Ein paar Impressionen von der Tagung “Curvature and global shape” in Münster.
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Im Vortrag von Lee Kennard (Oklahoma) ging es darum, welche einfach zusammenhängenden, kompakten Mannigfaltigkeiten eine Metrik positiver Schnittkrümmung tragen. Die einzigen bekannten Beispiele sind die Sphären, die projektiven Räume über verschiedenen Körpern, sowie ein von Eschenburg und drei von Wallach gefundene Beispiele. Die einzigen bekannten Obstruktionen sind die für nichtnegative Schnittkrümmung, z.B. Gromovs Abschätzung der Betti-Zahlen. Kennard untersucht nun gemeinsam mit Burkhard Wilking (Münster) den Fall, dass man zusätzliche Symmetrien hat, nämlich eine isometrische Wirkung eines mindestens 5-dimensionalen Torus, und beweist dass dann als zusätzliche Obstruktion die Euler-Chrakteristik positiv sein muss.
Zur Methodik: sie betrachten totalgeodätische Untermannigfaltikgeiten (z.B. die Orbits der Toruswirkung) und beweisen dass deren Existenz 4-Periodizität in der Q-Kohomologie impliziert, was die Möglichkeiten für solche Mannigfaltigkeiten sehr einschränkt. Ein Satz von Smith aus den 20ern (den man heute mit den Borelschen Methoden der äquivarianten Kohomologie beweist) besagt dann, dass die Fixpunktmengen einer Kreiswirkung auf einer rationalen Homologiesphäre auch wieder rationale Homologiesphären sein müssen. Und schliesslich beweisen sie Starrheitsresultate für Darstellungen Td–>SO(n) ohne nicht-triviale endliche Isotropiegruppen, insbesondere: jede solche Darstellung hat höchstens d(d+1)/2 nicht-äquivalente irreduzible Unterdarstellungen, und für d>2 gibt es eine Untergruppe H so dass die Wirkung von T/H auf Fix(H) als Produkt von S1-Wirkungen spaltet.
Bei Anna Siffert (Bonn) ging es um eine alte Frage aus den 70ern: gibt es unter allen Metriken (normiert auf Flächeninhalt 1) auf einer geschlossenen Flächen eine glatte Metrik, die das Maximum des ersten Eigenwerts realisiert. (Es geht um die Eigenwerte des Laplace-Operators. Dieser hat stets einen Eigenwert 0 als nullten Eigenwert und mit dem ersten Eigenwert ist der nächstkleinste gemeint.) In gemeinsamer Arbeit mit Henrik Matthiesen (Bonn) beweist Siffert die Existenz einer solchen Metrik, die glatt mit endlich vielen konischen Singularitäten ist. (Das “Yes” auf der rechten Tafel bezieht sich auf die Frage nach der Optimalität. Da es extremale Metriken mit konischen Singularität gibt, ist die Antwort auf die rechts stehende Frage also “No”.)
Luigi Verdiani (Florenz) erklärte zunächst mit verschiedenen Beispielen die Geometrie von Kohomogenität-1-Mannigfaltigkeiten, also von Mannigfaltigkeiten mit einer Gruppenwirkung, bei der ein (und demzufolge fast alle) Orbiten Kodimension 1 haben, und diskutierte dann seine Arbeit mit Wolfgang Ziller (Pennsylvania) betreffs der Konstruktion von Metriken mit vorgegebener (gruppeninvarianter) Ricci-Krümmung auf solchen Mannigfaltigkeiten.
David Wraith (Maynooth) beweist, dass für alle k und hinreichend große n der Modulraum positiv Ricci-gekrümmter Metriken auf der Sn Elemente unendlicher Ordnung in seiner 4k-ten Homotopiegruppe hat. Ein entsprechendes Resultat für den Modulraum von Metriken positiver Skalarkrümmung war von Botwinnik-Hanke-Schick-Walsh bewiesen worden, die den Beweis darauf zurückführten, auf Sn-Bündeln über S4k Metriken positiver Skalarkrümmung zu konstruieren. Wraith zeigt, dass man auf diesen Bündeln sogar Metriken positiver Ricci-Krümmung finden kann.
Hans-Bert Rademacher (Leipzig) beschäftigt sich mit der Länge geschlossener Geodäten auf kompakten, einfach zusammenhängenden Mannigfaltigkeit M der Schnittkrümmung K≥1, mithin mit der Morse-Theorie des Energiefunktionals auf dem Schleifenraum. Für eine Homologieklasse des Schleifenraums definiert man cr(h) als den minimalen kritischen Wert, für den man diese Homologieklasse mittels Morsetheorie sehen kann, weiter definiert man crl als Maximum von cr(h) über alle Homologieklassen. Rademacher beweist nun dass aus crl=2π2 (mithin einer geschlossenen Geodäte der Länge 2π) bereits folgt, dass M isometrisch zur Sphäre ist. Für 4≥K≥1 war das 1983 von Ballmann-Thorbergsson-Ziller bewiesen worden.
