Die Sichtweisen sind dabei ungefähr so vielfältig wie in Juli Zehs Roman, wo ja die Perspektiven und auch die reinen Fakten in jedem Kapitel und bei jedem Erzähler unterschiedlich sind.
Warum sollte man mittels Auswahlaxiom für die Kategorie der Mengen postulieren, dass jeder Epimorphismus spaltet, wenn dies in vielen anderen Kategorien doch nun einmal nicht der Fall ist? Und warum sollte man durch das Auswahlaxiom eine Ähnlichkeit zwischen endlichen und unendlichen Mengen postulieren, für die es keinen objektiven Grund gibt? Oder pragmatischer: die meisten Anwendungen des Lebesgue-Maßes benötigten nicht die -Algebra der messbaren Mengen, sondern nur die der messbaren Mengen modulo Nullmengen – diese ist aber separabel und liesse sich also durch abzählbare Konstruktionen physikalisch interpretieren.
Andererseits, wenn das Auswahlaxiom nicht gälte und man also Modelle der Mengenlehre hätte, in denen alle Mengen meßbar wären, dann könnte man in mehr als
disjunkte Teilmengen zerlegen. Also eine Menge in mehr Teilmengen zerlegen als sie Elemente hat, was doch viel unintuitiver ist als das Banach-Tarski-Paradox.
Und das Auswahlaxiom ist äquivalent zu solch offensichtlich wahren Aussagen wie ”das kartesische Produkt einer nichtleeren Familie nichtleerer Mengen ist nicht leer”. Was aber auch als Argument dagegen verwendet wird, denn warum sollten unendliche Produkte nichtleer sein? Oder: nicht-meß bare Mengen kämen in der Wirklichkeit durchaus vor, beispielsweise die Menge der differenzierbaren Funktionen als Teilmenge des Raums der stetigen Funktionen.
Und es gibt die pragmatischen Argumente. Damit das Lebesgue-Maß seine gewünschten Eigenschaften hat, darf nicht die abzählbare Vereinigung abzählbarer Teilmengen sein und dafür braucht man das Auswahlaxiom. Und die Eigenschaften des Lebesgue-Maßes wiederum braucht man in der Physik für Boltzmanns Stosszahlansatz oder für die Konstruktion des SRB-Maßes auf Attraktoren chaotischer Systeme. Man braucht das Auswahlaxiom auch, um die
Definition der Stetigkeit durch die
Definition zu ersetzen. Nicht zu reden von den vielen Anwendungen in Funktionalanalysis und Quantenmechanik, angefangen mit dem Spektralsatz. Andererseits benötigt man in vollständigen Hilberträumen für den Beweis des Spektralsatzes gar nicht das Auswahlaxiom, sonden nur das beschränkte Auswahlaxiom … Keine Einigung in Sicht.
Insbesondere gibt es auch zahlreiche Wortmeldungen, die den Unterschied zwischen mathematischen Modellen und physikalischer Realität betonen und nicht nur das Auswahlaxiom, sondern auch seine Konsequenzen ausschließlich der Welt der Mathematik zuordnen wollen.
As for the lack of need for the axiom of choice in the “paraphernalia of theoretical physics”, as DeWitt puts it, one should keep in mind that this statement may hold true for the definitions of the mathematical objects he lists, but not necessarily for the ensuing results. A typical example is the spectral theorem – a cornerstone of both Hilbert space and
-algebra theories, and fundamental to quantum mechanics -, which relies on the Stone-Weierstrass theorem (for the continuous functional calculus) and also on the Riesz representation theorem (for the
functional calculus).
Yes, many theorem-proving physicists like the spectral theorem; other physicists do not consider any theorems fundamental; de Witt would probably be in the middle. Saying that this theorem is fundamental to quantum mechanics is making a judgment about physics and the use of math in it, of the same sort as our judgments about math and the use of choice in it.
Und dann gibt es noch den Hinweis, dass physikalische Konsequenzen des Banach-Tarski-Paradoxons bereits 1949 in Henry Kuttners Erzählung ”Die Zeitachse” beschrieben worden seien …
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