In der folgenden Arbeit baute Fredholm das dann zu der nach ihm benannten Alternative aus: es gibt zu jedem g eine stetige Lösung φ, wenn die g=0 entsprechende homogene Gleichung außer 0 keine weiteren Lösungen hat (was in der Regel sehr viel einfacher zu beweisen ist). Andernfalls ist die Anzahl linear unabhängiger Lösungen der homogenen Gleichung gleich der Anzahl linear unabhängiger Lösungen der adjungierten Gleichung und die inhomogene Gleichung hat genau dann eine Lösung, wenn g orthogonal zum Kern des adjungierten Operators ist. In der Sprache der linearen Algebra ist der Kern des Operators isomorph zum Kokern des adjungierten Operators.

Sowohl für den Volterraschen Integraloperator als für den Fredholmschen Integraloperator kann man durch einfache Abschätzungen beweisen, dass der Kern verschwindet: aus T φ= -φ/λ für T\phi=\int k(x,y)\phi(y)dy folgt zunächst \vert \phi(y)\vert \le \lambda y\Vert k\Vert_\infty\Vert\phi\Vert_\infty und durch wiederholtes Einsetzen induktiv \vert\phi(y)\vert\le \frac{(\lambda y)n}{n!}\Vert k\Vert_\infty^n\Vert\phi\Vert^n_\infty . Wenn man n gegen unendlich gehen läßt, bekommt man φ =0. Die homogene Gleichung hat also keine nichttriviale Lösung und damit gibt es in diesem Fall nach der Fredholm-Alternative eine eindeutige Lösung der Integralgleichung für jedes g.
Aus seiner Determinantentheorie entwickelte Fredholm dann auch eine explizite Lösungsformel. Für das Dirichletproblem folgt, dass entweder 1/2 ein Eigenwert des Integraloperators ist oder es zu jedem f eine Lösung gibt. Weil man aber durch eine Anwendung der Greenschen Formel 1/2 als Eigenwert ausschließen kann, ist das Dirichlet-Problem stets lösbar.

Aufbauend auf Hilberts Begriff des kompakten Operators wurde Fredholms Theorie dann von Frigyes Riesz zu einer „allgemeinen Fredholm-Theorie“ kompakter Operatoren ausgebaut. Kompakte Operatoren sind Operatoren, die sich durch Operatoren mit endlichdimensonalem Bild approximieren lassen. Insbesondere trifft dies auf Integraloperatoren mit stetigem (oder auch nur quadratisch integrierbarem) Kern zu: die Norm des Integraloperators ist durch die L2-Norm von k beschränkt. Wenn k eine Treppenfunktion wäre, hätte der Operator endlich-dimensionales Bild. Weil k durch Treppenfunktionen approximiert werden kann, ist der Operator kompakt.

In der Sprache der linearen Algebra konnte 1916 Frigyes Riesz die Fredholm-Alternative einfacher formulieren: für den Operator A gilt ker(A)=0 <==> coker(A)=0. Oder, wenn man den Index eines Operators A als ind(A)=dim(ker(A))-dim(koker(A)) definiert (was natürlich nur Sinn macht, wenn beide Dimensionen endlich sind, also für heute so genannte Fredholm-Operatoren), besagt die Fredholm-Alternative ind(A)=0 für Fredholms Gleichungen. Integraloperatoren mit stetigem Kern sind kompakt, Fredholms Operatoren also kompakte Störungen der Identität: A=Id+K. Weil natürlich der Index der Identität Null ist, ist die Fredholm-Alternative aus Riesz’ Perspektive ein Spezialfall des allgemeinen Resultats, dass der Index homotopie-invariant und damit auch invariant unter kompakten Störungen ist: ind(A)=ind(Id+K)=ind(Id)=0.
Der Beweis der Homotopie-Invarianz ist eine Übung in linearer Algebra: wenn zu einem Zeitpunkt der Homotopie die Dimension des Kerns springt, dann springt die Dimension des Kokerns um denselben Betrag. Zu Fredholms Zeit war die Sprache der linearen Algebra aber noch nicht so verbreitet, so dass er diesen einfacheren Beweis nicht hatte finden können.

Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fredholm_2.jpeg

1 / 2

Kommentare (2)

  1. #1 rolak
    5. Dezember 2019

    Immer wieder erstaunlich, wie viele durchaus interessante Dinge in der Mathematik verborgen sind, die mangels täglichen Bedarfs noch nie als fehlend empfunden wurden. Und auch weiterhin unter ‘eigentlich nicht notwendig’ abgelegt bleiben werden – im Gegensatz zu ebenfalls direkt Unnötigem wie zB irgendwelchen wesentlichen Details des Citratzyklus’, die nach dem Durcharbeiten bei ‘prinzipiell notwendig, jedoch nicht für AktualZugriff’ landen, nurmehr das ‘da finden’, nicht das ‘so gehts’ relevant ist.

  2. […] Runge-Kutta-Verfahren Lebesgues Satz über dominierte Konvergenz Fortsetzbarkeit von L-Funktionen Die Fredholm-Alternative Der Wohlordnungssatz Schurs Lemma Der Spektralsatz für beschränkte Operatoren Der Satz von […]