Die Partitionsfunktion p(n) gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, die natürliche Zahl n in eine Summe natürlicher Zahlen zu zerlegen. Sie ist von Bedeutung in der Kombinatorik und in der Darstellungstheorie der symmetrischen Gruppe und der allgemeinen linearen Gruppe.
Für kleine n läßt sich p(n) leicht berechnen, zum Beispiel ist p(4)=5: die fünf Zerlegungen der 4 sind 4, 3+1, 2+2, 2+1+1, 1+1+1+1. Für größere n wächst die Funktion p(n) aber sehr schnell.
Srinivasa Ramanujan hatte in Indien höhere Mathematik aus veralteten, für die Vorbereitung auf Aufnahmeprüfungen gedachten, englischen Lehrbüchern gelernt. Als Autodidakt befaßte er sich beispielsweise mit Kettenbrüchen, unendlichen (auch divergenten) Reihen und elliptischen Integralen. Komplexe Funktionentheorie wie etwa den Cauchyschen Integralsatz kannte er nicht, wußte aber seltsamerweise alles über elliptische Funktionen. Für die Anzahl der Primzahlen kleiner n hatte er eine falsche Approximationsformel hergeleitet – sozusagen die Formel, die man bekäme, wenn die Riemannsche Zetafunktion keine Nullstellen hätte. Für seine Gleichungen hatte er keine Beweise im Sinne der seit dem 19. Jahrhundert in Europa etablierten Analysis, seine Begabung war auf Formeln und Berechnungen ausgerichtet. Beispielsweise fand er eine ungewöhnlich schöne Formel für die Werte der Partitionsfunktion: .
Auf Einladung G. H. Hardys kam er 1914 nach Cambridge. Hardy hatte die damals in Kontinentaleuropa bereits etablierte Begriffswelt der Analysis aus Jordans „Course d’Analyse“ gelernt, als Professor in Cambridge dann durch ein von ihm verfaßtes Analysis-Lehrbuch die universitäre Ausbildung in England vom Vermitteln von Rechenvorschriften zu formalen Beweisen verschoben.
Noch in Indien hatte Ramanujan eine Thetareihe als erste Näherung für p(n) vermutet. Diese Approximation ließ sich ohne größere Schwierigkeiten beweisen, sie war aber bei weitem nicht eine so gute Näherung, wie er gedacht hatte. Mit Hardy bewies er zunächst einen Tauberschen Satz, aus dem sie die Näherungsformel erhielten. Bald danach konnten sie dies mittels einer komplexen Integration zu
verbessern.
Tatsächlich bekamen sie mit ihrer Integralrechnung noch viel mehr: eine Reihe, von der bereits endlich viele Summanden nach Aufrunden auf die nächste ganze Zahl das korrekte Ergebnis liefern. Diese Reihe ist , wobei Aq(n) die über alle zu q teilerfremden Zahlen p kleiner q gebildete Summe
(mit einer gewissen 24-ten Einheitswurzel ωp,q) ist, ν die Ordnung von
, und
.
Für p(200) kann man ν=5 wählen. Es reichen 5 Summanden, um den korrekten Wert von p(200) zu bestimmen.
Der erste Summand war Ramanujans Vermutung, die er aus Indien mitgebracht hatte (mit n statt n-1/24, was in diesem Fall aber keinen Unterschied macht). Ramanujan hatte immer darauf bestanden, dass es eine Formel mit Fehler O(1) geben müsse. Mit numerischen Berechnungen fand er die erstaunliche Korrektheit für p(100) und p(200). Dann machte er ν eine Funktion von n. Laut Littlewood war das ein sehr großer Schritt, den Ramanujan alleine nicht hätte finden können, weil er neue und tiefe Methoden der Funktionentheorie benötigte. So entstand die vollständige Formel, wobei der geniale Beitrag von Ramanujan laut Littlewood war, die präzise Formel für ψq(n) zu erraten, insbesondere auch n durch n-1/24 zu ersetzen.
Der Beweis der Approximation benutzt einen klassischen, schon auf Euler zurückgehenden Ansatz. Man kann die p(n) als Koeffizienten einer Potenzreihe auffassen, die im Inneren des Einheitskreises die Funktion darstellt. Aus dem Cauchyschen Integralsatz folgt dann
, solange man über eine Kurve innerhalb des Konvergenzkreises konvergiert.
Natürlich ist f in allen rationalen Punkten exp(2πip/q) des Einheitskreises divergent. Man kann also nicht einfach über den Einheitskreis integrieren, sondern muß für den Integrationsweg kleine Bögen um die Singularitäten herum wählen. Dort ist f sehr groß, diese Bögen sollten also den Hauptbeitrag für das Integral liefern.
