1,2,…,n-1 funktionieren, gehts dann auch für n? Aus der Schule kennt man die Geschichte mit den Eulerzahlen: die Formel 22n-1+1 liefert die Primzahlen 3,5,17,257 und 65537 und Fermat vermutete, dass sie immer Primzahlen liefere, erst Euler fand die Teilbarkeit von 232+1=424967297 durch 641. Gerade die Zahlentheorie kennt noch viel beeindruckendere Beispiele. Zum Beispiel sind für n=1,…,533359 jeweils n5+5 und (n+1)5+5 teilerfremd, aber für n=533360 sind beide Ausdrücke durch 1968751 teilbar.
Immersionen von S1,…,Sn-1 in den Rn
Die letzten Wochen hier ging es um Immersionen von Flächen in den R3: die Immersionen der Sphäre, welche alle regulär homotop waren (insbesondere konnte man die Sphäre umstülpen), die Immersionen des Torus, von denen es bis auf reguläre Homotopie 4 verschiedene gab, analog der Fläche mit g Henkeln, die 4g verschiedene Immersionen hat.
Der “Trick” hinter der Bestimmung der möglichen Immersionen war in jedem Fall, statt des nichtlinearen Problems (der Bestimmung der Immersionen) das lineare Problem der Bestimmung der injektiven linearen Abbildungen (d.h. der potentiellen Differentiale von Immersionen) zu betrachten: dieses hat – wie man mittels algebraischer Topologie schnell beweisen kann – für
die Fläche mit g Henkeln bis auf Homotopie genau 4g Lösungen.
Der nichttriviale Punkt hierbei ist natürlich der Beweis, dass diese beiden Probleme – das nichtlineare und das lineare – tatsächlich äquivalent sind. Diese Äquivalenz ist für Immersionen von Sphären in höherdimensionale Räume – zunächst von S2 in R3, dann auch von Sk in Rn für n>k – durch Smale bewiesen worden. (Noch allgemeiner dann für Immersionen von k-dimensionalen Mannigfaltigkeiten in Mannigfaltigkeiten der Dimension n>k durch Smales Schüler Morris Hirsch.)
Allgemein spricht man (heute, d.h. seit Gromovs Buch) in einem solchen Fall – wenn ein nichtlineares Problem sich auf seine Linearisierung zurückführen läßt – von einem h-Prinzip.
Für Immersionen von Sphären S1,…,Sn-1 in den Rn gilt also ein h-Prinzip.
Immersionen von Sn in den Rn
Was ist für Immersionen der Sn in den Rn?
Das ist viel komplizierter, schon für n=2. (Und für n>2 weiß man in diesem Fall wohl gar nichts.)
Das linearisierte Problem läuft auf die Berechnung von πnSO(n) hinaus, z.B. für n=2 hätte man wegen π2SO(2)=0 dann also eine eindeutige Lösung.
In Wirklichkeit gibt es aber keine Immersionen der S2 in den R2. Der vielleicht einfachste Beweis geht so: wegen dim(S2)=dim(R2) wäre jede Immersion auch eine Submersion. Eine Submersion einer kompakten Mannigfaltigkeit ist aber nach dem (einfach und elementar zu beweisenden) Satz von Ehresmann immer ein Faserbündel, in diesem Fall wegen dim(S2)=dim(R2) also eine Überlagerung und wegen π1S2 dann sogar ein Diffeomorphismus auf sein Bild. Aber natürlich gibt es keine Untermannigfaltigkeit des R2, die diffeomorph zur S2 ist. (Letzteres kann man auf viele Arten beweisen, ein einfaches Argument: die Untermannigfaltigkeit müßte abgeschlossen und – wegen der Dimensionsgleichheit – auch offen sein, damit aber – weil R2 zusammenhängend ist – gleich dem ganzen R2.)
Das h-Prinzip für Immersionen im Rn gilt also nur für Untermannigfaltigkeiten der Dimension 1,…,n-1, nicht für Dimension n.
Der Grund, warum der Beweis von Hirsch nicht funktioniert, ist der Induktionsschritt (beim Induktionsbeweis über die Simplizes einer Triangulierung). Für den Induktionsschritt muß man wissen, wann die Immersion einer k-1-dimensionalen Sphäre zu einer Immersion eines k-dimensionalen Balles fortgesetzt werden kann. Für k≤n-1 geht das gerade dann, wenn die entsprechende Abbildung in die Stiefel-Mannigfaltigkeit nullhomotop ist (und das beweist dann per Induktion das h-Prinzip). Für k=n ist es aber schwieriger.
Zum Beispiel zeigt das folgende Bild eine Immersion der S1 in den R2, die regulär homotop zur Standard-Einbettung ist, aber selbst nicht zu einer Immersion der D2 fortgesetzt werden kann.
Andererseits gibt es für jedes n Immersionen fn : S1 –> R2, die sich auf genau n verschiedene Weisen zu Immersionen der D2 fortsetzen lassen. (“Verschieden” heißt natürlich wieder: nicht regulär homotop.) Das Bild ist aus einem Artikel von Poenaru.
Eine kürzliche Dissertation in Darmstadt diskutiert dann allgemein, welche Immersionen der S1 in eine Fläche sich zu einer Immersion der D2 fortsetzen lassen, schon die Formulierung der Ergebnisse sieht sehr kompliziert aus. Also: für k=n hat man nicht nur kein h-Prinzip, es ist auch alles wahnsinnig kompliziert.
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