Möglichkeit abstrakt (Algebra, diskrete Mathematik, Analysis, Topologie, Stochastik, Numerik, etc.) und nicht auf real existierende lokale Vorlesungen ausgerichtet (Riemannsche Flächen, Zahlentheorie II, Numerik gewöhnlicher Differentialgleichungen, etc.) formuliert werden.
Selbst wenn ein solcher Katalog von Kernregeln nicht hart umgesetzt, sondern nur weich „ankonvergiert” würde, ergäbe sich eine große Erleichterung für studentische Mobilität.
Im weiteren geht es dann um die Eigenverantwortung der Hochschulen (“Erfahrungsberichte hingegen sprechen von teilweise extremer Detailverliebtheit und großen Eingriffen von Akkreditierungsverfahren, die sich dann in teilweiser extremer Regelungsdichte bis hin zur Bevormundung niederschlagen.”), um das Thema “Verschulung vs Selbstbestimmung” (es werden Beispiele diskutiert, wie an verschiedenen Universitäten “studienbegleitendes Prüfen und Modularisierung unter einer Minimierung der negativen Begleitumstände” organisiert wird) und um den Übergang Bachelor-Master:
• Masterprogramme sollten grundsätzlich im Winter- und im Sommersemester beginnen.
• Liegt das Bachelorzeugnis noch nicht vor, können aber bereits etwa 140 Leistungspunkte nachgewiesen werden, so kann man unter Vorbehalt ins Masterprogramm immatrikulieren.
• Zwar sollten Modulhandbücher grundsätzlich Bachelor- und Mastermodule separat ausweisen. Jedoch müssen sich Studierende z.B. in ihrem Spezialgebiet nicht nur vertiefen, sondern auch verbreitern. Deshalb sollten es die Masterprogramme gestatten, dass ca. 30 Leistungspunkte mit Veranstaltungen aus dem Bachelorangebot erbracht werden.
• Die DMV und KMathF sprechen sich dafür aus, bei der Zulassung zum Masterprogramm auf die Forderung von Mindestnoten des Bachelorabschlusses zu verzichten.
• Grundsätzlich soll jeder Bachelor in Mathematik, Wirtschaftsmathematik, Technomathematik, Computermathematik zu einer Zulassung ohne Auflagen bei den Mathematikmodulen in einem Masterprogramm in Mathematik, Wirtschaftsmathematik, Technomathematik, Computermathematik führen. Auflagen sollten nur bzgl. des zweiten Faches und auch hier nur mit Augenmaß formuliert werden. Vereinzelt findet man die Praxis, externe Bewerbungen für Masterprogramme nur bei Vorlage von Empfehlungsschreiben / Gutachten zu berücksichtigen. Die DMV und KMathF sprechen sich gegen solche Tendenzen aus.
• Grundsätzlich sollten auch Bachelor aus stark Mathematik-affinen Fächern die Möglichkeit haben, einen Mathematik-Master zu absolvieren. Hier könnte man als Vorleistung Kenntnisse aus einem begrenzten Brückenmodulkatalog verlangen.
Schließlich geht es noch um Studierendenzahlen und Erfolgsquoten. “Problematisch ist die geringe Erfolgsquote von rund 25%, dazu siehe Heft 16-3 (2008) der Mitteilungen der DMV.” (Diese Zahl bezieht sich aber allgemein auf das Mathematik-Studium, nicht nur speziell auf Bachelor/Master, dazu gleich noch ein Beitrag.)
Die komplette Stellungnahme findet man hier.
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