Der Vortrag von Catherine Searle (Wichita) beschäftigte sich wie der von Lee Kennard mit Toruswirkungen auf nichtnegativ gekrümmten (einfach zusammenhängenden, geschlossenen) n-Mannigfaltigkeiten. Die “Maximal Symmetry Rank Conjecture” besagt, dass die Dimension eines effektiv wirkenden k-Torus höchstens k=[2n/3] ist und man die Fälle klassifizieren kann, in denen Gleichheit gilt. In gemeinsamer Arbeit mit Christine Escher (Oregon) beweist Searle diese Vermutung für fast-maximale Wirkungen (d.h. wenn die Dimension des kleinsten Orbits 2k-n+1 ist). Im Beweis benutzt werden Wiemelers Klassifikation der Torus-Mannigfaltigkeiten gerader Dimension und nichtnegativer Krümmung, sowie ein Resultat von Spindeler, welches impliziert dass unter den gegebenen Annahmen fast-maximale Wirkungen sogar maximal sind (die Dimension des kleinsten Orbits ist 2k-n). Mit diesen Voraussetzungen beweisen Escher und Searle dann, dass M äquivariant diffeomorph zu einem freien linearen Quotienten eines Produkts von Sphären ist.
Der Index einer Minimalfläche ist die Anzahl der Richtungen (im Normalenbündel der Minimalfläche), in denen das Volumen ein Maximum annimmt. (Also der Morse-Index des Volumenfunktionals.) Eine Vermutung von Marques-Neves-Schoen besagt, dass es für jede Mannigfaltigkeit positiver Ricci-Krümmung ein C gibt, so dass der Index jeder Minimalfläche größer als C mal die erste Bettizahl b1 der Minimalfläche ist. Die Vermutung wurde von Ambrozio-Carlotto-Sharp für kompakte symmetrische Räume vom Rang 1 bewiesen. Ricardo Mendes (Köln) sprach über seine gemeinsame Arbeit mit Marco Radeschi (Notre Dame), die verschiedene andere Spezialfälle und abgeschwächte Versionen der Vermutung beweist, u.a. die Ungleichung index+nullity > C b1 für beliebige kompakte symmetrische Räume.
Im Vortrag von Wolfgang Ziller (Pennsylvania) ging es um verschiedene Eigenschaften 2-dimensionaler Finsler-Mannigfaltigkeiten konstant positiver Krümmung. Katok hatte !n den 70er Jahren Beispiele solcher Metriken auf der 2-Sphäre konstruiert. Ziller in gemeinsamer Arbeit mit Bryant, Foulon, Ivanov, Matveev beweist nun, dass jede Finsler-Metrik konstanter Krümmung auf der 2-Sphäre einen geodätischen Fluss konjugiert zu einem der Katok-Beispiele hat und dass die geodätischen Flüsse zweier Metriken genau dann konjugiert sind, wenn die kürzesten geschlossenen Geodäten gleich lang sind.
Im Vortrag von Marco Radeschi (Notre Dame) ging es um Besse-Mannigfaltigkeiten, d.h., Mannigfaltigkeiten, deren Geodäten alle geschlossen sind. (Die haben als universelle Überlagerung stets eine Mannigfaltigkeit mit der Kohomologie eines kompakten Rang-1 symmetrischen Raumes, in ungeraden Dimensionen also einer topologischen Sphäre.) Durch die selbe Eigenschaft kann man auch Besse-Orbifaltigkieten definieren. Radeschi beweist nun aber mit Carsten Lange (Köln) und Manuel Amann (Karlsruhe), dass in ungeraden Dimensionen Besse-Orbifaltigkeiten mit trivialer Orbifaltigkeitsfundamentalgruppe Mannigfaltigkeiten und demzufolge topologische Sphären sein müssen. (In geraden Dimensionen gibt es dazu Gegenbeispiele, zum Beispiel gewichtete projektive Räume oder fast freie Wirkungen der 3-Sphäre auf höherdimensionalen Sphären)
Llohann Sperança (Sâo Paulo) bewies den an der Tafel stehenden Satz: auf einer kompakten Lie-Gruppe mit bi-invarianter Metrik erhält man alle totalgeodätischen Riemannschen Blätterungen auf die naheliegende Weise: durch Translation einer Untergruppe in alle Basispunkte.