Der Ansatz, den Integrationsweg in „major arcs“ und „minor arcs“ zu zerlegen, wobei die „major arcs“ die Singularitäten umlaufen und deshalb den Hauptbeitrag zum zu berechnenden Integral liefern, wurde in den nächsten Jahren in allgemeinerem Zusammenhang von Hardy und Littlewood entwickelt. Er ist heute unter dem Namen „Kreismethode“ bekannt und ist ein wichtiger Ansatz in der additiven Zahlentheorie. Damals wurde er etwa bei der Lösung des Waringschen Problems oder für Teilresultate zur Goldbachvermutung verwendet. Die Idee ist, auf den kurzen, aber den Hauptbeitrag zum Integral liefernden, „major arcs“ das Integral exakt zu berechnen, und auf den „minor arcs“ zumindest noch Abschätzungen beweisen zu können.
In der Arbeit von Hardy und Ramanujan waren noch speziellere Eigenschaften der Funktion f beim Beweis nützlich gewesen. Die Funktion f hängt über die Formel eng mit dem Inversen der Dedekindschen Eta-Funktion η(q) zusammen, die nach der Substitution q=exp(2πiz) eine Modulform vom Gewicht 1/2 ist. Damit hatten Hardy und Ramanujan „eine äußerst leistungsfähige analytische Waffe, um das Verhalten von f(x) in der Nähe eines beliebigen zugewiesenen Punkts des Einheitskreises untersuchen zu können“.
Zwanzig Jahre später fand Rademacher den besten Integrationsweg - die mit Hilfe hyperbolischer Geometrie definierten Ford-Kreise - und erhielt eine exakte Formel. Mit diesem Ansatz konnte er auch die Fourier-Koeffizienten anderer Modulformen bestimmen.
Hardy und Ramanujan hatten ihre Formel numerisch testen lassen. Der Kombinatoriker MacMahon galt als Experte in abzählender Kombinatorik, der sogar Ramanujan im Kopfrechnen überlegen war. Auf Bitte Hardys berechnete er in wochenlanger Arbeit p(100)=190569292 und sogar p(200)=3972999029388.
Die von MacMahon berechneten Werte dienten nicht nur der Bestätigung der Approximationsformel, sondern auch neuen Entdeckungen. Ramanujan sah sich die von MacMahon berechnete Tabelle der Werte von p(n) an und beobachtete eine ganze Reihe scheinbar stets erfüllter Kongruenzen wie .
Er vermutete daraufhin, dass aus mit
stets
folge.
In einer 1919 in den Proceedings of the Cambridge Philosophical Society veröffentlichten Arbeit bewies er die ersten beiden der behaupteten Identitäten, also und
. Sein Beweis benutzte Eigenschaften gewisser Modulformen, der Eisenstein-Reihen.
Ebenfalls 1919 veröffentlichte Ramanujan mit Rogers einen Beweis zweier Identitäten, die er bereits vor 1913 vermutet hatte und deren kombinatorische Interpretation als Anzahlen gewisser Partitionen MacMahon sofort erkannt hatte:
– die Anzahl der Partition von n, bei denen sich benachbarte Summanden der Partition um mindestens 2 unterscheiden, ist gleich der Anzahl der Partitionen, bei denen jeder Summand gleich 1 oder 4 mod 5 ist,
– die Anzahl der Partitionen n, bei denen sich benachbarte Summanden der Partition um mindestens 2 unterscheiden und bei der der kleinste Summand größer oder gleich 2 ist, ist gleich der Anzahl der Partitionen, deren Summanden gleich 2 oder 3 mod 5 sind.
Erst durch eine ihm zufällig aufgefallene, bisher weniger beachtete Arbeit von Rogers war Ramanujan auf einen Ansatz zum Beweis dieser Rogers-Ramanujan-Identitäten gestoßen. Es zeigte sich später, dass Issai Schur diese Identitäten bereits 1917 bewiesen hatte, was kriegsbedingt nicht bis England bekanntgeworden war.
Die Art, wie Ramanujan arbeitete, blieb ein Rätsel. Er behauptete, seine Ideen im Traum von seiner Familiengöttin zu erhalten.
Das Wetter und die ungewohnte Ernährung in England verursachten wiederkehrende gesundheitliche Probleme. Er kehrte 1919 nach Indien zurück, wo er ein Jahr später an Tuberkulose verstarb.
Nach seinem Tod veröffentlichte Hardy unter Ramanujans Namen noch einige nachgelassene Manuskripte. In einer 1921 in Mathematische Zeitschrift erschienenen Arbeit wird bewiesen.
Ramanujan hatte in seinen Arbeiten zwar Modulformen verwendet, aber eigentlich nur als Potenzreihen ohne ihre Symmetrien auszunutzen. Mit der Theorie der Modulformen bewiesen andere Mathematiker in den folgenden Jahrzehnten weitere Kongruenzen modulo größerer Primzahlen.
Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Srinivasa_Ramanujan_-_OPC_-_1.jpg
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