“Die Seele des Mathematikers ist noch nie so gezeigt worden”

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Beatriz Milhazes: “O Paraiso” 2011

Auf ZEIT Online bin ich gerade über einen, hmm, lustigen Artikel zur Pariser Ausstellung “Mathématiques – un dépaysement soudain” gestolpert. Diese Ausstellung soll, so wird der Ausstellungsmacher zitiert, nicht einfach nur Mathematik und Kunst sondern die Seele des Mathematikers zeigen.

Ich habe dann eben mal den Ausstellungskatalog überflogen und für mich klingt das zunächst alles ein wenig, ja, künstlich. Eines der Projekte zum Beispiel widmet sich der Hand von Cédric Villani: die Hand wird gefilmt, während er die Cercignani-Vermutung, seinen Beweis und die Korollare an die Tafel schreibt. Ein anderes Projekt sind auf einen Bildschirm projizierte Text-Fragmente aus einer von Michail Gromov zusammengestellten Bibliothek der wichtigsten mathematischen Werke.

Der ZEIT-Artikel jedenfalls betont neben dem künstlerischen sehr den ethnologischen Aspekt der Ausstellung:

Die Künstler nähern sich den Mathematikern wie Ethnologen einem Volk neu entdeckter Eingeborener: […]
»Es war interessant für mich, zu sehen, wie engagiert sie waren, wie offen und wie kindlich. Sie haben mehr Spaß am Leben als die meisten anderen Menschen.« […]
Die beteiligten Mathematiker geben augenscheinlich gern im Kunstkosmos […] die Rolle der bescheidenen Wilden und genießen die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit. So ließ sich Cédric Villani bereitwillig auf die Begegnung mit einem brasilianischen Yanomami-Schamanen ein, beobachtet von dem Physiker Michel Cassé und dem Ethnologen Bruce Albert. Heraus kam ein bizarres Gespräch, abgedruckt im Ausstellungskatalog: Der Schamane schweigt, der Mathematiker sagt ein paar Sätze, es reden vor allem die beiden Beobachter in der wortreichen Tradition französischer Intellektueller. Ihr Fazit: Ähnlich wie ein Schamane ein Grenzgänger zwischen der physischen und der mystischen Realität ist, absorbiere auch beim Mathematiker stets eine seltsame geistige Welt einen Teil seines Bewusstseins. […]
Depardon hat schon Dokumentarfilme über fremde Völker, über französische Bauern oder Gefängnisinsassen gedreht, aber an den Mathematikern drohte er zu verzweifeln.

Schließlich gab er einfach jedem von ihnen exakt vier Minuten, und sie durften in ihrer Muttersprache (übersetzt in Untertiteln) erzählen, was sie selbst für wichtig hielten.

Sehr schön auch die Überschrift “Wie die Wilden”.

Ein weiterer Bericht (französisch) auf Hyperbate.

Nicht besonders originell ist übrigens das Video zur Ausstellung. Unten verlinkt ist die 40-Sekunden-Version, es gibt auch eine 2-Minuten-Fassung.

Kommentare (5)

  1. #1 BreitSide
    7. November 2011

    xxx

  2. #2 Spoing
    9. November 2011

    Ich bin zwar kein Mathematiker sondern nur angehender Ingenieur, aber mein Mitbewohner, welcher Mathematik studiert, meinte vorhin auf diesen Artikel nur: “Pfft Künstler” (Mein erster Eindruck kam dem sehr nahe)

    Lustig finde ich auch die Formel E=h*f ,was zwar zweifelsfrei Mathe ist, jedoch eher in den Aufgabenbereich des Physikers als des Mathematikers fällt.

    Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass ich nie viel mit Kunst am Hut hatte, aber mit Kunst die jetzt fast über “Meinesgleichen” etwas aussagt, kann ich irgendwie garnichts anfangen!

    Es grüßt eine Student (Welcher Mittwochs dieses Semester keine Vorlesung hat)

  3. #3 Stefan W.
    9. November 2011

    Das Bild von Beatriz Milhazes finde ich recht illustrativ, was ich für eine Schwäche halte. Ohne die eingestreuten Formeln zu verstehen (ich bin kein Mathematiker – nur, als Programmierer, mathematisch fortgeschrittener als der Durchschnittsabiturient, aber weit hinter Mathe-, Physik- und anderen Studenten zurück.

    Bei solchen Projekten, wo man eine entfaltete Kunstlandschaft mit extremen Positionen und Techniken auf der einen Seite hat, und eine nicht minder entfaltete Mathematik – man kann schlecht erwarten viele Doppelbegabungen zu finden, die sowohl hier als auch dort auf der Höhe der Zeit sind. Man kann allerdings hoffen, dass man dadurch, dass man viele Künstler auf das Thema wirft, ein paar Aspekte der Mathematik in den Fokus bekommt.

    Farbspektrum, Geometrie, Dimensionen, Graphen, Perspektiven und Proportionen (goldener Schnitt) wären naheliegende Assoziationen, aber auch sehr berechenbar. Das läge jetzt dem selbst dem mathematischen Gemüt nicht sonderlich – auch dessen Geist will überrascht werden, von Kunst, und neue Einsichten gewinnen.

    Nur, weil man ein Bild sofort in Gänze sieht, ist es aber nicht unbedingt mit einem Blick verstehbar.

  4. #4 Henry
    10. November 2011

    Ich dachte die Mathematik macht grade das abstrakte, nich darstellbare aus. Die “Seele” des Mathematikers, wäre doch blos ein weisses Blatt Papier, welches er dann selbst beschreibt. (Das klingt furchtbar hochtrabend, aber ist aber ganz profan gemeint.)

    Und ehrlich gesagt, hat mich noch kein Versuch, die Mathematik künstlerisch darzustellen, vom Hocker gehauen… Immer die gleichen Fraktale, Funktionen oder Polyeder. Ein wirkliches Novum ist mir bisher noch nicht begegnet.

  5. #5 Thilo
    14. Juni 2012

    Notices of the AMS: A little more mad Ophelia, please