Der Seelensatz von Cheeger-Gromoll besagt dass jede nichtnegativ gekrümmte Mannigfaltigkeit ein Vektorbündel über einer kompakten Mannigfaltigkeit ist. Man kann die Frage stellen, ob umgekehrt jedes Vektorbündel über einer positiv gekrümmten Mannigfaltigkeit eine nichtnegativ gekrümmte Metrik besitzt, zumindest nach Stabiliserung (Multiplikation mit einem trivialen Bündel). David González (Madrid) beantwortet diese Frage positiv für kompakte Rang-1 symmetrische Räume und gemeinsam mit Marcus Zibrowius (Wuppertal) für die verbleibenden positiv gekrümmten homogenen Räume. Die Idee ist, dass es solch eine Metrik auf einer Stabiliserung eines beliebigen Vektorbündels über G/H gibt, wenn die Abbildung vom Darstellungsring von H in die K-Theorie von G/H surjektiv ist. Das reduziert den Beweis auf Berechnungen in K-Theorie.
Im Vortrag von Christoph Böhm (Münster) ging es um die Krümmungseigenschaften homogener Räume, die topologisch ein Produkt eines kompakten homogenen Raumes mit einer homogenen Metrik auf einem Rm sind, insbesondere um den Ricci-Fluss auf diesen. In gemeinsamer Arbeit mit Ramiro Lafuente (Münster) zeigt er, dass für homogene Metriken auf dem Rm der Ricci-Fluss für alle Zeiten existiert und gegen ein expandierendes Ricci-Soliton subkonvergiert.
Frank Reidegeld (Dortmund) sprach über die Konstruktion von G2-Orbifaltigkeiten mit ADE-Singularitäten. Die Idee ist, endliche Gruppenwirkungen auf 7-dimensionalen Tori zu betrachten, welche die die G2-Struktur definierende 3-Form invariant lassen, und dann die Quotientenräume zu nehmen. Insbesondere erhält er auf diese Weise erstmals Orbifaltigkeiten mit D4-, D5– oder E6-Singularität.
Für metrische Maßräume gibt es die Krümmungs-Dimensions-Bedingung von Sturm und Lott-Villani, welche den Begriff unterer Riccikrümmungsschranken aus der Theorie Riemannscher Mannigfaltigkeiten verallgemeinert. Jaime Santos (Madrid) sprach über eine von Ambrosio-Gigli-Savaré erarbeitete Definition, die einige mit der anderen Definition existierende pathologische Beispiele ausschließt, z.B. Finslermannigfaltigkeiten, die nicht als Limiten von Mannigfaltigkieten positiver Riccikrümmung entstehen. In gemeinsamer Arbeit mit Luis Guijarro (Madrid) beweist er, dass die Isometriegruppe solcher Räume beschränkte Dimension hat. (einen anderen Beweis gibt Sosa.)
Brett Kotschwar (Arizona) sprach über gemeinsame Arbeit mit Lu Wang (Wisconsin) über SGRSs (shrinking gradient Ricci solitons), also Funktionen f auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit (M,g), die die Gleichung Ric(g)+∇∇f=g/2 erfüllen. Neben den elementaren Beispielen wie der Gaussverteilung auf dem euklidischen Raum oder konstanten Funktionen auf Einstein-Mannigfaltigkieten sind vor allem selbstähnliche Lösungen des Ricci-Flusses interessant. Man kennt die Klassifikation in Dimension 2 und 3. Eine Vermutung von Monteanu-Wahl beschreibt 4-dimensionale SGRSs als entweder mit asymptotisch konisch flachen Enden oder asymptotisch zu S2/GxR2 oder S3xR. Kotschwar und Wang beweisen nun dass ein SGRSs, die asymptotisch zu einem Kähler-Kegel sind, selbst Kähler-Kegel sein müssen.
Bekanntlich gibt es in einer glatten Fläche in fast allen Richtungen nicht-geschlossene Geodäten, und der geodätische Fluss erhält das Liouville-Maß. Das ist unklar für beliebige Flächen mit Singularitäten. Alexander Lytchak (Köln) sprach über seine gemeinsame Arbeit mit Vitali Kapovitch (Toronto) und Anton Petrunin (Pennsylvania), die den Satz von glatten Flächen jedenfalls auf Ränder konvexer Körper im R3 verallgemeinert.
