Matrizen, Flüsse und Knoten im Lorenz-Attraktor.

Letzte Woche ging es um Lorenz-Knoten, also Knoten im Lorenz-Attraktor, und vor 3 Wochen über den geodätischen Fluß auf der Modulfläche H2/SL(2,Z).

Dieser geodätische Fluß fließt auf dem Komplement der Kleeblattschlinge (eigentlich auf dem Einheits-Tangentialbündel der Modulfläche, aber das ist dasselbe wie das Komplement der Kleeblattschlinge, siehe TvF 112).
Die periodischen Flußlinien dieses Flusses nennt man modulare Knoten.

Die Kleeblattschlinge kommt auch als Knoten im Lorenz-Attraktor vor (violett):

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Jos Leys

Überraschenderweise kommen auch alle anderen modularen Knoten (und nur diese) im Lorenz-Attraktor vor. Warum?

Der ‘klassische’ Zugang zur Untersuchung von periodischen Flusslinien im Lorenz-Attraktor geht auf Guckenheimer-Williams zurück: man findet ein ‘Template’, d.i. eine (verzweigte) Fläche, so dass alle periodischen Flusslinien im Lorenz-Attraktor sich als periodische Flusslinien eines Flusses auf dem Template wiederfinden lassen.


Im Fall des Lorenz-Attraktors sieht die Fläche aus wie im Bild unten:

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https://www.josleys.com/show_image.php?galid=306&imageid=9296
Die Fläche ist verzweigt entlang der roten Linie. (Die violetten Linien sind Flußlinien des Flusses.) Wenn man die rote Linie (passend) als Intervall [0,1] auffaßt, dann entspricht die Rückkehrabbildung des Flusses gerade der Abbildung x–>2x mod 1. (D.h. wenn man im Punkt x der roten Linie startet, ist der nächste Schnittpunkt der violetten Flußlinie mit der roten Linie im Punkt 2x mod 1. Z.B. wenn man in 0,3 startet, schneidet man das nächste Mal in 0,6, dann in 0,2, dann in 0,4, 0,8, 0,6, und ab da wiederholt es sich periodisch.)

Die periodischen Orbits dieser Abbildung x–>2x mod 1 kann man mit relativ elementaren Mitteln untersuchen und Birman-Williams benutzen das, um herauszufinden, welche Knoten als periodische Flußlinen in dieser verzweigten Fläche (und damit letztlich im Lorenz-Attraktor) vorkommen.

Überraschenderweise hat Ghys (in Kapitel 3.5 seines ICM-Vortrags) gezeigt: man kann die selbe verzweigte Fläche benutzen, um auch die modularen Knoten zu beschreiben.
(Eigentlich betrachtet er nicht den geodätischen Fluß auf der Modulfläche, sondern er deformiert die hyperbolische Metrik der Modulfläche zu einer hyperbolischen Metrik von unendlichem Volumen, deren geodätischer Fluß sich besser beschreiben läßt. Man bekommt aber dieselben Knoten als Flußlinien dieser deformierten Metrik. Er konstruiert für diesen Fluß ein ‘Template’, das genau mit dem Birman-Williams-‘Template’ des Lorenz-Attraktors übereinstimmt. Insbesondere bekommt man dieselben periodischen Flußlinien.)

Also: modulare Knoten = Lorenz-Knoten.

Damit erhält man eine explizite Beschreibung der Knoten im Lorenz-Attraktor:
in TvF 75 hatten wir mal beschrieben, daß man den geodätischen Fluß auf hyperbolischen Flächen durch Multiplikation mit 2×2-Matrizen beschreiben kann.
Speziell für die Modulfläche H2/SL(2,Z) sind die periodischen Flußlinien diejenigen, die durch Multiplikation mit (Potenzen von) Matrizen aus SL(2,Z) entstehen. Jede Matrix aus SL(2,Z) liefert also einen modularen Knoten und damit auch einen Knoten im Lorenz-Attraktor. Einige Beispiele zeigt das Bild unten (von Jos Leys):

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https://www.ams.org/samplings/feature-column/fcarc-lorenz

Video und Folien zu Ghys’ ICM-Vortrag.


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Ghys, �. (2009). Right-handed vector fields & the Lorenz attractor Japanese Journal of Mathematics, 4 (1), 47-61 DOI: 10.1007/s11537-009-0854-8