Völlig durchgeknallt?

Auf YouTube ist mir gerade dieses 9 Jahre alte Video der Tea Party – Präsidentschaftskandidatin Michelle Bachmann aufgefallen. (Hintergründe dazu bei Mother Jones.)

Es ging um die (damals) neuen Mathematik-Lehrpläne, die, natürlich, wieder mal nur den wissenschaftlichen Konsens vermittelten:

They learn that mathematics is man-made, that it is arbitrary, and good solutions are arrived at by consensus among those who are considered expert.

Ja, die bösen Experten, die immer alles besser zu wissen meinen. Damit es jeder versteht, brachte Bachmann auch noch ein Beispiel:

“How would you like it if you went into Herberger’s this weekend, bought a blouse–gave a $50 bill for a $30 blouse. And the student said, well, here’s $5. And you said, ‘Hey, I deserve 15 more. What’s the deal’ And they said, ‘Well, that’s my mathematical worldview!’ You’d be knocking on the door of the manager so fast it would make your head spin!”

Phh, “make your head spin”, da dreht sich wohl einiges im Kopf.

Das im Video gezeigte Buch ist übrigens “Getting to know connected mathematics”, mit so kontroversen Themen wie “relationships among and operations on whole numbers, integers and rational numbers”.

(Ich ordne das hier mal unter Medizin ein, Politik erschiene mir doch etwas unpassend.)

Kommentare (8)

  1. #1 Sprachrohr
    14. August 2011

    Politiker sind ja immer so eine Sache.

    Soweit ich das gelesen habe, das Video habe ich noch nicht gesehen, scheint es sich aber nur um den Versuch zu Handeln, Mathematik nicht als “menschengemacht” darzustellen, mit Hinweis auf die praktische Anwendung im Geschäftsleben.

  2. #2 Thilo
    14. August 2011

    @ sprachrohr: Es handelt sich vor allem um Bachmanns absurde Behauptung, in den US-amerikanischen Mathematik-Lehrplänen würde etwas gelehrt, was nur nach dem ‘mathematical worldview’ der Experten richtig ist.

  3. #3 JK
    14. August 2011

    … das folgt offensichtlich dem Motto “Die Regierung will uns etwas einreden, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht, darum müssen ‘wir’ gegen ‘die’ etwas unternehmen”, festgemacht an einem Satz in einem Grundschulbuch. Mit dieser umwerfenden Botschaft, die “so sophisticated” ist, sollte man nach Bachmanns eigener Empfehlung umgehen: sie mal in die reale Welt holen. Dass die Regierungen immer wieder Sachen sagen, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen, ist banal, das weiß jeder, Beispiele dafür gibt es seit jeher wie Sand am Meer. Und noch viel bessere Beispiele dafür gäbe es, wenn die Tea Party an die Regierung käme.

  4. #4 Brisse
    14. August 2011

    @Jk

    “Die Regierung will uns etwas einreden, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht…”

    In den USA hat man leider sehr oft das Gefühl, das es schon reicht wenn die andere Partei irgendwas behauptet, um sofort auf hab Acht Stellung zu sein und Kontra zu geben.

    Vorallem die Republikaner stechen da negativ hervor.
    Hauptsache das Gegenteil behauptet, egal worums geht.

    Da wird doch garnicht mehr die Plausibilät des Arguments geprüft, sondern sofort ab in die FOX News und die Behauptung des Gegners als Weltuntergangshervorrufer präsentieren.

  5. #5 olf
    14. August 2011

    abo

  6. #6 JK
    14. August 2011

    @ Brisse: Das Grundmuster vieler politischer Debatten ist in Deutschland das gleiche – was die jeweils andere Partei sagt, wird als falsch erklärt, weil es die andere Partei sagt. Solche parteipolitischen Abgrenzungsrituale gehören offensichtlich zu den bewährten Mechanismen, mit denen Partei-Identitäten gepflegt werden. Nur ist das hierzulande zu einem guten Teil politisches Showbusiness und wird im konkreten politischen Geschäft meist nicht fundamentalistisch ausgelebt. In den USA scheint da mit der Tea Party etwas entgleist zu sein.

    Was den Schulunterricht angeht: Er ist für die Tea Party eine wichtige Arena, in der sie gegen “liberales” Denken kämpft, von der Evolutionstheorie bis zum wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel. In diesem Kontext steht auch das Mathematikbeispiel, es soll wissenschaftlichen Konsens an sich diskreditieren und so Raum schaffen für Schulunterricht über konservative Glaubensbekenntnisse. Sonst könnten ihre Kinder ja wer weiß auf welche Gedanken kommen.

  7. #7 Brisse
    14. August 2011

    @Jk

    auf der einen Seite gebe ich dir vollkommen Recht.
    Auf der anderen Seite seh ich leider eine ähnliche Entwicklung in
    Deutschland.
    Z.B bei uns in Stuttgart beim Thema S21, und Teilen unseren neuen
    Regierung hier in BW.

    Zum Thema “Schulunterricht”:

    Deine Theorie hat was.
    Aber ich glaube Du denkst da viel zu viel nach, bzw. schiesst mit deiner Interpretation
    etwas übers Ziel hinaus.

    Ich glaube das ist viel einfacher zu erklären.

    Solchen Menschen -mit so ganz simplen Weltanschaungen wie die Kreationisten, Rassisten, streng Gläubigen, Verschwörungstheoretikern usw.- können Wissenschaftler unglaublich einfach kontra geben.

    Und das hassen diese Menschen.
    Und deswegen hassen sie die Wissenschaftler, bzw die Wissenschaft.
    (Es wäre ja auch zu einfach das eigene Weltbild zu ändern, nein , stattdessen ist die Physik falsch, wie bei den Mondverschwörungs-Jungs)

    Und deswegen kommt so ein Müll aus ihrem Mund.
    Auf den ersten Blick macht es für so einfach -auf gewissen Augen blinden- Menschen,
    Sinn was diese Frau sagt.
    Und weil sie nur auf den ersten Blick schauen, und nicht den Zweiten machen,
    sind solche Aussagen in ihren Augen ein ganz klarer Punktsieg, und ihr
    kleines Ego in ihrem White-Trash Trailer Park ist gestärkt.

  8. #8 Warum in die Ferne schweifen?
    15. August 2011

    Der Unterschied zu Deutschland ist womöglich nur, dass Christian Wulffs Vortrag vor dem Arbeitskreis Christlicher Publizisten nicht auf YouTube zu finden ist (und dass er Ministerpräsident war und Bundespräsident ist, während Bachmann trotz aller lauten Publicity kaum eine Chance haben dürfte, in den Staaten als Präsidentin gewählt zu werden). Im Zweifel würde ich es für besser halten, dem Vormarsch wissenschaftsfeindlichen, religiös verbrämten Gedankenguts im eigenen Haus Widerstand zu leisten, als sich darüber zu amüsieren, dass der Unsinn auf der anderen Seite des Atlantiks greller leuchtet.