Weitzenböck-Formeln haben die Form Δ=∇∇*+tK(R,ρ) für eine vom Krümmungsoperator R und einer Darstellung der O(n) abhängende Funktion K. Hitchin hatte beweisen dass der Krümmungsoperator nichtnegativ ist gdw. für alle Darstellungen K nichtnegativ ist,
Renate Bettiol (Pennsylvana) in gemeinsamer Arbeit mit Ricardo Mendes (Köln) beweist einen entsprechenden Satz für die Schnittkrümmung und die Darstellungen auf harmonischen homogenen Polynomen. Zum Ende des Vortrags präsentiert er einen Zugang, mit dem man möglicherweise auch algorithmisch die Existenz von Metriken nichtnegativer Schnittkrümmung entscheiden können wird. (Nichtnegative Schnittkrümmung ist äquivalent zu endlich vielen polynomiellen Ungleichungen auf R.) Der ist allerdings noch nicht effektiv, einige Wochen Rechnen auf einem Supercomputer brachten kein wirkliches Ergebnis bisher.
Diego Corro (Karlsruhe) konstruiert Metriken positiver Ricci-Krümmung auf einfach zusammenhängenden n-Mannigfaltigkeiten mit einer effektiven Wirkung des n-2-Torus, unter der die Metriken invariant sind. Das verallgemeinert einen entsprechenden Satz von Bazaikin-Matvienko für 4-Mannigfaltigkeiten, der wohl das erste solche Resultat in Kohomogenität 2 war nach verschiedenen bekannten Exitenzresultaten in Kohomogenität 0 und 1. Beispiele, auf die man das neue Resultat anwenden kann, sind diverse zusammenhängende Summen von Produkten von Sphären.
Bei Matthias Ludewig (Bonn) ging es um Operatoren L, die die Summe einer Potenz des Laplace-Operators mit Termne niedrigerer Ordnung sind. Die Greenfunktion L-1 hat eine asymptotische Entwicklung an der Diagonale, deren konstanter Term die lokale Zetafunktion ist (in ungeraden Dimensionen). Dies wird benutzt, um eine Masse des Operators zu definieren, für die dann eine lokale Transformatiosformel bewiesen wird. Es handelt sich also um eine lokale Invariante, die von der globalen Geometrie abhängt. Der Name “Masse” erklärt sich aus dem Zusammenhang zur ADM-Masse asymptotisch flacher Mannigfaltigkeiten (In Dimension 4 erhält man die Masse des Yamabe-Operators.)
Nina Lebedeva (Petersburg) betrachtete eine komplizierte Längenvergleichseigenschaft metrischer Räume gegenüber dem Rn, die sie als (k,l)-Dipoleigenschaft bezeichnet. Die (k,0)-Dipoleienschaft ist äquivalent zu nichtnegativer Krümmung.In gemeinsamer Arbeit mit Anton Petrunin (Pennsylvania) und Vladimir Zolotov (Köln) beweist Sie dass auch die (2,2)- oder (3,1)-Dipoleigenschaft zu nichtnegativer Krümmung äquivalent sind, dies aber für die (3,3)- oder (4,1)–Dipoleigenschaft nicht gilt. Die Motivation ist die Frage, wann sich Punktmengen isometrisch in einen nichtnegativ gekrümmten Raum einbetten lassen. Zum Beispiel gibt es ein Beispiel einer 6-Punkt-Menge, die keine solche Einbettung erlaubt, aber die (k,0)-Dipolbedingung erfüllt. Sie erfüllt aber nicht die (2,2)-Dipolbedingung. Die (k,l)-Bedingungen sind also stärker als nur die (k,0)-Bedingungen.
Im Vortrag von Christian Bär (Potsdam) ging es um den Dirac-Operator. Im ersten Teil um mit Werner Ballmann (Bonn) gefundene allgemeine Bedingungen, wann der Dirac-Operator auf einer nichtkompakten Mannigfaltigkeit ein Fredholm-Operator ist und man also seinen Index definieren kann. Das verallgemeinert die Arbeit von Atiyah-Patodi.Singer, die eine spezielle Randbedingung betrachtet hatten. Im zweiten Teil ging es um gemeinsame Arbeit mit Alexander Strohmaier (Leeds) und Sebastian Hannes (Potsdam) zum Diracoperator auf Lorentzmannigfaltigkeiten und wann die Bedingungen für die Fredholmeigenschaft dort erfüllt sind. (Für geschlossene Lorentzmannigfaltigkeiten ist der Diracoperator nie Fredholm. Es gibt also keine Lorentzsche Version des Atiyah-Singer-Indexsatzes, jedoch eine des Atiyah-Patodi-Singer-Theorems.)
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