Die Vermutung besagt, dass für die L-Reihe einer elliptischen Kurve – welche eine damals bereits etablierte Art ist, die ap in einer einzigen Funktion zu kodieren – mit der Heckeschen L-Reihe einer geeigneten Modulform übereinstimmt. (Genauer: einer geeigneten Spitzenform vom Gewicht 2 mit ganzzahligen Fourier-Koeffizienten.) Man kann sie auch komplex-analytisch formulieren: für jede elliptische Kurve E mit Führer N gibt es eine nichtkonstante holomorphe Abbildung X0(N)—>E. Dabei ist X0(N) die Kompaktifizierung (durch Hinzufügen der Spitzen) von Y0(N)=Γ0(N)\H2, dem Quotienten der hyperbolischen Ebene nach der Hecke-Kongruenzgruppe Γ0(N) (der Untergruppe von SL(2,Z) bestehend aus Matrizen mit durch N teilbarem Eintrag unten links).
Die umgekehrte Richtung, also jeder Spitzenform vom Gewicht 2 mit ganzzahligen Fourier-Koeffizienten eine elliptische Kurve zuzuordnen, war von Eichler und allgemein von Shimura gelöst worden. Man betrachtet die Kurve Y0(N)=Γ0(N)\H2, deren holomorphe 1-Formen über die Entsprechung f(z)dz <—> f gerade den Spitzenformen vom Gewicht 2 entsprechen. Die Jacobi-Varietät von Y0(N) ist definiert als der Quotient des Raums der holomorphen 1-Formen modulo dem Periodengitter, ihr Tangentialraum kann also mit dem Raum der holomorphen 1-Formen oder eben dem Raum der Spitzenformen vom Gewicht 2 identifiziert werden. Die Wirkung der Hecke-Operatoren auf den Spitzenformen läßt sich zu einer Wirkung auf der Jacobi-Varietät heben. Die Jacobi-Varietät ist eine abelsche Varietät, auf der also Multiplikation mit ganzen Zahlen definiert ist. Die gegebene Spitzenform ist Eigenform der Hecke-Operatoren und hat als (nach Annahme ganzzahlige) Fourier-Koeffizienten an die Eigenwerte der Hecke-Operatoren Tn. Die Untervarietät der Jacobi-Varietät, die im Kern aller Tp-ap.Id liegt, ist eine elliptische Kurve mit der richtigen L-Reihe.
Ein von Shimura als Anwendung von Eichlers Spurformel bewiesenes Resultat – die Eichler-Shimura-Kongruenzrelation – besagt, dass die den Hecke-Operator Tp definierende Kongruenz modulo p als Summe des Frobenius-Operators und seines Transponierten auf Jac(X0(N)) ausgedrückt werden kann. Damit kann die lokale L-Funktion von X0(N) in p über die Eigenwerte des Hecke-Operators ausgedrückt werden und damit bekommt man die Hasse-Weil-Zetafunktion von X0(N) als Produkt von L-Funktionen zu explizit bestimmten Modulformen vom Gewicht 2. (Das wurde später einer der Ausgangspunkte des Langlands-Programms, wo man den Zusammenhang von arithmetischen und analytischen L-Funktionen auf höherdimensionale Analoga von Modulkurven verallgemeinern will.)
SL(2,C) hat zu jedem k eine (k+1)-dimensionale Darstellung Vk auf dem Raum der homogenen Polynome vom Grad k in zwei Variablen X und Y. Einer Modulform f und zwei Matrizen g,h aus SL(2,C) kann man (für einen fest gewählten Punkt z0 aus der hyperbolischen Ebene) ein Element aus Vk-2 durch die Formel zuordnen. Bei festem f definiert das einen 1-Kozykel in der Darstellung Vk-2 von SL(2,C) oder einer Untergruppe. Für Untergruppen Γ von endlichem Index in SL(2,Z) bewies Shimura, dass die Abbildung
einen (nicht von z0 abhängenden) Isomorphismus
induziert. Für komplexe Koeffizienten hatte das zuvor Eichler bewiesen, aber der interessantere Eichler-Shimura-Isomorphismus mit reellen Koeffizienten folgt daraus noch nicht.
Zwar konnte man die Dimension des Raums der Modulformen oder Spitzenformen zuvor bereits mit dem Satz von Riemann-Roch berechnen, aber mit dem Eichler-Shimura-Isomorphismus hatte man – da sich die Gruppenhomologie von Γ0(N) als Homologie der Modulkurve Y0(N) mit Koeffizienten in einem Bündel berechnen läßt – eine geometrische Beschreibung von Modulformen, die sich auf Isometriegruppen anderer symmetrischer Räume verallgemeinern läßt.
Die Theorie der Modulformen ließ sich nun also interpretieren als Studium der Gruppenhomologie der Modulkurve oder ihrer Überlagerungen mit Koeffizienten in gewissen Darstellungen. Das gab einen Ansatz zur Verallgemeinerung von Modulformen, indem man die Kohomologie anderer arithmetischer Gruppen untersucht. In der Folge entwickelte Shimura die Theorie der später nach ihm benannten Shimura-Varietäten, gewisser Varietäten der Form Γ\X für ein symmetrisches Gebiet X und eine Kongruenzuntergruppe Γ, deren Kohomologie automorphe Formen liefert.
Bild: https://www.bookofproofs.org/history/goro-shimura/
Kommentare (3)